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Angst

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Nahezu jede Veränderung im Leben des Erzählers – sei sie nun positiv oder negativ – löst Angst aus, sie ist der Gegenpol zum beruhigenden und vertrauten Gefühl der ►Gewohnheit. Urszene dieser Angst vor dem Verlust des Gewohnten ist der Besuch Swanns in Combray, der dem kleinen Marcel den ►Kuss der Mutter entzieht. Jede folgende Verweigerung, jeder drohende Verlust wird diese Angst wieder zutage bringen und den Erzähler in Panik versetzen; in immer neuer Gestalt wiederholen solche Situationen die Ohnmacht, das Geliebte an sich zu binden und es verlässlich zu machen. Schon die Befürchtung, Albertine könne nicht wie vereinbart nach einem Theaterbesuch noch bei ihm vorbeikommen, erweckt die schreckliche, kindliche Angst aus Combray wieder zum Leben: »Als ich diese entschuldigenden Worte hörte, die klangen, als werde sie nicht kommen, spürte ich, wie das Verlangen, dieses samtene Gesicht, das schon in Balbec alle meine Tage zu dem Augenblick hin lenkte, in dem ich vor dem malvenfarbenen Septembermeer dieser Rosenblüte nahe sein würde, aufs schmerzlichste danach drängte, sich mit einem sehr verschiedenen Element zu vereinigen. Dieses schreckliche Bedürfnis nach einem Menschen hatte ich, in Combray, am Beispiel meiner Mutter kennengelernt, und zwar so heftig, dass ich hätte sterben mögen, wenn sie mir durch Françoise bestellen ließ, dass sie nicht mehr hinaufkommen könne.« Die schönen Bilder, in die sich die Verlustangst kleidet, können den egozentrischen Grundton nicht überspielen. Mehr noch als die Sehnsucht quält den Erzähler die Angst, er könne die Kontrolle über die Geliebte verlieren, sie könne sich ihm endgültig entziehen. Eine solche Liebe, in der sich Angst mit Besitzanspruch paart, führt letztlich zur Gefangennahme Albertines und damit zwangsläufig zum Ende der ►Liebe.

Das Proust-ABC

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