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I.Die in schwarz-grüner Regierungsverantwortung (2013–2020) vorgenommenen Neuerungen, ins­be­sondere seit dem Erscheinen der Vorauflage im Frühjahr 2019

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In der aktuellen Legislaturperiode, die am 18. Januar 2019 begann, hat die zweite Regierung Bouffier/Al Wazir ungeachtet ihrer nur noch knappen Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag die Kommunalverfassung schon fünfmal geändert.

1. Nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2019 und vom 15. April 2019 zur Verfassungswidrigkeit des Wahlrechtsausschlusses von vollbetreuten Menschen musste (auch) Hessen sein Landes- und Kommunalwahlrecht ändern. Mit dem Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes und anderer Vorschriften vom 30. Oktober 2019 (GVBl. S. 310) wurden u. a. HGO, HKO, KWG und KWO zur Ermöglichung des sog. inklusiven Wahlrechts novelliert. In der vorherigen Wahlperiode hatte der Landtag noch mehrheitlich einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke (LT-Drs. 19/5271) abgelehnt.

2. Nachdem in Hessen im Februar 2020 noch die „Fassenacht“ gefeiert wurde und der kurz darauf positiv getestete CDU-Partei­vorsitzen­den­kandi­dat F. Merz noch am 11. März 2020 bei einer Parteiveranstaltung in Frankenberg vor 700 Besuchern auftrat, reagierte die Landespolitik ab Mitte März auf die Corona-Gefahr. Am 24. März beschloss der Landtag das Gesetz zur Sicherung der kommunalen Entscheidungsfähigkeit und zur Verschiebung der Bürgermeisterwahlen (GVBl. S. 201). Der nur ein Tag zuvor von den Koalitionsfraktionen zusammen mit SPD und FDP eingebrachte Gesetzentwurf (LT-Drs. 20/2591) wurde ohne Anhörung und nach nur einem einzigen Redebeitrag angenommen. Mit Änderungen von HGO, HKO und KWG wurde ein bis zum 31. März 2021 befristetes Eilentscheidungsrecht anstelle des Kommunalparlaments eingeführt. Dringende Angelegenheiten, die keinen Aufschub duldeten, konnten dadurch einem zahlenmäßig deutlich kleineren Ausschuss überantwortet werden. Die von April bis Oktober 2020 anstehenden Bürgermeisterwahlen und Bürgerentscheide wurden kraft Gesetzes verschoben. Die Aufrechterhaltung dieser Termine bei Beschränkung auf Briefwahl nach dem Beispiel des Nachbarlandes Bayern bei den landesweiten Stichwahlen am 29. März 2020 kam für den Hess. Landtag nicht in Betracht. Obwohl das Gesetz Gemeinden, die bereits Wahlscheine (für die Briefwahl) ausgegeben hatten, nicht erfasste und die Gesetzesinitiatoren ­dafür verfassungsrechtliche Gründe anführten, sagte die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Lauterbach die für den 26. April 2021 angesetzte Bürgermeisterwahl ab, während am gleichen Tag die Direktwahl in Münster (Hessen) – als reine Briefwahl – stattfand. Corona stellte die „geordnete Verwaltung“ also vor bisher nicht gekannte Herausforderungen, die allerdings verblassen im Vergleich zu den Anforderungen der wirtschaftlichen Folgenbewältigung. Nirgends wurde das so deutlich wie in Hessen in Anbetracht des Freitods des angesehenen Finanzministers Dr. Thomas Schäfer am 28. März 2020. Schäfer, der inoffiziell als einziger in Frage kommender Nachfolger für den Posten des Regierungschefs gehandelt wurde und der sich wie kein anderer um die hessischen Kommunen und ihre Finanzen verdient gemacht hat, wurde nach den Worten von Ministerpräsident Bouffier von den Sorgen um die wirtschaftliche Bewältigung der ­Corona-Krise gleichsam erdrückt.

