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Allegorie

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In bildender Kunst und Literatur die Darstellung eines abstrakten Begriffs durch eine Figur, zum Beispiel die der Gerechtigkeit durch eine Frau mit verbundenen Augen und einer Waage in der Hand. Vom Mittelalter bis zum Barock war die Allegorie sehr beliebt bei der Verbildlichung christlicher Tugenden und Laster, geriet aber später als künstlerisches Verfahren in Misskredit. Baudelaire entdeckt sie für die französische Dichtung wieder, und auch Proust schätzt die antiquierte, aber reizvoll verschlüsselte Art der allegorischen Darstellung, die viele Anspielungen aufnehmen kann. Im Roman vergleicht Swann das blasse Küchenmädchen aus Combray mit der Figur der Nächstenliebe (Caritas) auf den mittelalterlichen Fresken der Arena-Kapelle in Padua. Auf den ersten Blick scheint er damit nur dem Mädchen zu schmeicheln und ein altehrwürdiges Bild zu zitieren, auf den zweiten verbirgt sich aber in diesem Vergleich zusätzlich noch eine raffinierte Gegenallegorie: Françoise nämlich erweist sich als das genaue Gegenteil christlicher Nächstenliebe, da sie das Mädchen zum Spargelschälen zwingt, obwohl es eine schwere Allergie auf ►Spargel entwickelt und mit Asthmaanfällen reagiert. Wie bei den mittelalterlichen Kirchenfenstern in Combray oder den Legenden der Merowinger entlockt Proust hier der Allegorie neben einer archaischen Schönheit und Einfachheit einen verborgenen Unterton von Gewalt und Grausamkeit.

Das Proust-ABC

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