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11 »Glaubst du wirklich, dass sie die Verantwortlichen sind?«

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Bundeskanzler Schranz

Sie saßen mir wie Hühner auf der Stange gegenüber. Drei Manager, alle durch ihre Tätigkeit zu Multimillionären geworden.

Tobias Schultheiß, Europachef von Schultheiß & Partner. Jahresumsatz in Deutschland knapp zwölf Milliarden Euro. Umsatz weltweit fünfundvierzig Milliarden.

Alexander Dorneburg, Europachef von WMKL, Jahresumsatz in Deutschland rund vierzehn Milliarden Euro. Umsatz weltweit siebenundvierzig Milliarden.

Sönke Hauptmann, Vice President Europe von Copper, Waxmann und Partner, Jahresumsatz in Deutschland zehn Milliarden Euro. Weltweit dreiunddreißig Milliarden.

Global betrug ihr Anteil am Gesamtumsatz im Bereich Wirtschaftsprüfung fast siebzig Prozent. Rund um den Globus verteilt arbeiteten mehr als siebenhundertfünfzigtausend Menschen für sie. Die drei waren erstaunlich jung für ihre Posten. Keiner von ihnen war älter als fünfundvierzig. Der Jüngste unter ihnen war Dorneburg mit einundvierzig Jahren.

Sie waren alle schlank, hochgewachsen, glattrasiert, gebräunt und teuer gekleidet. Als gäbe es irgendwo eine Farm, auf der man solche Manager züchtete. Auch ihr Geschäftsprinzip war identisch. Sie selbst bezeichneten sich als ein globales Netzwerk rechtlich selbstständiger und unabhängiger Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Unternehmensberatung. Sie berieten weltweit fast alle börsennotierten Unternehmen.

Und sehr viele Regierungen.

Deshalb saßen sie mir nun gegenüber.

Weil ich das zumindest in Deutschland ändern wollte.

Was ihnen überhaupt nicht gefiel.

Das zeigten auch ihre düsteren Mienen.

»Möchten die Herren einen Kaffee? Oder lieber Tee? Wir hätten auch noch etwas Gebäck im Haus.«

Sie tauschen kurze Blick aus und schüttelten unisono die Köpfe.

Ich hob den Telefonhörer ab und wählte die eins. Eine Ziffer, die mich direkt mit Frau Möller verband.

»Bitte vier Kaffee, etwas Tee und Gebäck. Ich nehme ein Bier.«

Ich lauschte ihrer Antwort.

»Ja, richtig. Das mit dem Bier war ein Scherz.«

Ich legte den Hörer wieder auf und lächelte die drei entschuldigend an. »Frau Möller und ich sind noch in der Kennenlernphase.«

»Herr Eichborn«, sagte Dorneburg. »Sie haben all unsere Verträge, die wir in mühsamer Kleinarbeit mit den jeweiligen Ministerien ausgehandelt haben, einfach so gekündigt. Wir wüssten gerne, warum.«

»Warum reden immer alle von Kündigungen? Ich habe die Verträge ausgesetzt.«

»Was einer Kündigung gleichkommt«, belehrte mich Schultheiß.

»Nicht da, wo ich herkomme«, entgegnete ich.

Die drei wechselten einen irritierten Blick.

Gut so.

»Warum haben Sie die Verträge … ausgesetzt?«, fragte mich Hauptmann.

»Weil es hier einen außerordentlichen Interessenskonflikt gibt«, antwortete ich. »Und ich bin mehr als überrascht, dass das bislang kein Thema gewesen ist.«

Dorneburg beugte sich vor. »Um was für einen Interessenskonflikt geht es?«

Ich sah ihn an. Erst jetzt bemerkte ich, was für extrem blaue Augen er hatte.

Blau und eiskalt.

Der Anblick jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Dorneburg war offenbar der Wortführer der drei. Und somit auch derjenige, der die Entscheidungen traf.

»Ich bin der nationale Sicherheitsberater der Bundesrepublik Deutschland. Hätte ich eine Stellenbeschreibung, würde darin stehen, dass meine Hauptaufgabe die Sicherstellung der nationalen Sicherheit ist. Und es ist mit dieser Aufgabe nicht vereinbar, dass externe Unternehmen Einblick in streng geheime Dokumente und Abläufe erhalten.«

»Sie wissen aber schon, dass wir deutsche Staatsbürger sind?«, wollte Dorneburg wissen.

»Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«, konterte ich.

»Herr Eichborn, ich bitte Sie …«

»Darüber hinaus haben wir Stillschweigeabkommen unterzeichnet«, fügte Hauptmann an.

»Sehr strenge Abkommen«, versicherte Schultheiß.

Ich schüttelte den Kopf. »Meine Herren, wollen Sie mich kollektiv verarschen?«

Schultheiß schnappte nach Luft.

Hauptmann verlor ein wenig Farbe im Gesicht.

Dorneburg lächelte. »Ein Freund klarer Worte«, stellte er fest.

»Unbedingt«, versicherte ich.

Die Temperatur im Raum sank merklich.

Dorneburg blickte mich lange prüfend an. »Ich vermute, wir erreichen hier heute keinen Kompromiss. Habe ich recht?«

»Ja.«

»Sie wissen, dass wir die Regierung auf Schadenersatz verklagen können, der in die Millionen gehen würde?«, vergewisserte er sich.

»Ja.«

Dorneburg stutzte. »Und das ist Ihnen egal?«

»Ja.«

Die drei wechselten einen kurzen Blick.

Dorneburg lehnte sich zurück. »Das wird teuer«, stellte er fest.

»Beide Seiten würden verlieren«, klärte ich ihn auf. »Wir verlieren Geld, sie verlieren jede Menge Kunden. Und Reputation.« Ich erhob mich, um so zu signalisieren, dass das Meeting vorbei war. »Ich denke sehr gut über meine nächsten Schritte nach und empfehle ihnen, das Gleiche zu tun.«

Nachdem die drei verschwunden waren, machte ich mich auf den Weg zum Büro des Kanzlers. Seine Vorzimmerdame, die garantiert in einer der Schubläden des Schreibtisches Handfeuerwaffen verstaut hatte, lächelte mir gönnerhaft zu und machte eine einladende Geste. Rainer erwartete mich also bereits.

Ich klopfte an die Tür und trat ein.

Er hob den Blick. »Und«, wollte er wissen. »Wie war’s?«

Ich ging zu seinem Schreibtisch und setzte mich. »Gruselig.«

»Ach ja?«

Ich dachte einen kleinen Moment nach. »Ich gehe jede Wette ein, dass dieser Dorneburg ganz genau weiß, was Sache ist. Er weiß, dass wir wissen, dass er mit seiner Firma hinter der Verschwörung steckt. Bei den anderen beiden bin ich mir nicht so sicher …«

Schranz nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. »Ich habe auch nachgedacht«, sagte er leise. »Wenn das, was Wittgenstein gesagt hat, zutrifft, dann geht diese Verschwörung bis ins Weiße Haus. Diese drei Geschäftsführer, die gerade bei dir waren, sind im Vergleich zu ihren Bossen, die die kompletten Konzerne steuern, ziemlich kleine Lichter. Glaubst du wirklich, dass sie die Verantwortlichen sind?«

»Mitverantwortlich oder nicht, ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Ich muss irgendwo anfangen. Und ich fange bei Dorneburg an.«

Caldera

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