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(2) Schwere Treuepflichtverletzung
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Die Annahme einer schweren Treuepflichtverletzung ist in der Rechtsprechung sehr fallbezogen, nicht widerspruchsfrei und deshalb schwer zu systematisieren.[11] Bejaht wurde sie beispielsweise dann, wenn eine Partei in schwerwiegender Weise gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) verstoßen hat, etwa dadurch, dass sie die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtung verweigert, nachdem sie die Vorteile der formunwirksamen Vereinbarung in Anspruch genommen hat.[12]
Im vorliegenden Fall könnte eine Treuepflichtverletzung darin bestehen, dass L den Formmangel unter Hinweis auf seine adelige Abstammung verursacht hat. Statt sich an sein eigenes Versprechen zu halten, beruft er sich später auf die Formnichtigkeit. Damit nimmt er aber nur das Recht wahr, das ihm § 125 BGB einräumt. Sein Motiv hierfür bildet das unerwartete Vermächtnis, das die wirtschaftliche Notwendigkeit für den Verkauf des sich seit mehreren Jahrhunderten im Familienbesitz befindlichen Anwesens entfallen lässt. Damit hatte L ein schwerwiegendes ideelles Interesse, das für ihn den Ausschlag gab, sich schließlich doch auf den Formmangel zu berufen. Auf der anderen Seite könnte es fraglich sein, ob sich L gerade auf dieses ideelle Interesse stützen darf, gab er doch durch sein vorhergehendes Verhalten zu verstehen, dass ihm viel an dem ebenfalls ideellen Wert seiner Ehre gelegen ist. Mit guter Argumentation kann an dieser Stelle beides vertreten werden.