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Ich begegnete der Gerüchteküche mit Valium und dem Versuch, mit aller Kraft meine wogende Perversion zu sublimieren, und das führte zu der vielbeachteten und diskutierten Kampagne für die Jeansmarke Lee, die schon seit den siebziger Jahren total im Schatten von Levi’s dahinvegetiert war. Ich hatte das Glück, mit international anerkannten Stylisten und Fotografen zu arbeiten, die angesichts der schwedischen Engstirnigkeit nur gelassen mit den Achseln zuckten. Auf einer Reise nach New York fanden der Fotograf und ich rasch zusammen, denn er war Päderast, und wir veranstalteten ein Casting, das drei Tage dauerte, und bei dem wir uns an der nicht versiegenden Flut von Johnnies, die vor unseren lüsternen Blicken posierten, fast schon satt sehen konnten. Wir engagierten dann vier Wichte, die untereinander sehr verschieden waren, zusammen jedoch einen absolut überschäumenden Smash ergaben. Ich verlängerte meinen Aufenthalt in New York nur deshalb, um mit den kleinen Wesen ausgehen und sie in unbegrenzten Mengen mit dem Silber des Kokain und dem Gold des Blubberwassers berieseln zu können. In der letzten Nacht feierten wir auf meinem Hotelzimmer eine Orgie, von der ich leider nicht mehr sehr viel weiß. Vor allem habe ich wegen der Goldfische ein schlechtes Gewissen; die Gäste bekamen zur Gesellschaft einen Goldfisch aufs Zimmer geliefert, und der Arme auf meinem Zimmer wurde mit Kokain gemästet, bis er starb, worauf wir unten in der Rezeption um neue Fische baten, denen derselbe Vergiftungstod beschieden war, und ich kann mich nur damit trösten, daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach in seligem Rausch entschlafen sind.

Als ich dann wieder zu Hause war, machte ich sogar einen Aidstest.

Die Jeanskampagne wurde mit Schmähungen wie Kinderporno, Drogenromantik und Dekadenz belegt, aber – oderint dum metuant! – Lees Absatz stieg sprunghaft an, und die Marke errang endlich das Prestige, das ihr bisher gefehlt hatte. Mir ging es ähnlich, mein Status bei der Jugend wuchs, und darüber freute ich mich unendlich, aber das hatte auch Konsequenzen, die zu sich öffnenden Falltüren führten.

Eine solche Falltür lachte mich in Kopenhagen breit und einladend an. Ich gehörte zu einer Jury, die dort einen internationalen Werbepreis vergeben sollte. Auf ausländischem Territorium konnte ich meinen Lüsten freien Lauf lassen, weshalb ich, nachdem ich ein Festmahl mit fünf Gängen und dicklichen, dreißigjährigen und unermüdlichen Kavalieren durchlitten hatte, in die Stadt zog. Mein Ohr lokalisierte bald die Musik, die Jugendliche anlockt, und die auch ich zu schätzen weiß, wenn ich ehrlich sein soll, weil diese Musik in mir Assoziationen von fast pornographischer Natur erweckt. In der verräucherten Jugendtränke, die ich da ausfindig gemacht hatte, trat ich an den Tresen und bestellte etwas. Junge Dänen in allen Modellen umkreisten mich, und ich wäre angesichts dieses Blütenflors fast außer mir geraten. Dann nahm ich die Witterung von zwei quälend köstlichen Exemplaren auf, die über einen hohen Schlümmelfaktor verfügten. Ich wußte nicht so recht, welcher von beiden meine Antennen besonders zum Vibrieren brachte, aber zum Glück blieb mir die Entscheidung dann erspart. Auf dänische Manier nickten sie und hoben ihr Tuborg, worauf ich sie näher zu mir heranwinkte. Und Sie können sich vorstellen, wie glücklich ich war, als sie mich erkannten, sie hatten nämlich einen Zeitungsartikel über die Preisverleihung gelesen. Ein hilfreicher Fingerzeig des Schicksals hatte dafür gesorgt, daß ein Foto von mir in die Zeitung geriet, und wenn ein junger Wicht sich von etwas beeindrucken läßt, dann von einem prominenten Gesicht. Dieses gefundene Fressen verdoppelte sich, und plötzlich war ich von vier Knaben umringt. Ich gab so viel Tuborg und Gammeldansk aus, wie das Schlümmelquartett nur hinunterbrachte, und als wir mein von der Firma finanziertes Hotelzimmer in Nyhavn mit Blick auf den Öresund erreicht hatten, zog ich das von einem dänischen Werbeyuppie, den ich schon länger kannte, besorgte Kokain hervor. Vergessen Sie nicht, daß wir uns im Moment in den achtziger Jahren befinden, wo Kokain ein ganz normaler Bestandteil des Gesellschaftslebens war.

Der eine Knabe, der rotblonde, war Schlachterlehrling (ach, wie einzigartig schlümmelhaft!). Der zweite, der dunkel war, arbeitete in einer Fahrradwerkstatt (niedlich!). Der dritte war Gitarrist in einer Popband (hinreißend!), der vierte arbeitslos und wohnte noch zu Hause (unwiderstehlich). Um die ganze Sache einfacher zu machen, können wir sie Riff, Ruff, Piff und Puff nennen. Ihre Haare waren alle weit über ihre beringten Öhrlein hinausgewachsen (der Schlachter hatte sogar üppige Locken), und sie waren uniformiert in verschlissene Jeans und T-Shirts mit ausgewaschenen Motiven. Ich möchte mich nicht detailliert über die weiteren Ereignisse verbreiten, aber ich war wild erregt angesichts dieses Viererpacks Joy Boys, an denen ich mich ganz allein gütlich tun durfte. Die niedlichsten Knabenbrüste, die die Natur je erschaffen hatte, wurden für mich zu einer Wiese, auf der eine ausgehungerte Päderastin nun endlich wieder Büschel von grünem Gras ausreißen konnte. Im Nachhinein fällt mir ein, daß die Phallusformation sich in Bezug auf Länge, Breite und Biegung über eine interessante Skala hinzog.

Doch ein böswilliger und außerdem buckliger, glatzköpfiger und bierbäuchiger Klatschjournalist von der Branchenzeitschrift Werbung & Media hatte meinen etwas laut geratenen Einzug mit Riff, Ruff, Piff und Puff als stolperndes, lärmendes »Feuillejohn« im Hotelfoyer beobachtet, und ich gehe davon aus, daß der elende Spion auch an der Tür gehorcht hat, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wie ich mich in Sünden suhlte.

Sein Geschreibsel war einwandfrei von Neid angesichts meiner Unternehmungen in Kopenhagen geprägt, und meine Fassade wies nun schon so große Risse auf, daß ich mir vorstellte, wie das tausendäugige Scheinwerferlicht der Neugier über meine private fleischliche Dämmerung dahinfegte.

Hella Hell

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