3. Sehr viel intensiver wurde im Hess. Landtag der Gesetzentwurf vom 3. Dezember 2019 (LT-Drs. 20/1644) beraten, mit dem die Koalitionsfraktionen ihre Koalitionsvereinbarung vom 23. Dezember 2018 im kommunalrechtlichen Bereich umsetzten. Hier dauerte es fast fünf Monate bis zur Verkündung des Gesetzes zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften vom 7. Mai 2020 (GVBl. S. 318). Das Gesetzgebungsverfahren wurde dominiert von der heftigen und teilweise kaum erträglichen Kritik der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen e.V. (AGAH), die sich mit dem Verlust der Monopolstellung des Ausländerbeirats als einzigem integrationspolitischen Beteiligungsmodell nicht abfinden mochte. Dass die anderen drei Bundesländer (Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen), die in den neunziger Jahren diesen Beirat verpflichtend eingeführt hatten, in Anbetracht des schwindenden Interesses allesamt schon viel früher Reformen eingeleitet hatten, wurde ausgeblendet. Die besonders angegriffenen Grünen in Hessen hatten bereits in ihrem Integrationskonzept vom Juni 2011 festgehalten: „Nicht ohne Grund ist die Beteiligung an Wahlen zu den Ausländerbeiräten gering. Wir wollen daher in der hessischen Gemeindeordnung und der Landkreisordnung die Möglichkeit schaffen, die Ausländerbeiräte durch Integrationsausschüsse des jeweiligen Kommunalparlaments zu ersetzen. … So kann das Nebeneinander – hier der Ausländerbeirat, dort das kommunale Parlament – überwunden werden und den Integrationsausschüssen echte Entscheidungskompetenz inklusive Antragsrecht an das kommunale Parlament übertragen werden.“ Auch gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung hat wohl noch nie in der Geschichte Hessens ein Verein, dessen Mitglieder noch dazu ausschließlich Gemeinden und Landkreise sind, derart misstrauisch und argwöhnisch „Stimmung gemacht“ („Ausländerbeiräte werden de facto abgeschafft“).

Bei all dem Getöse um die Novelle der Ausländerbeiräte blieben die übrigen – teilweise durchaus bedeutenden – Änderungen in dem Gesetzespaket fast unbemerkt. Im Hinblick auf die (nächsten) Kommunalwahlen sind besonders die Ausdehnung des aktiven und passiven Wahlrechts durch Verkürzung der Mindestwohnsitzdauer und die Konkretisierung der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat bei kommunalen Arbeitnehmern zu erwähnen. Die Gesetzesnovelle wurde ergänzt durch die nachfolgende Siebte Verordnung zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften vom 25. Mai 2020 (GVBl. S. 367). Kein Gegenstand der Debatte war die Absenkung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht in Hessen, obwohl die Jugendlichen sich in der Diskussion über die Klimarettung besonders engagiert und in der Corona-Krise durchaus als verantwortungsbewusst gezeigt haben (vgl. LT-Drs. 20/3412 v. 5.10.2020). Anders als die Freien Wähler in Bayern haben die Grünen in Hessen, nachdem sie diesen Punkt aus ihrem Landtagswahlprogramm 2018 nicht in die Koalitionsvereinbarung mit der CDU einspeisen konnten, darauf verzichtet, eine neue Diskussion über das Jugendlichen-Wahlrecht zu entfachen. Nicht aufgenommen in die HGO-Novelle – obwohl im Koalitionsvertrag verankert – haben CDU und Grüne auch die Hochzonung der Finanzaufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden vom Landrat auf den Regierungspräsidenten. Dass sich die beiden Koalitionspartner gleich zweimal hintereinander – 2013 und 2018 – auf dieses Vorhaben einigten, dies im Landtag auch begründeten (vgl. LT-Drs. 20/533 S. 2), um dann aber bei der nachfolgenden Kommunalverfassungs-Novelle jeweils davon wieder Abstand zu nehmen, ist wohl eine einmalige Merkwürdigkeit.

4. Mit dem Änderungsgesetz vom 4. September 2020 (GVBl. S. 573) wurde § 53 HKO redaktionell überarbeitet.

5. Als die zweite Corona-Welle anrollte, beschloss der Landtag das Gesetz zur Änderung des Hess. Kommunalwahlgesetzes und anderer Vorschriften aus Anlass der Corona-Pandemie v. 11.12.2020 (in GVBl. S. 915). Das Gesetzgebungsverfahren war ähnlich hektisch wie in der ersten Corona-Welle (vgl. oben Nr. 2), auch dieses Mal gab es keine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände. Inhaltlich ging es insbesondere um eine vorübergehende Absenkung des Quorums für Unterstützungsunterschriften, die von sog. nicht privilegierten Wahlvorschlagsträgern zu den allgemeinen Kommunalwahlen und zu Direktwahlen beizubringen sind (vgl. §§ 11 Abs. 4 Satz 1, 45 Abs. 3 Satz 2 KWG).

