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Einschulung

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Mit sechs Jahren kam ich zur Einschulung in das Haus Nummer 1. Alle Schulkinder mussten ihre Pionier-* oder FDJ**-Kleidung tragen. Vor der Schule fand ein Fahnenappell statt, die Großen sangen Lieder, dann überreichten sie uns kleine Blumensträuße und die langersehnte Schultüte.

Zu den Luftballons mit den Friedensgrußzetteln an der Schnur sah kaum einer hin, wir wollten alle nur wissen, was in der langen Tüte war. Enttäuscht stellte ich fest, dass die Kekse, Bonbons und Buntstifte angesichts der mit reichlich Klopapier ausgefüllten Spitze recht mickrig waren. Kinder, die Verwandte hatten, bekamen von ihnen dazu noch viele schöne Dinge.

Traurig darüber, dass mich niemand besuchte, ging ich zu den Mädchen, die auch als Waisen galten, und wir spielten mit den Schultüten Burgfrauen. Da holten uns plötzlich drei Schüler aus einer Gruppe der Größeren in ihren Tagesraum, wo für uns ein festlich gedeckter Tisch stand. Sie wollten uns eine Freude machen und sagten: »Pioniere helfen sich immer.«

Nun konnte ich es kaum erwarten, bis ich Pionier wurde und das blaue Halstuch tragen durfte. Fast jeden Tag rannte ich zum Pionierleiter, wir nannten ihn Suppi, weil er so dünn war, und fragte ihn: »Wann werde ich Pionier?«

Eines Tages war es endlich so weit, feierlich wurde ich im Speisesaal vor allen Schülern in die Pionierorganisation »Ernst Thälmann« aufgenommen. Nach der Aufforderung »Seid bereit!« und meiner Antwort »Immer bereit!« war ich Pionier. Jeden Tag trug ich nun das blaue Tuch. Bald hatte ich mich so daran gewöhnt, dass mir der Sinn und die Symbolik verlorengingen und es seinen Zweck als Knabber- oder Taschentuch erfüllte. Einen schlechten Dienst erwies es mir bei meinem ersten Abenteuer im Westen.

Weinen in der Dunkelheit

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