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15.

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„Sie?“, fragte Hauptkommissar Strecker verdutzt nach. Ihren Anruf hatte er wahrlich nicht erwartet. „Sie werden doch keine Sehnsucht nach mir haben? Oder vielleicht doch?“

„Nicht direkt, aber sehen würde ich Sie trotzdem gerne“, war ihre Antwort. „Bitte kommen Sie umgehend nach Köln. In die Allerheiligenstraße, in die Wohnung der Familie Johann. Dort ist eingebrochen worden. Und ich dachte, das würde Sie interessieren. Auch, wenn das ja nun nicht mehr Ihr Revier ist.“

„Aber Ihres oder was?“, war seine schnippische Antwort.

„Das erkläre ich Ihnen besser hier vor Ort. Kann ich mit Ihnen rechnen?“, fragte sie nach.

„Ich bin so gut wie unterwegs. Bis gleich.“ Er beendete das Gespräch, erhob sich, griff sich seinen Mantel und verließ beinahe fluchtartig das Büro. Er war eigentlich schon an der Tür des Sekretariats vorbei, als er nochmals kehrtmachte, anklopfte und den Kopf zur Tür hindurch streckte. „Ich bin zu einem Außentermin nach Köln. In die Wohnung Johann. Ich denke nicht, dass ich heute nochmals in die Zentrale zurückkomme. Wenn was sein sollte, ich bin telefonisch erreichbar. Bitte entschuldigen Sie mich bei den Kollegen in der Nachmittagskonferenz.“

Bevor Frau Köster eine Chance zu antworten hatte, war die Tür wieder zu.

Eine knappe Stunde später kutschierte Strecker seinen Dienstwagen durch das Kunibertsviertel. Er hatte den Stadtverkehr vermieden, war rechtsrheinisch über die Flughafenautobahn nach Köln gefahren und den Rhein über die Severinsbrücke überquert. Dann war er über die Nord-Süd-Fahrt Richtung Ebertplatz gefahren und kurz vorher in das Viertel abgebogen. Hoffnung auf einen dem Ziel nahen Parkplatz hatte er nicht, aber er hatte noch nie ein Problem damit gehabt, in der zweiten Reihe zu parken. Das war in der Allerheiligenstraße aber auch wirklich kein Problem, denn es war eine Sackgasse. Und die war durch zahlreiche Einsatzfahrzeuge ohnehin schon verstopft. Der Hauptkommissar parkte seinen Wagen hinter dem Pulk, stieg aus, hielt einem ihm eifrig entgegeneilenden Schutzpolizisten seinen Dienstausweis vor das Gesicht und betrat durch die geöffnete Tür den Hausflur. Sie stand in der Wohnungstür im 1. Stock, zwar mit dem Gesicht in Richtung Wohnung, aber er erkannte sie auch von hinten. „Frau Garber. Was treibt eine Düsseldorferin nach Köln?“, fragte der Neuankömmling.

„Gehen wir kurz nach oben. Da können wir uns in Ruhe unterhalten. Ich würde Ihnen gerne einige Informationen geben, bevor wir uns mit dem Einbruch beschäftigen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass Ihr Chef Sie informiert, aber …“

„Machen Sie es nicht so spannend“, unterbrach sie der Hauptkommissar. „Kommen Sie auf den Punkt.“

„Ich bin Ihre Nachfolgerin.“

Das kam unerwartet. Ganz genau erinnerte sie sich noch an ihre erste Begegnung, an ihren Disput, wie sie ihn vor versammelter Mannschaft, vor seinen Kollegen, zurechtgewiesen hatte. Damals in Bonn. Zwar hatte sich ihr Verhältnis danach entspannt, aber eine echte Partnerschaft hatte sich nicht entwickelt. Und nun hatte sie seinen Posten übernommen. Sie gab ihm einige Sekunden die Nachricht zu verdauen, bevor sie versuchte, ihm mit einer Erklärung zu helfen.

