Читать книгу LIEBE FÜR ZWEI - Ute Dombrowski - Страница 7
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ОглавлениеGina hatte sich gewundert, dass ihre Schwester Marylin an keinem Wochenende mehr daheim war. Da sie immer öfter bei Claire wohnte, sahen sich die Schwestern lange Zeit gar nicht. Ihre Mutter hatte nur gesagt, dass Marylin einen Freund namens Lukas hätte.
Claire hatte sich nach einem Jahr von ihrem älteren Schauspieler-Freund getrennt, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er auch mit allen anderen Schauspielschülerinnen ins Bett ging. Die beiden jungen Frauen hatten beschlossen, nun erst ihre Schule zu beenden und sich bis zum Abitur nicht mehr mit der Liebe abzugeben. Sie hielten sich akribisch daran und ließen alle Anwärter abblitzen.
Nun saßen sie mit einem Eis bei Gina im Garten und überlegten, was sie nach dem Abitur machen wollten. Für Claire war klar, dass sie ihr Hobby zum Beruf machen würde, also hatte sie begonnen, sich an allen bekannten Schauspielschulen zu bewerben. In zwei Wochen sollte das nächste Vorsprechen sein.
Gina hatte noch keine genaue Vorstellung. Sie wollte auf keinen Fall etwas machen, was schmutzig war oder wo sie sich ständig auf Neues einlassen musste. Andererseits fand sie die Vorstellung schrecklich, dass sich ihr und Claires Weg einmal trennen würden. Sie hatte schon überlegt, sich auch für die Schauspielerei zu bewerben, aber sie befürchtete, nicht genügend Talent zu haben. Sie hatte zwar immer Erfolg, die Freunde ihrer Schwester zu täuschen, denn Jungen oder Männer waren in ihren Augen sowieso leicht zu verwirren, doch dies als Beruf zu machen, konnte sie sich nicht vorstellen.
Aber als was wollte sie denn ein ganzes Leben lang arbeiten? Es war eine schwierige Frage: Kosmetikerin oder ein medizinischer Beruf gingen nicht, denn da hatte sie körperlichen Kontakt mit fremden Menschen, Tiere gingen schon überhaupt nicht, denn die stanken und sabberten, mit Kindern konnte sie gar nichts anfangen, sie waren schmutzig und laut und wollten immer im Mittelpunkt stehen. Altenpflege kam auch nicht infrage, alte Leute dachten immer, sie wären besser und klüger als die jungen Menschen.
Während Marylin jedes Mal gerne in den Ferien bei ihren Großeltern war, hasste Gina diese Aufenthalte. Marylin wurde von Oma und Opa geliebt und verwöhnt, denn sie zeigte Oma und Opa ihre Liebe ungehemmt und von ganzem Herzen, aber Gina fühlte sich immer unwohl, wenn sie dort war. Sie hatte einmal ein Gespräch von ihrer Oma und ihrer Mutter belauscht.
„Marylin ist so ein liebes und herzliches Mädchen“, hatte Oma gesagt. „Bei Gina weiß ich nie, woran ich bin. Ich würde fast sagen, sie ist böse.“
Roswitha hatte darauf wütend geantwortet: „Wie kannst du so etwas sagen, Mutter! Gina ist ein Kind und nicht böse. Sie ist halt nur stiller als ihre Schwester.“
In diesem Moment hatte Gina ihre Mutter geliebt. Sie war gegen die gemeine Oma für sie eingetreten. Gina wusste, dass sie ihren Vater um den Finger wickeln konnte, aber bei ihrer Mutter hatte sie immer das Gegenteil vermutet. Als Papas Lieblingskind reichte es, artig zu sein, nichts kaputt zu machen und zu lächeln, an der Liebe ihrer Mutter hatte sie immer gezweifelt.
„Wie wäre es denn mit Architektur?“, riss Claire sie aus den Gedanken.
Gina rollte mit den Augen.
„Auf einer Baustelle im Matsch rumlaufen? Nein, ganz sicher nicht!“
Claire ließ sich nicht von ihrer Idee abbringen.
„Es gibt doch auch Innenarchitektur. Da kannst du Zimmer gestalten oder Möbel entwerfen. Zeichnen kannst du doch auch gut!“
Gina war nicht restlos überzeugt, aber sie gingen gemeinsam zum „Tag der offenen Tür“ an der Hochschule in Mainz. Es gefiel den beiden ganz gut.
„Und wenn ich hier in Mainz an die Schauspielschule gehen kann, dann studieren wir keine fünf Kilometer voneinander entfernt“, versuchte Claire, es Gina noch schmackhafter zu machen.
Auf dem Heimweg brütete Gina noch vor sich hin, aber bei Claire im Garten platzte sie plötzlich heraus: „So machen wir das: Ich werde Innenarchitektin und dann richte ich das Haus der berühmten Schauspielerin Claire von Doranisky ein.“
Die beiden umarmten sich glücklich. Nach dem Abitur schlugen die Freundinnen genau jenen wohldurchdachten Weg ein.