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Die Sitzung der Ermittler hatte nicht lange gedauert. Das war zwar gut für Frau Köster, weil das Protokoll entsprechend knapp ausfallen konnte, aber natürlich kein gutes Zeichen für das Fortkommen der Ermittlungen. Es gab weder neue, berichtenswerte Erkenntnisse, noch neue Ansatzpunkte. Die einzelnen Dezernatsmitglieder, mit Ausnahme von Hauptkommissar Strecker, berichteten kurz von ihren Aktivitäten am Vortag und den nächsten, anstehenden Schritten, aber wirklich hilfreich waren die jeweiligen Informationen für die Kollegen nicht. Immerhin war auch Dr. Brick anwesend, sodass Strecker nun alle seine neuen Kollegen kannte. Dr. Brick schien zu dem eher unscheinbaren Teil der Menschheit zu gehören. Klein, schmächtig, die Frisur kurz, braun und unspektakulär, genauso wie sein gesamtes Auftreten. Daran konnte auch die antiquiert erscheinende randlose Brille mit runden Gläsern, die eher an eine misslungene Bastelarbeit eines Oberschülers, denn an ein modisches Accessoire erinnerte, nichts ändern. Hätte Frau Köster Dr. Brick und HK Strecker nicht explizit miteinander bekannt gemacht, hätte letztgenannter ihn wahrscheinlich geflissentlich übersehen.

„Okay“, resümierte Hauptkommissar Faber sichtbar resigniert. „Erkennbare Fortschritte haben wir gestern wohl nicht gemacht. Also weiter wie besprochen. Herr Marten, Sie unterstützen unseren neuen Kollegen Strecker. Ab morgen soll er einsatzfähig sein. Dazu muss er alles wissen, was wir bisher wissen. Fragen?“

Wie gewöhnlich schien Faber keine zu erwarten, denn unmittelbar darauf stand er auf, schob seinen Stuhl an den Tisch und verließ den Besprechungsraum. Die übrigen Kollegen folgten seinem Beispiel, sodass wieder nur Kommissar Marten und Hauptkommissar Strecker im Raum zurückblieben.

„Gehen wir in Ihr Büro?“, fragte Marten. „Dann können wir für Sie hilfreiche Informationen gleich an Ihrem Arbeitsplatz platzieren.“

„Einverstanden“, antwortete der Hauptkommissar. „Wenn es Ihnen Recht ist, möchte ich vorher noch der Kantine einen kurzen Besuch abstatten. Ich bin noch nicht zum Frühstücken gekommen. Und das soll angeblich ja die wichtigste Mahlzeit des Tages sein. Treffen wir uns doch in 30 Minuten bei mir im Büro.“

Strecker war schon da, als Kommissar Marten gegen 10:00 Uhr an der Bürotür von 1.07 klopfte. Eine Minute später saß Marten dort, wo vor gut einer Stunde noch Frau Köster gesessen hatte.

„Warum ist das überhaupt ein Fall? Und warum ist das ein Fall für uns?“ Mit diesen Fragen begann der Hauptkommissar das Gespräch.

