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Académie française
ОглавлениеDie Académie française wurde 1635 unter Louis XIII von Kardinal Richelieu gegründet, mit der Absicht, die schon länger üblichen Zusammenkünfte berühmter Schriftsteller in eine feste Institution zu binden und dieser die Aufgabe zu übertragen, die Regeln der französischen Sprache verbindlich festzuhalten und ihre Einhaltung zu überwachen. Zu Prousts Zeiten bedeutete es – wie noch heute – die höchstmögliche Ehrung für einen Schriftsteller, Mitglied der Académie zu werden. Proust selbst hat gegen Ende seines Lebens Freunden gegenüber die Hoffnung formuliert, unter die 40 »Unsterblichen« – wie die Mitglieder sich nennen – aufgenommen zu werden. Das hindert ihn aber nicht daran, in seinem ►Roman die Académie als intrigante Institution zu entlarven, die ihre Mitglieder weniger nach literarischem Talent als nach korrekter politischer Orientierung und gesellschaftlichen Beziehungen auswählt. Einer der ehrfürchtigsten Bewunderer der Académie ist Norpois, der sich, ähnlich dem ►Vater des Erzählers, durch politischen Opportunismus und mangelndes Kunstverständnis auszeichnet: Er erkennt weder das Talent Bergottes noch das des künftigen Erzählers. In Bergottes Haltung zur Académie spiegelt sich Prousts eigene, die zeigt, dass auch das größte literarische Genie nicht vor Eitelkeit und ►Snobismus gefeit ist: »Ihm war deutlich geworden, dass er über Genie verfügte, aber er glaubte es nicht, denn er fuhr fort, Ehrerbietung gegenüber mittelmäßigen Schriftstellern zu heucheln, um bald Akademiemitglied zu werden, obwohl die Akademie oder der Faubourg Saint-Germain ebenso wenig mit jenem Teil des unsterblichen Geistes zu tun haben, der Bergottes Bücher geschrieben hat, wie mit dem Kausalitätsprinzip oder dem Gottesgedanken.« Die neuere Forschung zeigt, dass diese skeptische Haltung gegenüber dem künstlerischen Karrierestreben von Proust erst in der endgültigen Fassung des Romans stark betont wird, die frühen Texte und Entwürfe sich dagegen durchaus strategisch mit den Möglichkeiten einer Karriere als Autor beschäftigen.