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Selbstverantwortung

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Selbstverantwortung dient als gute Voraussetzung, sich selbst und die anderen besser kennenzulernen, beide gleichwertig in ihrer individuellen Wirklichkeit anzuerkennen und Verantwortung für sich und sein Innenleben zu übernehmen. Ich bin ich und du bist du. In den Gestalttherapieaus­bildungen wird immer wieder dieser schönen Satz gesagt: »Ich bin ich und du bist du, und an unseren Grenzen erleben wir den Kontakt. Dort kann etwas Neues entstehen, da können wir uns begegnen.« Dazu gehört, dass wir als Menschen uns gegenseitig wertschätzen in unserem Da-Sein und die eigenen Grenzen und die des Anderen respektieren. Im Kontakt mit Klient*innen und Patient*innen kann so eine gemeinsame Arbeit beginnen.

Auf der Subjektstufe eröffnet eine derart geschulte Selbstwahrnehmung, in der ich gleichermaßen das bin, mit dem ich in meinem Inneren in Kontakt trete, neue Dimensionen der Innenräume und legt gleichzeitig die Verantwortung für sich selbst nahe. Ich bin in Kontakt mit meinem Herzen, also bin ich auch mein Herz und dafür verantwortlich. Ich bin in Kontakt mit meinem Körper, also bin ich auch mein Körper und dafür verantwortlich. Ich bin in Kontakt mit meiner Freude, also bin ich meine Freude und dafür verantwortlich. Ich bin in Kontakt mit meinem Gefühl, also bin ich mein Gefühl und dafür verantwortlich. Ich bin in Kontakt mit meiner Krankheit, also bin ich meine Krankheit und dafür verantwortlich. Ich bin in Kontakt mit meiner Gesundheit, also bin ich meine Gesundheit und bin auch verantwortlich dafür.

Und ich bin auch noch mehr als das Einzelne, das Herz, die Gesundheit usw., da ich ja wahrnehmen und darüber reflektieren kann. Das Wechselspiel von Sein und Haben der Gefühle, Reflexionen, ­Positionen und das Erklimmen von Metapositionen verschaffen Flexibilität und Erweiterung des Horizontes.

Diese Art der Selbstwahrnehmung und Selbstverantwortung zu üben, kann den Umgang mit sich selbst und auch mit anderen verändern helfen. Wären wir geschulter darin, würden so manche aktuellen zwischenmenschlichen Konflikte gar nicht erst entstehen. Ein Nährboden für viele Unglückseligkeiten ist Ich und Du zu verwechseln, Eigenes in den anderen hineinzuprojizieren und den anderen für das eigene Wohlergehen verantwortlich zu machen. Das kommt privat wie beruflich vor. Wenn die Zuständigkeiten der Verantwortung wieder bei jedem an ihren Platz rücken, kann jeder für sich, seinen Körper, sein Wohlergehen mehr verantwortlich sein, als er zunächst glauben mag. Gestehen wir diese Selbstverantwortung auch unseren Klienten und Patienten zu, dann stärkt diese Verantwortung ihre inneren Kompetenzen und Ressourcen. Wir schenken ihnen etwas, was wir ihnen sonst stehlen würden, wenn wir ihnen die Verantwortung für sich selbst oder etwas zu ihnen Gehöriges (Herz, Krankheit, s.o.) wegnehmen. In der Psychotherapie machen wir es explizit, dass wir auf die Mitarbeit der Klienten angewiesen sind, ohne die wir schlicht hilflos sind. Niemand kann gegen seinen Willen und ohne seine Mitarbeit therapiert werden. Wir haben (meistens – oder sollten ihn haben) einen expliziten Behandlungsauftrag, auf dessen Grundlage wir die Behandlung durchführen. Die Therapie geschieht auf Augenhöhe. Wir übernehmen (meistens) keine falsche Verantwortung für diejenigen, die bei uns Hilfe suchen, aus einem etwaigen Helferanteil heraus, sondern schauen mit der betreffenden Person zusammen, was sie braucht, aus einer wohlwollenden, freundlichen Haltung.

In der Medizin sind die Behandlungsaufträge leider häufiger nicht so explizit, sondern eher implizit, und die Verantwortlichkeiten nicht so gut geklärt. Der darin nicht geschulte Arzt übernimmt diesen impliziten Behandlungsauftrag und arbeitet für den Patienten, nicht mit ihm. Und an dieser Stelle überarbeitet er sich oft. Dann kommen Helfer- oder Retter-Anteile der Ärzte zum Tragen, die ihnen das Leben schwer machen und für die Patienten auf lange Sicht noch nicht einmal ­unbedingt ­hilfreich sind. Hier besteht ein großer Bedarf an der Klärung der Zuständigkeiten, wofür ist der Arzt verantwortlich und wofür der Patient. Eine Selbstverantwortung des Patienten enthebt die Therapeuten und Ärzte selbstverständlich nicht ihrer beruflichen Sorgfaltspflicht. Eine Therapie im gegenseitigen Einvernehmen und das Finden gemeinsamer Entscheidungen stärkt das Ärzt*innen-Patient*innen-Verhältnis.

SELBST-geführte Psychotherapie

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