In der vorherigen Legislaturperiode (18.1.2014–17.1.2019) verantwortete die schwarz-grüne Koalition insgesamt neun Novellen der Kommunalverfassung. Diese Novellen wurden bereits bei den beiden Vorauflagen berücksichtigt, sollen aber hier wegen ihrer nachhaltigen Bedeutung und zum besseren Überblick noch einmal kurz genannt werden:

1. Eines der ersten Gesetze der neuen schwarz-grünen Regierungskoalition war das Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung vom 18. Juli 2014 (GVBl. S. 178). Ziel dieses Änderungsgesetzes war, die Energiewende durch erneute Aufweichung des Subsidiaritätsprinzips in § 121 HGO zu erleichtern. Nach dem in der Tat sehr vorsichtigen ersten Anlauf im Jahr 2011 (vgl. dazu nachfolgend unter III.) hatten die hessischen Kommunen ernüchtert feststellen müssen: „Es bleibt dabei, kein Nachbarland unterwirft seine Kommunen einem derart strikten Subsidiaritätsprinzip gerade für den Bereich der Energieversorgung.“ Es bleibt im Interesse der Abwehr der in Fukushima im März 2011 so überaus deutlich gewordenen Strahlungsgefahr und vor allem der Vermeidung des Atommülls, für den immer noch kein Endlager gefunden wurde, zu hoffen, dass der nun nochmals überarbeitete § 121 HGO den hessischen Kommunen dabei behilflich sein kann, die ihnen allseits zuerkannte zentrale Rolle bei der Energiewende zu erfüllen.

2. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten vom 28. März 2015 (GVBl. S. 158) hat die schwarz-grüne Koalition zwei weitere zentrale Punkte ihrer Koalitionsvereinbarung umgesetzt, nämlich die Aufhebung aller Altersgrenzen für kommunale Wahlbeamte (zurückgehend auf den Beschluss des CDU-Parteitages vom 6.7.2013) und die Abschmelzung der Wahlbeamtenversorgung (zurückgehend auf die stete Kritik der Grünen an der „Luxusversorgung“). Der Zeitdruck, den die Koalition bei dieser Novelle entfachte, kam allerdings überraschend. Da auch das Mindestwählbarkeitsalter für die Landtagsabgeordneten nach der Koalitionsvereinbarung auf die Volljährigkeitsgrenze abgesenkt werden sollte und dies nur – weil in der Landesverfassung (Art. 75 Abs. 2) festgelegt – durch eine Volksabstimmung möglich ist, hatte man allgemein wegen des Stellenwerts der Bürgerbeteiligung gerade bei den Grünen damit gerechnet, die Koalition werde diese Volksabstimmung, die schließlich (erst) im Oktober 2018 angesetzt wurde, abwarten. Aber in der Praxis wird ohnehin in Anbetracht der demografischen Entwicklung die Aufhebung der Höchstaltersgrenze eine viel größere Rolle spielen. Insofern hatte die einmütige Einschätzung des Hessischen Landtags aus dem Jahr 1962 bei der Einführung der beamtenrechtlichen Amtsausübungshöchstaltersgrenze, der Gesetzgeber „müsse einer Überalterung der leitenden Kräfte in der kommunalen Selbstverwaltung vorbeugen“, nach rund 50 Jahre keinen Bestand mehr. Verfassungsrechtlich notwendig war die Gesetzesnovelle im Übrigen nicht; das Bundesverfassungsgericht hatte erst mit Beschluss vom 26.8.2013 (in NVwZ 2013 S. 1540) zur Rechtslage in Bayern festgestellt, dass die Wählbarkeitsgrenze von 67 Lebensjahren keine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt.

