Читать книгу Assassin's Breed - Veit Beck - Страница 6

2.

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Er erinnerte sich nur lückenhaft. In dem Trubel war er von den anderen getrennt worden. Plötzlich war er allein gewesen, inmitten des Chaos, das sie angerichtet hatten. Bei jedem Schritt knirschte das Glas unter seinen Füßen, vor jedem Schritt musste man aufpassen, um nicht über einen umgestoßenen Tisch oder Stuhl zu stolpern. Das alles machte seine Flucht noch schwieriger. Das Ausweichen machte ihn langsamer und das Knirschen leichter auffindbar. Zwar waren die meisten Lampen zerstört worden, doch das restliche Licht hatte ausgereicht, um zusammen mit dem Geräusch jeden Schrittes, den Verfolgern ein deutliches Ziel zu bieten. Und auch er hatte sie deutlich erkennen können. Sie förmlich spüren können, wie sie ihm im Genick saßen, näher gekommen waren und etwas in ihm hervorgerufen hatten, was er nicht erwartet hatte, was er nicht hatte zulassen wollen. Er hatte Angst gehabt. Ob ihn die Angst abgelenkt hatte oder er sich einfach zu lange umgedreht hatte, daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Daran, dass er völlig unvorbereitet in etwas Weiches gelaufen war, daran erinnerte er sich aber noch sehr genau. An mehr allerdings nicht, denn gleich darauf war es dunkel geworden, stockdunkel. Jedes Gefühl war weg gewesen, auch die Angst.

Jetzt war sie aber wieder da. Die Angst. Obwohl es sich für ihn nicht geziemte. Nicht für einen seines Standes, für einen seiner Position. Angst kann man bekämpfen, Angst kann man besiegen, Angst muss man besiegen. Das hatte man ihn gelehrt. Und er hatte das geglaubt, er hatte es geschafft. Auch daran hatte er geglaubt. Aber offenbar hatte er sich geirrt. Das wusste er jetzt, wo er allein war mit seiner Angst in der Dunkelheit. Er fror, saß irgendwie fixiert auf einem Stuhl, konnte die Füße und die Hände nicht bewegen. Sein Hintern schmerzte, im Schritt war es feucht. Hoffentlich hatte er sich nicht eingenässt. So war er aufgewacht, so wartete er nun bereits seit einer Ewigkeit in der Dunkelheit, die Stille nur unterbrochen von seinem Schluchzen und seinen Atemgeräuschen. Gut, dass ihn sein Meister und seine Kameraden nicht sahen. Sie hätten sich noch mehr für ihn geschämt, als er sich seiner selbst schämte.

Was war das? Das Krächzen der sich öffnenden Tür riss ihn aus seinen Gedanken. Er hob den Kopf, Hoffnung flammte auf, um gleich wieder zu erlöschen, als er sah, wie sich eine Gestalt im Türrahmen aufbaute. Sie war, gegen das aus dem Raum hinter der Tür scheinenden Licht, zwar nur als Schatten zu erkennen, aber dass sie eine Art Kapuze trug, war deutlich genug zu sehen. Das war kein Retter, das war eine Bedrohung. Die Hoffnung war wieder weg, die Angst hatte sie verdrängt, denn die war wieder da.

„Na? Aufgewacht?“, rief die Gestalt, während sie den Raum betrat und sich kurz nach rechts wandte. Unmittelbar darauf begann ein Flackern an der Decke, dass sich schnell in ein grelles Licht verwandelte. Unwillkürlich musste er, geblendet von der plötzlichen Helligkeit, die Augen schließen. Als er sie nur wenige Sekunden später wieder öffnete, immer noch gegen die Helligkeit anblinzelnd, stand die Gestalt auch schon vor ihm. Und zwei weitere Maskierte, die unbemerkt von ihm ebenfalls in den Raum gekommen waren.

Er fühlte sich bedroht, wagte es nicht den Maskierten in die Augen zu sehen, sondern blinzelte, den Kopf gesenkt nach links und rechts. Der Raum schien fensterlos, die Wände kahl und leer, lediglich rechts von ihm war ein Regal an der Wand befestigt, unter dem ein langer Tisch längs an der Wand stand. Als sein Blick zurückkehrte, auf den Boden unmittelbar vor seinen Füßen, registrierte er noch, dass seine Arme an den Handgelenken an die Stuhllehne gefesselt waren. Seine Fußgelenke konnte er nicht sehen, er wusste aber auch so, dass sie wohl an den Stuhlbeinen fixiert waren. Seine erfolglosen Versuche Hände und Füße zu bewegen, bestätigten seine Eindrücke und Vermutungen.

