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12 »Er weiß etwas. Da bin ich mir sicher.«

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Alexander Dorneburg

Alexander Dorneburg saß mit Schultheiß und Hauptmann an der Hotelbar. Sie redeten über das Gespräch mit Eichborn und was das für sie bedeuten würde.

Alles in allem recht unerfreuliche Konsequenzen.

Nicht existenzbedrohend, aber unerfreulich.

Dorneburg verabschiedete sich nach einer Stunde von seinen beiden Kollegen und zog sich auf seine Suite zurück. Er zog sich die Schuhe aus, öffnete den Zimmersafe und entnahm ihm ein modernes, abhörsicheres Telefon. Dann setzte er sich in den bequemen Sessel, zündete sich verbotenerweise eine Zigarette an und wählte. Es klickte in der Leitung und nach einem Augenblick ertönte das Freizeichen.

»Yes?«

»Ich bin’s. Das Gespräch mit diesem Eichborn lief erwartungsgemäß. Die Verträge liegen bis auf Weiteres auf Eis«, sagte Dorneburg im perfekten Englisch.

»Was zu erwarten war«, antwortete der Mann, der über siebentausend Kilometer Luftlinie in seinem Büro saß.

»Ja. Allerdings ist da noch etwas …«

»Und das wäre?«

»Nur so ein Gefühl. Aber ich glaube, er weiß, dass wir hinter den Anschlägen stecken.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Ich sagte ja, es ist ein Gefühl. Die Art, wie er sich verhalten hat. Wie er mich angesehen hat. Er weiß etwas. Da bin ich mir sicher.«

»Also hat Wittgenstein doch geredet.« Keine Frage, eine Feststellung.

»Davon sollten wir ausgehen, ja.«

Schweigen am anderen Ende.

Dann: »Was wollen Sie tun?«

»Ich muss darüber nachdenken.«

»Tun Sie das. Melden Sie sich, wenn Sie wissen, was getan werden muss.«

Sie beendeten das Gespräch. Dorneburg stand auf, ging ins Bad und spülte die Reste der Zigarette in der Toilette hinunter. Dann kehrte er in den Wohnbereich zurück, ließ sich im Schneidersitz auf den Teppichboden nieder, schloss die Augen und konzentrierte sich auf seine Atmung.

Langsam spürte er, wie er sich entspannte und immer ruhiger wurde.

Jetzt widmete er sich seinem Problem.

Dorneburg war davon überzeugt, dass es Eichborn gelungen war, Wittgenstein Informationen zu entlocken, bevor das Einsatzkommando ihn getötet hatte.

Erste Frage: Hatte Eichborn Beweise dafür, dass unter anderem er, Dorneburg, einer der Drahtzieher der Verschwörung war?

Antwort: Nein.

Begründung: Dorneburg war noch auf freiem Fuß.

Zweite Frage: Könnte es Eichborn gelingen, Beweise für seine Mittäterschaft zu finden?

Antwort: Schwer, aber nicht unmöglich.

Begründung: Eichborn müsste sich nur zu einer Person vorarbeiten, die diese Beweise hat. Und solche Personen gab es.

Dritte Frage: Könnte es Eichborn schaffen, so jemanden zu identifizieren, in seine Hände zu bekommen, zu befragen und so an Beweise zu kommen, die Dorneburg belasteten?

Antwort: Ja.

Begründung: Eichborn war durch seine neue Funktion in einer Position, in der alle Geheimdienste der Bundesrepublik ihm unterstanden. Darüber hinaus verfügte er in seiner Sicherheitsfirma über sehr, sehr gutes Personal. Und er besaß ein ausgezeichnetes Netzwerk aus Helfern und Informanten. Seine Arbeitsmethoden waren unkonventionell und überaus wirksam.

Gerade dieser Punkt machte ihn unberechenbar.

Und somit zu einem unkalkulierbaren Risiko.

Vierte Frage: Gab es eine Möglichkeit, Eichborn daran zu hindern, Beweise gegen ihn zu sammeln?

Antwort: Ja.