„Sie wissen ja, wie schwierig es für uns ist, neben dem Beruf ein privates Umfeld zu behalten. Und für Bundes- oder Landesbeamte ist das noch schwieriger, weil sie auch noch ständig unterwegs sind. Deshalb trug ich mich schon länger mit dem Gedanken, mir eine Stelle zu suchen, die mit weniger Reisetätigkeit verbunden ist. Als ich gehört habe, dass Ihre Stelle frei wird, habe ich Kriminalrat Brandt angerufen. Er kannte mich ja bereits vom Fatebug-Fall. Und jetzt bin ich hier.“

„Da hat der Kollege Brandt aber wirklich einen guten Griff getan“, returnierte Strecker. „Nein wirklich“, setzte er nach, als er ihren fragenden Blick sah. „Dass ich wegmusste, hat mir der Brandt ja klargemacht. Und im Nachhinein bin ich ihm dankbar. Ich war unzufrieden, mit der Situation und mit mir. Die Veränderung sehe ich als echte Chance. Und wenn eine …“, fuhr er mit einem Augenzwinkern fort, „die Lücke schließen kann, die ich hinterlassen habe, dann Sie. Und außerdem: Köln ist …“ Er stockte einen Moment. „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, gehen wir jetzt an die Arbeit.“

„Ja. Köln ist gerade für mich die richtige Stadt. Jedenfalls musst Du das denken“, dachte sie sich, drehte sich um und ging die Treppe herunter in den ersten Stock. Der Strecker, den sie von früher kannte, hätte den Rest des Satzes nicht verschluckt.

Die Wohnung bot das übliche Bild der Verwüstung. Typisch für einen Einbruch, bei dem die Täter etwas suchten, aber nicht oder zumindest nicht gleich fanden. Sie hatten sich nicht damit zufriedengegeben, die Wohnung zu durchsuchen, sondern sie hatten sie völlig zerlegt. Schränke waren umgerissen, Schubladen und Wände zertrümmert, Polster aufgeschlitzt und ausgeweidet, selbst Herd und Kühlschrank hatten sie nicht verschont.

„Was haben die wohl gesucht?“, fragte Hauptkommissarin Garber.

„Etwas, was sie nicht finden konnten. Weil wir es haben“, antwortete Strecker. „Einen Laptop.“

„Wer hat den Einbruch gemeldet?“, wollte der Hauptkommissar wissen.

„Der Vater des vermissten Jungen. Werner Johann. Er ist gegen 11:00 Uhr von einer Dienstreise zurückgekommen. Er musste außerplanmäßig die Nacht in München verbringen, weil er seinen Flug verpasst hatte. Dienstreisen nach München sind nichts Außergewöhnliches, sein Arbeitgeber hat dort seine Zentrale. Herr Johann wollte eigentlich nur schnell seine Sachen wechseln, um dann in der Kölner Geschäftsstelle seines Arbeitgebers weiterzuarbeiten. Die ist ganz hier in der Nähe, in der Domstraße.

Als er zu seiner Wohnung kam, fand er dieses Chaos vor und hat die Polizei alarmiert.“

„Kann ich ihn sprechen?“, fragte der Hauptkommissar.

„Das ist im Moment schlecht. Er steht unter Schock. Wir mussten ihn ins Krankenhaus einliefern lassen, da er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte.“

„Dann fahre ich in das Krankenhaus. Wohin hat man ihn gebracht?“

„Ich begleite Sie gleich. Aber erst einmal muss ich mich hier kurz umsehen“, antwortete Frau Garber.