Das Besondere an der Altersgrenzen-Novelle ist, dass sie in vollem Umfang auf die hauptamtlichen Beigeordneten übertragen wird. Insofern ist Hessen im Ländervergleich wieder einmal vorn. Bis zur Aufhebung des Beamtenrechtsrahmengesetzes im Jahr 2008 hatte der Bund die Beigeordneten als Beamte der zweiten Führungsebene noch der fachlichen Verwaltung und damit dem Berufsbild des normalen Lebenszeitbeamten zugeordnet. Der Landtag sieht das anders („Berufspolitiker“), lässt allerdings interessanterweise die Höchstaltersgrenze bei den mittelbar gewählten Wahlbeamten des Landes (z. B. Präsident und Vizepräsident des Hessischen Rechnungshofs) unangetastet, obwohl in der Koalitionsvereinbarung ganz allgemein von der Abschaffung des Höchstalters für Wahlämter die Rede war. Im Hinblick auf Persönlichkeiten, die sich gut darauf verstehen, in dem Wahlgremium Gefolgschaften zu bilden, wird insofern bereits vor der Gefahr der Gerontokratie („Herrschaft der Alten“) der hessischen Kommunalpolitik gewarnt.

Die Versorgung der kommunalen Wahlbeamten in Hessen war 1992 unter rot-grüner Regierungsverantwortung anlässlich der Einführung der Direktwahl in Hessen in der Tat sehr großzügig ausgestaltet worden. Lebenslange Versorgungsbezüge nach nur einer Amtszeit – unabhängig vom Lebensalter – gab es außerhalb Hessens nur in Niedersachsen. Die CDU hatte dieses „Versorgungsprivileg“ in der Vergangenheit stets mit dem Argument verteidigt, die Wahlämter auf der kommunalen Ebene müssten in jeder Hinsicht attraktiv ausgestaltet sein, um gute und geeignete Persönlichkeiten anzuziehen. Aber nach der allgemeinen Erhöhung des Renten- bzw. Pensionseintrittsalters auf „67“ und Presse-Schlagzeilen wie „Üppige Pension nach nur einer Amtszeit: Bürgermeister haben ausgesorgt“ war diese Position in der Koalition mit den Grünen nicht länger zu halten. Auffällig ist allerdings das Bemühen, die Versorgungssituation der Bürgermeister und der anderen kommunalen Wahlbeamten an das für Landtagsabgeordnete geltende Recht anzugleichen. Konsequenter vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes wäre es gewesen, die Versorgungssituation der Minister, also der Regierungsmitglieder, ins Auge zu nehmen. So mussten die Koalitionspartner es ertragen, dass der Geschäftsführende Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes von „Neidkomplexen“ der Landtagsabgeordneten sprach.

3. Im Rahmen der Novelle des Finanzausgleichsgesetzes vom 23.7.2015 (in GVBl. S. 298) hat der Gesetzgeber (endlich) auch den § 53 Abs. 2 HKO überarbeitet und damit die bisherige Inkongruenz zwischen HKO und FAG in der Frage der Kreisumlage-Erhebung beseitigt.

4. Mit der Melderechts-Novelle vom 28.9.2015 (GVBl. S. 346) wurde auch (geringfügig) das KWG geändert.

5. HGO, HKO, KWG und KGG wurden schließlich im Rahmen der Bürgerbeteiligungs-Novelle vom 20.12.2015 (GVBl. S. 618) noch einmal kurz vor den Kommunalwahlen am 6. März 2016 in zahlreichen Punkten verändert. Das Herzstück dieser Novelle, die Veränderung des Bürgerentscheids in § 8b HGO, wird allerdings in den meisten Gemeinden kaum spürbar werden. Anders als bei den zeitgleichen Novellen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurde nämlich das Abstimmungsquorum von 25 % in den 411 Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern nicht angetastet. In allen Gemeinden kann dagegen zukünftig die Gemeindevertretung „quasi von oben“ einen Bürgerentscheid initiieren, notwendig für ein solches Vertreterbegehren ist aber eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter. Im Ergebnis ist Hessen nach wie vor weit entfernt vom Nachbarland Bayern, wo im Dezember 2015 vermeldet wurde, der Bürgerentscheid gehöre nach 20 Jahren in den bayerischen Gemeinden zum politischen Alltag: am 10. Dezember 1995 fand dort der erste Bürgerentscheid statt; 1628 Bürgerentscheide folgten seitdem nach.

