Читать книгу #FOR99DAYS - Tommy Warzecha - Страница 36
ОглавлениеLESBISCH, LESBISCH UND EIN BISSCHEN SCHWUL
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Ja, es geht: Den CSD nüchtern zu ertragen mit keinem Tropfen Alkohol. Vom Kopf her war mir dabei etwas ulkig, denn es tummeln sich nicht nur urige Gestalten, sondern auch Menschenmassen rundherum um dem Jakobsplatz in Nürnberg, wenn die Schwulen und Lesben Ihre Roben zur Schau tragen und öffentlich schwul sein können, dürfen, möchten und sollen. Alle Jahre wieder am ersten Augustwochenende standen wir auch diesmal im etwas kleineren Kreise nahe des Bahnhofs und warteten bis der Umzug vorbeizog mit skurrilen Leuten und lauter Musik. Die Parade an sich dauerte 13 Minuten und 23 Sekunden – ich habe Sie auf Video gebannt und dafür recht sparsam mit nur 57 Bildern den Christopher Street Day verewigt. Diesmal sind es nicht, wie in den Jahren zuvor hunderte von Bildern, sondern nur wenige – die noch nicht mal perfekt ausgerichtet; sondern eher wahllos den Auslöser betätigt. Vielleicht war ich ja zu sehr abgelenkt von den sich durch die Menge quetschenden Leuten auf der Suche nach Schatten oder Trinken bei den hitzigen Temperaturen, dass ich nicht wirklich in der Stimmung war viele Bilder zu machen; außerdem fehlt ja immer ein Bild von mir :-) Und ich als Narziss möchte mich ja auch bei dem bunten Partyvolk erblicken. Sporadisch wäre das richtige Wort meines Outfits heute, was nicht aus Glitzerfummel oder kleinem Schwarzen bestand sondern sehr legere [fast schon untypisch für mich so aus dem Haus zu gehen] zumal ich mir ja vorgenommen hatte! dass ich meine enge Latzhose anziehe – doch da ich darin wahrscheinlich erstickt oder im Schwitz ertrunken wäre, hab ich mich doch für etwas Lockeres entschieden: weißes Unterhemd, Jeansshort und Turnschuhe – fertig war der Lack. Habe mich echt wohl darin gefühlt und es saß nicht schwuchtelig oder hauteng. Immerhin habe ich ja auch ein paar Speckrollen zu verstecken, die ich aber geschickt kaschiere. Davon hätten sich allerdings mindestens 80% eine Scheibe von abschneiden können! denn da hat so gut wie nichts zusammengepasst. Soviel Modesünden wie ich heute daher trappen sehen habe sorgt dafür, dass ich jetzt noch exzentrischer meinen Kleidungsstil bestimme. Das ist sicher: somit sollte ich morgens bereits um Fünf Uhr aufstehen, da die Auswahl vor dem Kleiderschrank sicher um locker 25 Minuten plus mehr eingeplant werden muss… Das war Augenkrebs pur – aber das Schönste an solchen kunterbunten Veranstaltungen ist es, wenn man darüber lästern kann, was andere anhaben [oder besser nicht angezogen hätten] oder wie sie sich geben. Das Getümmel gut überstanden mit Wasser und Cola, vielen Lachern und netter Unterhaltung wird sich jetzt aufs Sofa gepflanzt. Und ganz sicher auch im nächsten Jahr wird mitgefeiert, dann aber sicher mit ein paar Gläsern zum Anstoßen, denn ganz nüchtern war es sehr grenzwertig. Lustig ist auch immer das provokant wollende Bühnenprogramm, sofern man es registriert oder mitbekommt. Eine furchtbar schlecht gecoverte Einlage von einem Coldplay-Song, der miserabel und typisch schwul nachgesungen wurde sorgte mächtig für Gesprächsstoff bei uns in der Runde und für grandioses Weghören und lauthals Lacher. Wenn es danach geht, dann singe ich nächstes Jahr mit meinem Dior Kleidchen und meiner schrillen Stimme auch etwas tolles. Vielleicht “Atemlos” den von überall aus jeder Ecke ertönenden Song von der blonden (ich weiß ihren unbedeutenden Namen nicht mal) doch jetzt: die Fischer Helene auf die die Schwulen ja alle so abfahren [meine Wenigkeit ausgenommen; zu lalalavolksmusikmässig, zu Mainstream - einfach nicht mein Ding] aber mir muss ja auch nicht alles gefallen. Als die Parade vorbei war, haben wir noch ein wenig von dem Bardentreffen mitbekommen; unweit und nur maximal zwanzig Schritte gezählt vom bunten Treiben spielte ein Trio mit Gitarre & Geige weiche, aber betörende Töne – sehr schön. Allerdings muss man für das auch Muse haben und die waren ja jenseits von Ästhetik und Ruhe. Lesbisch, lesbisch und beim bisschen schwul war der allgemeine Look beim Straßenfest. Die Damen [alle mit gleichem Haarschnitt - ist das wohl ein Trend?] und fast identischen Klamotten hatten die Oberhand auf dem Platz, es gab auch ein paar hübsche Mannsbilder zu entdecken, aber die sind auch nur vorbeigeflogen und hatten wohl wirres im Kopf – oder Blut. Außerdem habe ich ja meinen Schatz dabei gehabt und wenn ich so in die Menschenmasse Blicke bin ich echt stolz darauf einen so gut aussehenden und sexy Mann mein nennen zu dürfen; das macht ich echt glücklich und stolz. Da können noch so hübsche, mit definierte Bauchmuskeln oder hübsche Fressen stehen -keine Chance.