Plötzlich verspürte er eine Berührung. Den Druck einer Fingerspitze unter seinem Kinn. Zuerst ganz leicht, dann fester, sodass er schließlich gezwungen war den Kopf zu heben und die vor ihm stehende Gestalt anzublicken.

„Bist Du denn gar nicht neugierig?“, fragte die Gestalt, als sie Augenkontakt hatten. Das war gar keine Frage, jedenfalls wartete der vermummte Mann keine Antwort ab, bevor er fortfuhr. „Wir sind neugierig. Darauf, was Du uns jetzt gleich erzählen wirst. Insbesondere interessieren wir uns dafür, wer Dich überredet hat unseren Club zu überfallen. Und warum Ihr das gemacht habt? Und natürlich wollen wir auch wissen, wer die anderen waren. Willst Du uns das erzählen?“

„Nein“, antwortete er. Nicht leise, sondern überraschend fest und deutlich, allerdings begleitet von einem kräftigen Schlucken.

„Nein?“, fragte der Maskierte überrascht nach. Wegen der Maske konnte man sein Lächeln nicht erkennen, aber alle im Raum schienen es zu spüren. „Nein?“, wiederholte der Mann, wobei er sich zu den anderen Maskierten umdrehte und die Arme in die Höhe hob.

Für einen Moment war er stolz auf sich. Das hätte ihm niemand zugetraut, das hätte er sich selbst nicht zugetraut. Sein Meister wäre stolz auf ihn.

Doch das Gefühl war kurz, denn als die drei Maskierten in Gelächter ausbrachen, kamen ihm Zweifel. Ob Stolz die richtige Reaktion und ob „Nein“ die richtige Antwort gewesen war.

„Das ist gut. Das ist sehr gut“, antwortete der Maskierte. „Denn darauf sind wir vorbereitet. Nicht wahr?“ Bei dieser Bemerkung drehte er sich wieder zu seinen beiden Kumpanen um, wobei er einem von den beiden leicht zunickte. Dieser setzte sich in Bewegung und ging zwei bis drei Schritte, bis er den Tisch unter dem Regal erreichte und sich an einem kleinen Kasten zu schaffen machte.

Erst jetzt bemerkte er ein Kneifen an seinen Brustwarzen. Und die Kabel, die zu dem Kästchen führten. Aber bevor er weiter darüber nachdenken konnte, riss ihn ein jäher Schmerz aus allen Gedanken. Er bäumte sich auf, soweit die Fixierung seiner Glieder dies zuließ. Als der Schmerz langsam abebbte, bemerkte er Blut in seinem Mund. Und Schmerzen. Er hatte sich auf die Zunge gebissen.

„Stopp!“, rief der direkt vor ihm stehende Maskierte. „Wir müssen noch einige Vorkehrungen treffen. Ohne Zunge kann er uns nichts mehr sagen. Und er wird uns viel erzählen wollen. Mehr als uns interessieren wird.“

Wieder wurde er am Kopf gepackt, sein Kopf nach oben gedrückt und sein Mund durch einen leichten Druck auf seine Wangenknochen geöffnet. Bevor er etwas sagen konnte und er wollte eigentlich unbedingt etwas sagen, spürte er schon, wie etwas Weiches in seinen Mund geschoben wurde. Reflexartig versuchte er das Material auszuspucken, hatte aber keinen Erfolg, weil sich irgendetwas gegen seinen Mund presste.

Der Maskierte hielt seine linke Hand über den Mund des Gefangenen, während er mit seiner rechten fordernd in Richtung seiner Kumpanen wedelte. Es dauerte nur Augenblicke, bis ihm der noch hinter ihm stehende Kumpan eine Krawatte in die freie Hand drückte. Diese fixierte der Maskierte geschickt über dem Mund seines Opfers, sodass dieses nicht in der Lage war, das in seinem Mund befindliche Material auszuspucken.

Noch während das Opfer darüber nachdachte, wie er denn mit dem Knebel im Mund die Fragen beantworten sollte, bekam er auch schon die Erklärung.

„Dann wollen wir Dich mal ermutigen uns auch wirklich alles zu erzählen. Ich hoffe, Du hast Dir die Fragen gemerkt. Ich gehe vor die Tür und rauche eine Zigarette. Währenddessen leisten Dir meine beiden Freunde hier Gesellschaft und verschaffen Dir die nötige Energie.“

Bei diesem Wort hielt der am Tisch stehende Maskierte den Kontakt an die auf dem Tisch stehende Autobatterie.

Assassin's Breed

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