In den Jahren 2016 bis 2018 kamen zu diesem Paket noch einmal vier Novellen hinzu:

6. Relativ unbedeutend war dabei noch die Überarbeitung des § 110 Abs. 1 HGO im September 2016 anlässlich der Novellierung des Hess. Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz (GVBl. S. 167). Da keine ehrenamtlichen Kassenverwalter mehr in der Praxis festzustellen waren, wurde das entsprechende Wahlrecht gestrichen.

7. Große Beachtung – auch jenseits der Landesgrenzen – hat dagegen das Hessenkasse-Gesetz vom 25.4.2018 (GVBl. S. 59) gefunden. Das Land Hessen hat die Niedrigzins-Phase genutzt, um das Altschulden-Problem vieler Kommunen – zu erkennen an der Höhe der aufgenommenen Kassenkredite – anzugehen. Von den entsprechenden Kommunen ließ sich keine die Teilnahme an diesem Entschuldungsprogramm entgehen. 165 Gemeinden und 13 Landkreise haben den entsprechenden Antrag gestellt. Um den Vorwurf, die Kommunen, die in der Vergangenheit ordnungsgemäß gewirtschaftet, insbesondere ihr Ausgabeverhalten immer an ihrer Einnahmesituation ausgerichtet hätten, seien die „Gekniffenen“, zu entkräften, hat das Land aber im Rahmen des Hessenkasse-Gesetzes auch ein Investitionsförderungs-Programm für finanz- oder strukturschwache Kommunen aufgelegt. Teilnahmeberechtigt sind im Ergebnis alle Landkreise und die allermeisten Gemeinden, die an dem Entschuldungsprogramm nicht teilnehmen. Nur 14 dauerhaft abundante Gemeinden profitieren in keiner Weise vom Hessenkasse-Gesetz. Die größten Städte Frankfurt am Main und Wiesbaden haben zusätzliche Mittel in ihrer Eigenschaft als Schulträger erhalten.

Mit dem Hessenkasse-Gesetz wurden allerdings auch erhebliche Änderungen im Gemeindehaushaltsrecht vorgenommen, die eine Wiederholung dieser Problematik ausschließen sollen. Sinnbildlich sei an dieser Stelle der neue § 92 Abs. 7 HGO genannt: „Die Gemeinde darf sich nicht überschulden“.

Im Rahmen des Hessenkasse-Gesetzes wurde auch § 67 Abs. 1 HGO überarbeitet, nachdem der Hess. VGH die vielerorts übliche Hinzuziehung von Verwaltungsmitarbeitern zu den nichtöffentlichen Sitzungen des Gemeindevorstands bzw. des Kreisausschusses moniert hatte.

8. Zu einer für viele Gemeinden wie auch für viele Bürger gleichermaßen bedeutenden Ergänzung des § 93 Abs. 2 HGO kam es im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung der Erhebung von Straßenbeiträgen vom 28.5.2018 (GVBl. S. 247), mit der es im Ergebnis den Gemeinden nun völlig frei gestellt wird, ob sie bei Sanierung der örtlichen Straßen weiterhin Straßenbeiträge von den anliegenden Grundstückseigentümern erheben oder aber das Projekt vollständig aus ihrem Steueraufkommen finanzieren (vgl. Dreßler, in HSGZ 2018 S. 277).

9. Eine weitere Änderung der HGO (§ 40 HGO) im Rahmen des Zweiten Dienstrechtsänderungsgesetzes vom 21.6.2018 (GVBl. S. 291) betrifft den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht (zukünftig einmal) eine Partei für verfassungswidrig erklärten sollte. In diesem Fall werden ehrenamtliche Beigeordnete zukünftig nicht nur ohne Weiteres ihren Sitz im Gemeindevorstand verlieren, sondern zusätzlich wird ihr Ehrenbeamtenverhältnis beendet: sie sind kraft Gesetzes entlassen. Die Novellierung geht zurück auf das Jahr 2016, in dem sich das Land auf ein mögliches Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht vorbereitete. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 17.1.2017 davon absah, wurde diese HGO-Novelle dennoch auf der Agenda behalten, um für etwaige zukünftige Fälle bestens gewappnet zu sein. Im Übrigen hat diese Novelle auch Auswirkungen auf den in der Praxis mit Abstand bedeutsameren Fall des Verzichts auf den Sitz.

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