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IV. Das Vertrauen der Bevölkerung in eine sachlich und neutral entscheidende Verwaltung als primäres Rechtsgut des § 331 StGB

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Das Rechtsgut, das durch § 331 StGB geschützt wird, ist das Vertrauen der Bevölkerung in eine sachlich und neutral entscheidende Verwaltung.[17]

Das Vertrauen der Bevölkerung in eine sachlich und neutral entscheidende Verwaltung stellt einen Wert dar, der in einem Rechtsstaat nicht unterschätzt werden darf.[18] Wird nach außen hin deutlich, dass ein Amtsträger einen Vorteil von jemandem erhalten hat und kommt dann noch das Wissen hinzu, dass ein Zusammenhang zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung des Amtsträgers besteht, so drängt sich nach außen hin der Eindruck auf, dass die Diensthandlung aufgrund der Vorteilsgabe vorgenommen worden ist.

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Wird der Vorteil „nur“ gewährt, um den Amtsträger anzufüttern oder gütlich zu stimmen, so gilt im Ergebnis ebenfalls nichts anderes. Nach außen hin wird durch diesen Vorgang deutlich gemacht, dass es eine wenn auch lose Verknüpfung zwischen der Gabe bzw. Annahme eines Vorteils und der Dienstausübung gibt. Auch wenn der Amtsträger keine konkrete Diensthandlung zugunsten des Vorteilsgebers vorgenommen hat und sich hierzu auch (noch) nicht bereit gezeigt hat, so wird doch nach außen hin das Signal ausgesendet, dass der Vorteilsgeber versucht, den Amtsträger auf „seine Seite“ zu ziehen, wobei der Zweck relativ eindeutig ist, nämlich hiervon einmal zu profitieren (falls er es nicht schon getan hat). Des Weiteren zeigt der Amtsträger durch die Annahme solcher Zuwendungen, dass er eine besondere, eine bessere und über die normale, neutrale, zwischen Amtsträger und Bürger bestehende Beziehung hinausgehende Verbindung aufbaut und sich deshalb in Zukunft (vielleicht auch schon in der Vergangenheit) einmal „dankbar“ zeigen wird. Dass zu diesem Zeitpunkt eine bestimmte, geschweige denn eine rechtswidrige Handlung des Amtsträgers noch gar nicht vorgenommen wurde bzw. angedacht ist, spielt keine Rolle. Nach außen hin wird deutlich, dass zwischen Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer eine Verknüpfung entsteht, die über das Normalmaß hinausgeht. Der Bürger kann nicht mehr einschätzen, ob der Amtsträger gegenüber diesem Vorteilsgeber noch sachlich entscheiden kann, oder ob er sich von den Vorteilen beeinflussen lässt. Das Ansehen des Staatsapparates wird hierdurch letztendlich erschüttert, die Allgemeinheit verliert das Vertrauen in die Sachlichkeit der Entscheidungen der für den Staat handelnden Amtsträger.[19] In der Konsequenz kann dies sogar so weit gehen, dass der Bürger die Entscheidungen der Verwaltung nicht mehr akzeptiert.[20]

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Deshalb ist dem BGH zuzustimmen, wenn er zum Rechtsgut ausführt: „Die Makellosigkeit des Amtes nach außen soll gesichert werden; mit der Ehrenhaftigkeit und vor allem Unbestechlichkeit der Beamten soll die Grundlage für das Vertrauen der Bevölkerung erhalten werden, dessen die Staatsverwaltung für eine gedeihliche Wirksamkeit bedarf. […] Das Vertrauen der Öffentlichkeit wird schon erschüttert, wenn auch nur der Anschein der Käuflichkeit […] erzeugt wird.“[21] Zwar geht die Rechtsprechung teilweise auch noch von der Auffassung aus, dass die „Reinheit der Amtsführung“ Schutzzweck des § 331 StGB ist,[22] jedoch haben sich die Akzente[23] eindeutig hin zu einer sich auf die Außenwirkung der Vorteilsannahme konzentrierenden Auffassung verschoben.[24] So wird in einer Entscheidung des BGH auch nicht mehr die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes, sondern das Vertrauen in die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes als Schutzgut genannt.[25]

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Das Vertrauen der Allgemeinheit in eine sachlich und neutral entscheidende Verwaltung ermöglicht es auch zu erklären, warum nachträglich angenommene Vorteile von § 331 StGB erfasst werden. Auch hier begründet sich beim Bürger der Verdacht, dass die Entscheidung des Amtsträgers nicht nur aus rein sachlichen Erwägungen so ausgefallen ist, sondern der Amtsträger eine Belohnung für seine Dienstausübung bekommen hat und dies vorher sehr wahrscheinlich bereits so zwischen Vorteilsnehmer und Vorteilsgeber vereinbart war. Ob die Diensthandlung rechtmäßig war oder nicht, ist für diese Bewertung gleichgültig; es reicht schließlich der Anschein der Käuflichkeit von Diensthandlungen aus.[26] Damit lässt sich festhalten, dass die Tatsache, dass der Amtsträger rechtmäßig handelt, ihm zwar im Vergleich zu § 332 StGB strafmildernd zugutekommt, jedoch grundsätzlich nicht eine Strafbarkeit entbehrlich macht, da das Vertrauen des Bürgers in eine sachlich entscheidende Verwaltung auch bei einer Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme für (den Bürger meistens sowie nicht erkennbaren) rechtmäßige Diensthandlungen erheblich erschüttert wird.[27]

Falsch wäre es, die Strafbedürftigkeit damit zu begründen, dass ein Amtsträger, der einmal einen Vorteil für eine rechtmäßige Diensthandlung angenommen hat, das nächste Mal wohl auch einen Vorteil für eine rechtswidrige Diensthandlung annehmen würde.[28] Dass ein solcher Verdacht gegen den Amtsträger auftritt, ist sogar erst einmal verständlich.[29] Dennoch ist es letztendlich aber reine Spekulation, die keinen Eingang in den Tatbestand gefunden hat und nicht herangezogen werden darf, um eine Strafbarkeit zu begründen.[30] Der Amtsträger würde ansonsten strafrechtlich für etwas geradestehen müssen, dass er schlichtweg noch gar nicht getan, ja nicht einmal versucht hat. Die Strafbarkeit würde mit Konjunktiven begründet, wobei nicht einmal die Gesinnung, sondern die gemutmaßte Gesinnung des Täters der Grund hierfür wäre. Dies aber ist in einem Rechtsstaat kein akzeptables Fundament für die Begründung einer Strafbarkeit.

Teil 2 Bestandsaufnahme – Der Tatbestand der VorteilsannahmeB › V. Kritik am Rechtsgut „Vertrauen der Bevölkerung in eine sachlich und neutral entscheidende Verwaltung“ – das „Vertrauen in etwas“ als kein vom Strafrecht zu schützendes Rechtsgut

Die straflose Vorteilsnahme

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