„Gute Fragen“, entgegnete Marten. „Lassen Sie mich zuerst die erste Frage etwas pauschal beantworten. Ob bzw. dass das ein einziger Fall ist, wissen wir noch nicht, vermuten es aber. Wie Sie den Akten vielleicht schon entnommen haben, wurden in den vergangenen Monaten mehrere Taten von unterschiedlichen Behörden verfolgt. Die Erkenntnis oder um genau zu sein, muss ich eigentlich sagen, die Vermutung, dass die Dinge zusammenhängen, ergab sich erst in der letzten Woche. Durch eine Vermisstenmeldung aus Köln. Die Mutter eines 16-jährigen Schülers namens Marc Johann hatte eine Vermisstenanzeige erstattet. Der Junge hatte am späten Nachmittag des 15.11., einem Mittwoch, das Haus verlassen und war abends nicht nach Hause gekommen. Seine Mutter hatte noch am späten Abend damit begonnen in seinem Freundeskreis herumzutelefonieren. Sie konnte seinen Aufenthaltsort aber nicht ermitteln. Dabei erfuhr sie allerdings, dass ihr Sohn bereits seit längerem den Kontakt mit seinen früheren Freunden nahezu eingestellt hatte. Als der Junge am nächsten Morgen immer noch nicht zu Hause war, hat sie im nächsten Revier in der Stolkgasse eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Die Familie wohnt in der Allerheiligenstraße im Kunibertsviertel. Die Gegend kennen Sie ja. Unsere Kollegen haben dann in der Schule angerufen und die Einlieferungen in die Kölner Krankenhäuser gecheckt. Aber keine Spur von dem Jungen gefunden. Am Nachmittag haben dann zwei Kollegen von der Kripo die Eltern aufgesucht. Bei der Gelegenheit hatte die Mutter erwähnt, dass der Junge in der letzten Zeit ständig vor seinem Computer herumgehangen hatte. Daraufhin haben die Kollegen die Eltern gebeten, ihnen den Computer mitzugeben. Und dessen Auswertung hat uns dann in das Spiel gebracht. Denn auf dem Computer hatten die Kollegen von der Kriminaltechnik in Köln Informationen gefunden, hauptsächlich in Form von Screenshots und Chatprotokollen auf denen unsere Theorie fußt. Demnach vermuten wir, dass der Junge Mitglied irgendeiner Sekte oder so etwas war, die sich als sogenannte Gemeinschaft von Assassinen bezeichnet. Wohl in Anlehnung an ein beliebtes Computerspiel namens „Assassin’s Creed“. Davon gibt es schon etliche Fortsetzungen. Dabei geht es darum, dass die Spieler spezielle Missionen erfüllen müssen, häufig geht es sogar darum gezielt Anschläge oder Morde durchzuführen. Natürlich sind die Spieler die Guten und die Anschlagsziele die Bösen. Irgend jemand hat dieses Prinzip mutmaßlich in die Realität transportiert. Offenbar heuert er über das Internet Spieler an, manipuliert sie und stiftet sie an, bestimmte Straftaten zu begehen. Und um die Gemeinschaft zu unterstreichen, tragen sie eine Art Uniform. Graue Kapuzenpullis. Und das brachte uns auf den Zusammenhang, denn es gab eine Vielzahl von Meldungen über in der jüngeren Vergangenheit verübte Straftaten, bei denen die Täter graue Kapuzenpullis getragen hatten. Und damit wurde es unser Fall.“

„Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder?“, fragte Strecker nach.

„Leider ja. Wir haben mittlerweile mehr als ein Dutzend Straftaten, hinter denen wir diese Gemeinschaft vermuten. Hauptsächlich Überfälle, aber auch Erpressungen und sogar einen Mordanschlag. Unsere Indizienlage ist noch dürftig, eigentlich haben wir nur die Kapuzenpullis als Bindeglied, aber wir sind uns relativ sicher, dass wir es hier mit einer größeren Sache zu tun haben.“

„Und was ist mit dem verschwundenen Jungen?“, wollte Strecker wissen.

„Der ist wie vom Erdboden verschluckt. Soweit wir den auf dem Computer gespeicherten Informationen entnehmen konnten, sollte er an dem Abend, an dem er verschwand, an einer Mission teilnehmen. Worum es sich dabei handelte, haben wir bisher nicht herauskriegen können. Nur, dass er sich um 19:00 Uhr an dem Abend am Ebertplatz einfinden sollte. Und dass er den Kapuzenpulli tragen sollte.“

„Das heißt, irgendjemand rekrutiert Verbrecher über das Internet? Wie soll das denn gehen?“, fragte der Hauptkommissar.

„Nun, Rekrutierung über das Internet ist heutzutage absolut üblich“, erläuterte Kommissar Marten. „Firmen und Bewerber kontaktieren sich über das Internet, tauschen Informationen aus. Entweder über spezielle dafür errichtete Webseiten der Unternehmen oder indem typische Bewerbungsunterlagen per E-Mail versendet werden. Selbst viele Bewerbungsgespräche finden dann online statt. Das spart den Unternehmen viele Kosten ein, die sie sonst für die Reisen der Bewerber bezahlen müssten.“

„Aber das ist doch was ganz anderes. Da stellen Firmen Anzeigen in das Internet und die Bewerber suchen danach und bewerben sich. In unserem Fall hat doch aber wohl niemand eine Anzeige in das Netz gestellt und nach Freiwilligen gesucht, die Straftäter werden wollen?“, protestierte Strecker.

