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2. Pflichtverletzung
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Der Leihvertrag (oder das Gefälligkeitsverhältnis mit rechtlichem Gehalt) verpflichtet beide Parteien gemäß § 241 II BGB zur gegenseitigen Rücksichtnahme und damit zum Schutz des so genannten Integritätsinteresses des anderen Teils. Daraus erwächst die gegenseitige Pflicht, Schädigungen des anderen zu vermeiden. Insb. haben beide Seiten die erforderliche Sorgfalt für die Gesundheit, das Eigentum sowie die sonstigen Rechte und Rechtsgüter des Vertragspartners walten zu lassen.[5] Im vorliegenden Fall bestand allemal die Pflicht des B, dafür zu sorgen, dass A beim Einstellen des Cabriolets in die Garage nicht an seiner Gesundheit geschädigt wird.
Neben diesen nichtleistungsbezogenen Schutzpflichten werden aus § 242 BGB leistungsbezogene Nebenpflichten hergeleitet. Daran hat die Einführung des § 241 II BGB durch die Schuldrechtsreform nichts geändert. Die Leistungsnebenpflichten betreffen die Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung.[6] Ihr konkreter Inhalt hängt naturgemäß von der jeweils geschuldeten vertraglichen Hauptleistung ab. Auch diese kommen im vorliegenden Fall in Betracht. Der Unfall geschah bei der Rückgabe des als Hauptleistung anzusehenden Leihgegenstands. § 280 I 1 BGB umfasst Schutzpflichten und leistungsbezogene Nebenpflichten gleichermaßen.[7] Deshalb kann an dieser Stelle noch offenbleiben, ob die fragliche Pflicht nun § 241 II BGB oder § 242 BGB zuzuordnen ist. Jedenfalls hat B seine Pflicht, A beim Zurückbringen des Wagens vor allen vermeidbaren Schädigungen zu bewahren, objektiv verletzt, indem er in der engen, dunklen Garage neben der Tür einen scharfzackigen Rechen derart stehen ließ, dass sich ein Mensch gravierend verletzen konnte.
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Hinweis zum Aufbau:
Die Unterscheidung zwischen Schutzpflicht und leistungsbezogener Nebenpflicht wird bei der Frage, ob das Haftungsprivileg des § 599 BGB anwendbar ist, virulent und wird nach dem hier vorgeschlagenen Aufbau deshalb erst später beantwortet. Dies widerspricht einem streng der logischen Prüfungsreihenfolge verhafteten Gutachtenstil. Befasst man sich jedoch bereits bei der Pflichtverletzung näher mit dieser Unterscheidung, hängen die Ausführungen und auch das Ergebnis gewissermaßen in der Luft. Eine Pflichtverletzung ist ohne Zweifel gegeben. Die Bedeutung der Unterscheidung kann an dieser Stelle nur schwer vermittelt werden. Aus sachlichen Gründen bietet es sich deshalb an, die Frage hier noch offen zu lassen.
Fernliegend ist die Prüfung von § 600 BGB. Der vorliegende Sachverhalt enthält keinerlei Anhaltspunkte für einen Mangel des verliehenen Oldtimers. Deshalb wird die Norm hier nicht in die Falllösung aufgenommen. Aufbautechnisch wäre § 600 BGB als spezielle Anspruchsgrundlage vor § 280 I BGB zu prüfen.