Möglichkeit eins: Er könnte versuchen, Eichborn auf seine Seite zu ziehen. Ihn zu kaufen. Erfolgsaussichten: Sehr gering.

Möglichkeit zwei: Er könnte Eichborn unter Druck setzen, indem er seine Familie ins Visier nahm. Das hatte Wittgenstein schon einmal versucht. Viel gebracht hatte es nicht, da Eichborn in seiner ihm eigenen Art zu unkonventionellen Gegenmitteln gegriffen hatte. Unkonventionell, aber überaus effektiv.

Erfolgsaussichten: Sehr gering.

Möglichkeit drei. Eichborns Ruf ruinieren.

Wenn es Dorneburg gelang, Eichborn dermaßen zu diskreditieren, dass seine Glaubwürdigkeit irreparablen Schaden nehmen würde, so könnte dies sein Problem lösen. Es könnte dazu führen, dass niemand dem Glauben schenken würde, was er sagte.

Etwas viel Konjunktiv …

Erfolgsaussichten: Dorneburg schätzte die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Negativkampagne gegen Eichborn auf etwa sechzig Prozent. Nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend gut.

Möglichkeit vier: Eichborn töten. Kein Eichborn, keine Beweise. Kein Problem.

Erfolgsaussichten: Besser als sechzig Prozent.

Aber was würde nach Eichborn kommen?

Sein Team ganz gewiss.

Könnte er auch diese Personen ausschalten?

Natürlich.

Riskant, aber machbar.

Tabula rasa.

Ursprünglich beschrieb dieser Ausdruck eine mit Wachs überzogene Schreibtafel, die durch Abschaben der Schrift geglättet wurde und somit wie ein leeres Blatt neu beschrieben werden konnte. In anderen Zusammenhängen war damit aber auch ein radikaler Neuanfang gemeint.

Dorneburg ließ diesen Gedanken lange Zeit auf sich wirken.

Schließlich erhob er sich langsam und streckte sich wie eine Katze. Er ging zum Schreibtisch, startete den Computer und öffnete den Internetbrowser.

Als er online war, klickte er auf ein Symbol, das eine brennende Flagge zeigte, die sich träge im Wind bewegte.

Wenige Augenblicke später hörte er die Begrüßung aus dem Lautsprecher.

»Willkommen in ›World War III‹, Aragon. Wähle deine Optionen.«

Sofort poppten mehrere kleine Fenster auf, die langsam blinkten.

Kameraden, die online sind

Besondere Vorkommnisse

Admin-Rechte

Dorneburg wählte die erste Option.

Sofort konnte er sehen, dass Jonathan bereit war.

Er wählte Admin-Rechte.

Jetzt konnte er in dem Onlinespiel in jedes verfügbare Level reisen, ohne sich den Weg freischießen zu müssen. Auch die verborgenen Bereiche waren nun für Dorneburg zugänglich. Das Wichtigste aber war, dass er jetzt mit jeder Person, die über ähnliche Zugangsberechtigungen verfügte wie er, kommunizieren konnte, ohne dass sie Gefahr liefen, abgehört zu werden.

Den Bormann-Brüdern sei Dank.

Dorneburgs Avatar trug Tarnkleidung für den Wüstenkampf und war schwer bewaffnet.

Er bewegte sich schnell durch die zerbombten Überreste einer Stadt.

Vor einer zerstörten Kirche blieb er stehen.

Davor stand ein Mann, der eine Zigarette rauchte.

»Hallo, Jonathan«, begrüßte Dorneburg den Mann.

Der drehte sich langsam herum und blickte Dorneburg aus zusammengekniffenen Augen an. Die Zigarette klebte lässig im Mundwinkel. »Kennen wir uns?«, wollte er wissen und der Lauf seine Maschinenpistole richtete sich auf Dorneburgs Oberkörper.

Dessen Avatar lächelte. »Semper fi.«

Jonathans Avatar entspannte sich und er senkte die MP. »Hallo, Herr Dorneburg.«

»Jonathan, ich habe einen Auftrag für Sie.«

Caldera

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