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Geburtstag

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Der Tag, an dem ich erfuhr, dass jeder Mensch einen Geburtstag hat, war viel aufregender als mein Geburtstag selbst.

Wir tobten gerade im Schlafraum, da stand die Erzieherin plötzlich vor uns und drohte einem Jungen: »Wenn du nicht sofort mit der Toberei aufhörst, fällt morgen dein Geburtstag aus!«

Nun wollten wir alle wissen, was ein Geburtstag ist. Ich musste darüber lachen, dass es einen Tag gab, an dem sich andere freuten, dass ich geboren war. Bisher hatte ich noch nie so eine Feier erlebt.

Vorsichtig fragte ich: »Wie lange dauert es noch bis zu meinem Geburtstag?«

»Du? Du hast in zwei Tagen Geburtstag.«

»Wie alt werde ich dann?«, rief ich erwartungsvoll und sprang dabei vor lauter Übermut und Freude gleich wieder herum. Ihre Ermahnungen waren vergessen.

»Fünf Jahre«, antwortete sie, und zur Strafe schickte sie mich in den Hof, dort sollte ich mir den Kopf abkühlen.

Draußen regnete es wie aus Kannen, aber es machte mir nichts aus. Ich tanzte um den Buddelkasten und rief dabei: »Hurra, hurra, ich habe einen Geburtstag!«

Plötzlich hielt ein schwarzes Auto im Hof, ein Mann winkte mir aus dem Wagenfenster zu. Ich lief zu ihm. Obwohl ich vom Regen klitschnass war, sollte ich einsteigen, was ich ohne zu zögern tat.

»Was macht so ein kleines Mädchen wie du hier draußen im Regen?«, fragte er. Ich erzählte von meiner Strafe und weshalb ich sie bekommen hatte. Im Auto war es angenehm warm und trocken, ich hörte den Regen auf das Dach prasseln und fühlte mich zum ersten Mal geborgen. Der Mann erzählte mir ein Märchen. Am liebsten wäre ich nie mehr ausgestiegen. Doch auf einmal stand die Erzieherin am Auto. Ich musste zurück ins Haus gehen. Heimlich drehte ich mich an der Haustür noch einmal nach dem Auto um. Ich sah, wie der Mann mit der Erzieherin sprach. Am nächsten Tag, ich spielte gerade mit Bausteinen, betrat der Mann mit vielen fremden Leuten das Spielzimmer. Sofort entdeckte er mich. Lachend nahm er meine Hand und sagte: »Wir machen jetzt eine Autofahrt.«

Während der Fahrt fragte er mich, ob ich die Kindersendung vom Meister Nadelöhr kenne. Natürlich kannte ich sie, alle Kinder kannten sie. Immer, wenn wir artig waren oder die Erzieher ihre Ruhe haben wollten, durften wir im Hausleiterbüro fernsehen.

So wurde ich für kurze Zeit eine Entdeckung für das Kinderfernsehen. Bei den Probeaufnahmen langweilte ich mich. Ich verstand nicht, weshalb die Großen immer dasselbe sagen sollten. Als die Drehtage endeten, war ich froh, wieder richtig spielen zu können.

Weinen in der Dunkelheit

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