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Erfahrungen mit Feedback und Fiesback
ОглавлениеAxel ist seit wenigen Monaten im Vertrieb tätig und heute hat er seine erste eigene Präsentation vor dem Kunden gehalten. Er war sehr aufgeregt, aber es ist doch ganz gut gelaufen. Ob es ein voller Erfolg war, konnte er aber an den undurchdringlichen Mienen der Kundenvertreter nicht ablesen. Daher bittet er einen Kollegen um Feedback. »War doch prima«, meint Samuel. »War alles richtig, was du gesagt hast, und außerdem ist keiner eingedöst. Besser kann man es nicht machen. Na ja, du hättest zwischendurch schon mal einen Witz machen können, das hätte locker gewirkt.« Das sieht Axel ein. Aber trotzdem ist er noch nicht zufrieden, denn er hat nicht das Gefühl, so ein richtiges Feedback bekommen zu haben. Als Daniel seinen ersten großen Vortrag gehalten hatte, wartete am Bühnenausgang ein Zuhörer auf ihn. Ein Fan? Daniel war unsicher. Der Mann hielt ein Stück Papier in der Hand, auf dem eine Reihe von Strichen abgebildet war. »Ich dachte, Sie sind vielleicht an diesem Zettel interessiert«, sprach er Daniel an. »Und was ist das?«, entgegnete dieser mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis. »Ich habe einfach jedes Mal einen Strich gemacht, wenn Sie ›Äh‹ in Ihrem Vortrag gesagt haben. Insgesamt bin ich auf 73 gekommen.«
Daniel ist heute einer der besten Redner, den man sich vorstellen kann. Aber er hat das Feedback nur aufgrund seiner starken Persönlichkeit überlebt. Andere wären in das nächstbeste Mauseloch gekrochen und hätten sich im Leben nicht mehr hinter ein Mikrofon getraut. Machen Sie es also besser als der freundliche Mann und geben Sie ein Feedback, das auch weniger hartgesottene Menschen als Daniel erreicht. Sonst wird Feedback nämlich zur Waffe. Zum Glück war außer Samuel noch Jason, Axels Chef, anwesend. Er nahm sich nach dem Vortrag Zeit und bat Samuel zunächst einmal, seine Leistung selbst zu bewerten. Warum tat er das? Weil er so einen Eindruck von Axels Selbstreflexionsfähigkeit erhalten kann.
»Ich fand die Präsentation mittelmäßig«, berichtet Axel. »Am Anfang lief es ganz gut, aber im Mittelteil schauten doch einige Zuhörer auf die Uhr, und einer gähnte. Ganz gut angekommen ist meine Anspielung auf die Konkurrenz kurz vor Schluss. Aber die meisten waren froh, als die Präsentation vorüber war«, so sein Resümee.
Diese Selbsteinschätzung ist typisch: Axel war so mit sich selbst beschäftigt, dass er bestenfalls mitbekommen hat, wie die Zuhörer reagiert haben, aber nicht weiß, was genau zu dieser Reaktion geführt hat und was er besser machen kann. Im Zweifel stapelt er seinem Chef gegenüber lieber tief.
Dennoch kann Jason gut auf diese Selbstkritik aufbauen. »Ich habe es auch so gesehen, dass du die Zuhörer zu Beginn gut eingestimmt hast, weil du einige Fakten aus ihrem Unternehmen berichtet hast und sie dadurch merkten, dass du dich gut auf sie vorbereitet hast. Sie waren dann sehr gespannt auf deine Lösung. Anders wurde es, als du sehr viele Detailinformationen über unser Produkt dargestellt hast. Das wirkte ermüdend und war zu diesem Zeitpunkt zu tiefgehend. Beim nächsten Mal solltest du eher ein oder zwei technische Aspekte, die besonders wichtig sind, herausgreifen und nicht alle Details berichten. Übrigens: Auch wenn die Zuhörer geschmunzelt haben, die Konkurrenz solltest du nicht kritisieren, das macht eher einen schwachen Eindruck. Besser, du konzentrierst dich auf die Stärken unserer Produkte, den Vergleich musst du dem Kunden überlassen.«
Jason hatte Glück, dass Axel selbst schon einige Punkte angesprochen hatte. Diese konnte er dann bestätigen oder korrigieren. So bildet sich nach und nach ein realistisches Selbstbild bei Axel. Er sollte am Ende so weit sein, dass er auch dann, wenn er ganz allein beim Kunden ist, realistisch beurteilen kann, wie seine Präsentation angekommen ist.
Und wenn Axel nun nicht so selbstkritisch gewesen wäre?
Bei einer großen Abweichung zwischen Selbst- und Fremdbild sollten Sie vorausschicken, dass Sie einen ganz anderen Eindruck gewonnen haben, um Ihr Gegenüber auf das vorzubereiten, was kommt.
Am schwierigsten ist es, wenn das Selbstbild nach unten korrigiert werden muss. Hier sollten Sie vorsichtig zwei oder drei Punkte herausgreifen, Ihre Beobachtungen sehr genau belegen und Alternativen vorschlagen. Sie müssen jedoch sichergehen, dass Ihr Gegenüber Ihre Sicht nachvollziehen und akzeptieren kann, sonst wird derjenige sich nicht verändern, sondern in eine Rechtfertigungshaltung übergehen. Wir sprechen hierbei von Reaktanz.
Unter Reaktanz wird eine Abwehrreaktion verstanden, die den von außen verspürten Druck abwehrt und das eigene, favorisierte Vorgehen aufwertet. Reaktanz führt dazu, dass korrigierte Verhaltensweisen beibehalten bleiben und Lernen unterbleibt.