„Was wollen wir noch hier? Ist das hier nicht eher ein Platz für die Spurensicherung?“

„Schon, aber ich versuche noch Anhaltspunkte und Erklärungen für eine andere Sache zu finden. Wahrscheinlich die eigentliche Ursache für den Zusammenbruch von Herrn Johann. Seine Frau ist unauffindbar. Sie hätte zu Hause sein müssen. Er war schon den ganzen Morgen in Sorge, da seine Frau nicht auf seine Anrufe reagiert hatte. Deshalb ist er vom Flughafen auch gleich in die Wohnung gefahren. Als er das Chaos dort sah, hat er die 110 angerufen. Er hat dann die Wohnung durchsucht, aber keine Spur von seiner Frau gefunden. Die Streife war gerade eingetroffen, als er versuchte seine Frau auf ihrem Handy anzurufen. Und als es plötzlich in der Wohnung klingelte, ist er zusammengeklappt. Die Kollegen haben dann den Notarzt alarmiert, sich um den Mann gekümmert und uns alarmiert.“

„Sie vermuten, die Einbrecher haben die Frau mitgenommen?“, fragte der Hauptkommissar.

„Eine andere Erklärung habe ich im Moment nicht. Sie hätte zu Hause sein müssen und soweit wir bis dato wissen, hätte sie auch gestern Abend bzw. in der Nacht hier sein müssen. Und wenn sie bei dem Einbruch zu Hause war und jetzt unauffindbar ist, ist eine Entführung die wahrscheinlichste Erklärung“, sagte die Hauptkommissarin Garber.

„Das klingt nicht gut“, resümierte Strecker.

„Und deshalb müssen wir schleunigst ein Foto von ihr finden. Und sie zur Fahndung ausschreiben. Kommen Sie, helfen Sie mir suchen. Hier brauchen wir kaum Angst zu haben, dass wir Spuren verwischen könnten.“

Ein Foto hatten sie schnell gefunden. Aber sonst fanden sie nichts. Zumindest nichts Brauchbares.

„Fahren wir in das Krankenhaus. Vielleicht kann uns der Ehemann noch einige Hinweise geben. Oder zumindest uns die Aktualität des Fotos bestätigen“, schlug Strecker vor.

„Er liegt im Elisabethkrankenhaus. Das ist gleich …“

„Ich kenne mich hier aus“, unterbrach Strecker die Hauptkommissarin. „Wir treffen uns dort im Foyer.“ Dann war er auch schon weg.

Der Besuch war nicht ganz ergebnislos. Zumindest konnte Herr Johann bestätigen, dass das Foto seiner Frau einigermaßen aktuell war. Für diese magere Information hatten sie viel kämpfen müssen, denn die Ärzte wollten ihren Patienten völlig abschirmen, wollten absolut keinen Kontakt zulassen. Doch letztlich hatte Hauptkommissarin Garber den Stationsarzt überzeugen können, dass es für die Fahndung und wahrscheinlich das Überleben der Frau wichtig war, dass sie ihm zumindest das Foto zeigen konnten. Leider sollte der Arzt Recht behalten. Herr Johann schaffte es zwar noch, sich das Foto anzusehen, doch unmittelbar nach seinem auf die Frage der Hauptkommissarin folgenden Nicken, begannen die Monitore, mit denen sein Gesundheitszustand überwacht wurde, beinahe verrückt zu spielen. Noch während er eine Beruhigungsspritze aufzog, komplimentierte der Arzt sie aus dem Krankenzimmer.

„Ich fahre nochmals zurück zum Tatort“, sagte Frau Garber. „Vielleicht haben die Kollegen von der Spurensicherung ja noch etwas gefunden.“

„Kommen Sie doch morgen früh nach Meckenheim. Zum BKA“, schlug Strecker vor. „Dann können Sie uns gleich auf den aktuellen Stand bringen. Und wir können die Fahndungsmaßnahmen koordinieren.“

„Zum BKA?“, fragte die Hauptkommissarin unsicher zurück.

„Ja. Nach Meckenheim. Das kennen Sie doch. Bis morgen“, schloss Strecker, drehte sich um und ging, ohne zu ahnen, was er angerichtet hatte.

Assassin's Breed

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