„Nein, aber gegeben hat es auch das schon“, antwortete Marten. „Der IS zum Beispiel betreibt eine Menge von Webseiten auf denen er sich präsentiert, teilweise mit aufwendig gemachten Filmen, und über die er Kontaktmöglichkeiten propagiert. Viele Dschihadisten wurden auf diese Art und Weise angeworben und mobilisiert. Natürlich laufen verstärkende Maßnahmen durch telefonische oder persönliche Kontakte, aber viele Erstkontakte wurden auf diese Art und Weise generiert. Unser Täter hatte noch bessere Gelegenheiten. Viele Onlinespiele werden durch Chatmöglichkeiten unterstützt. Dabei können Spieler während des Spiels miteinander kommunizieren. Das ist teilweise sogar für den Spielablauf nötig. Bei vielen Spielen kann oder muss man Allianzen bilden, um Gegner mit anderen Spielern gemeinsam bekämpfen zu können. Dazu muss man kommunizieren. Idealerweise über Chaträume, die während des Spiels von den Spielern benutzt werden. Die Spieler kennen sich natürlich nicht mit ihren richtigen Namen, sondern sprechen mit oder über ihre Avatare, also die Rollen, die sie im Spiel einnehmen. Wir vermuten, dass der Kopf der Bande so seine Kandidaten gefunden hat. Indem er sie während der Rollenspiele kontaktierte, sie zum Beispiel lobte, auf mehr neugierig machte und in seinen Bann zog.“

„Und was wissen wir bis jetzt über diesen Kopf?“

„Das ist das einzige was wir genau wissen. Nämlich nichts. Wir haben die Aufzeichnungen von dem verschwundenen Jungen. Er nennt ihn Meister. Kommuniziert wurde über Websites oder Chaträume im Darknet. Die Seiten oder Räume existieren längst nicht mehr. Alles was wir haben, sind die Screenshots. Dass wir die haben, weiß der Meister hoffentlich nicht. Und wenn, dürfte er sich mächtig ärgern. Denn ohne die abgespeicherten Bildschirminhalte hätten wir keine Spur, wüssten nichts über seine Existenz und sein, sagen wir mal, Geschäftsmodell.“

„Gibt es beim Hersteller dieses Spiels keine Aufzeichnungen mehr?“, fragte Strecker nach.

„Natürlich haben wir dort angefragt. Eine Antwort steht noch aus. Aber der Junge hat mehrere derartige Spiele gespielt. Das hat die Auswertung der Screenshots ergeben. Die stammen von verschiedenen Herstellern, größtenteils handelt es sich dabei um amerikanische Firmen. Und bei entsprechenden Nachfragen in der Vergangenheit haben wir ja erfahren, wie viel Hoffnungen wir da auf brauchbare Antworten setzen können. ‚Assassin’s Creed‘ habe ich nur als Beispiel aufgeführt, weil es eines der bekannteren Spiele ist und so gut zum Vorgehen des Täters passt.“

„Was hat die Auswertung der früheren Fälle ergeben?“, war Streckers nächste Frage.

„Auch nichts. Unsere Kollegen haben die Fälle tagelang miteinander verglichen. Nach Vorgehen, Zeitabläufen, Zielgruppen, Größe. Was weiß ich nicht alles. Aber nichts. Der einzige Zusammenhang sind die grauen Kapuzenpullis der Täter. Aber vielleicht finden Sie ja etwas. Ich bitte Sie, sich die Fälle im Nachgang zu unserem Gespräch anzusehen. Sie finden die Dokumentationen in der Fallakte. Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben, würde ich Sie nun gerne allein lassen. Mit der Fallakte. Wir haben um 16:00 Uhr nochmals eine kurze Besprechung. Falls noch Fragen aufkommen, können Sie die dann stellen. Oder einfach vorher bei mir vorbeischauen.“

Assassin's Breed

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