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Über den Boden

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Pflanzen wurzeln im Boden. Das ist zunächst nichts Neues. Doch wie intensiv Pflanzen den Boden bewurzeln, wie intensiv ihr Austausch mit dem „Organismus Boden“ ist, das ist entscheidend für ein gesundes und frohes Wachstum, gerade im biologischen Hausgarten. Im Verständnis des biologischen Landbaus ist der Boden nicht einfach nur ein Standort. Die Beschaffenheit des Bodens, seine Eigenschaften, sei es die über viele Jahrhunderte und Jahrtausende entstandene Bodenart, aber auch Eigenschaften, die wir als Gärtnerinnen und Gärtner durch unsere Kulturmaßnahmen direkt herstellen, all dies beeinflusst das Gedeihen der Kulturpflanzen. Boden und Pflanzen stehen in einer engen Beziehung. Aus diesem Grund ist dem Thema Boden und der Pflege des Bodens in diesem Buch ein umfangreiches Kapitel gewidmet.

Vielerorts gehen Böden verloren: Sie werden versiegelt, zu Straßen und Bauland umgewandelt. Auch in der konventionellen Landwirtschaft gehen Böden verloren. In den letzten 50 Jahren – seit die Intensivlandwirtschaft großflächig Einzug gehalten hat – ist weltweit rund ein Drittel der fruchtbaren Ackerböden verloren gegangen. Seit der weltweiten Einführung des Kunstdüngers vor ca. 50 Jahren sind die Humusgehalte in den Ackerböden um 7 % (!) zurückgegangen, wobei am Beginn des Kunstdüngereinsatzes der jährliche Humusabbau am höchsten war. Aus der Klima-Perspektive kann man sagen, dass die Bodenerosion zu den wichtigen CO2-Verursachern gehört – ein Teil des Humus wird zu CO2veratmet. Umgekehrt steigert der biologische Landbau die Humusgehalte im Boden und bindet somit wieder CO2, doch dazu später.

Aus dem Organismus Boden wurde in den letzten Jahrzehnten faktisch, sprachlich und metaphorisch ein Standortfaktor, durch Verdichtung mit schweren Maschinen haben Bodenorganismen nicht genügend Luft zum Atmen, durch die Einbringung von leichtlöslichen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln wird das Bodenleben immer wieder ge- oder zerstört. Die Folgen sind hohe Belastungen der Oberflächen- und Sickerwässer mit unerwünschten Stoffen, reduzierte Humusgehalte, verdichtete Böden, Erosion durch Wind und Wasser. Auf solchen leblosen Böden sind Pflanzen darauf angewiesen, mit leichtlöslichen Nährstoffen (Mineraldünger) versorgt zu werden. In lebendigen Böden mit einem hohen Humusanteil ist ein ständiger Nährstoff-Kreislauf im Gang und Pflanzen können durch Wurzelausscheidungen die Freisetzung von Nährstoffen auch selbst steuern. Pflanzen können mit dem Organismus Boden kommunizieren – vorausgesetzt, es ist da jemand, der sie „hört“. Pflanzen können vielfältige Signale absenden. Der junge Forschungszweig der Biokommunikation ist in diesen Fragen gerade in den letzten Jahren zu ganz erstaunlichen Erkenntnissen gekommen. Doch Pflanzen können diese Fähigkeit auch wieder „verlernen“, sie werden stumm und werden abhängig von der Gärtnerin und dem Gärtner. Ein Beispiel ist die Maispflanze. Ein in Europa neuer Schädling, der im Erwerbs-Maisanbau seit einigen Jahren zu einem großen Problem wurde, ist der Maiswurzelbohrer. Forscher aus der Schweiz konnten nun nachweisen, dass Maispflanzen, wenn sie von den Larven des Maiswurzelbohrers angeknabbert werden, Signal-Lockstoffe erzeugen, mit denen sie die natürlichen Feinde ihres Schädlings anlocken: Nematoden. Sie wiesen auch nach, dass Mais-Hochleistungssorten diese Fähigkeit verloren haben. Sie können nicht mehr mit ihrer Umwelt kommunizieren und sich damit selbst helfen. Ein anderes Beispiel ist die Limabohne. Sie erkennt am Speichel der Insekten, ob sie von Spinnmilben oder Raupen angeknabbert wird. Sind es Spinnmilben, sendet sie spezielle Duftstoffe, mit denen sie die natürlichen Feinde der Spinnmilben herbeilockt: die Raubmilben. Wird sie von Raupen angeknabbert, lockt sie mit einer etwas anderen Parfumvariante einen Feind der Raupen herbei: Schlupfwespen. Anders gesagt: Pflanzen sind sensibel und kommunikativ. Pflanzen, die über viele Jahre in lebendigen Böden kultiviert werden, sind selbst lebendiger, können bei einem Befall mit Krankheiten oder Schädlingen Hilfe herbeirufen, können die Nährstoffe, die sie gerade brauchen, im Boden selbst mobilisieren. Das mag alles ein wenig nach Zauberei klingen. Doch Menschen, die seit vielen Jahren und Jahrzehnten biologisch wirtschaften, bestätigen diese Erfahrungen und sehen sich umgekehrt durch die Erkenntnis der Forschungen aus der Pflanzenkommunikation bestätigt. Eine dieser Erfahrungen ist, dass in neu angelegten, biologisch bewirtschafteten Gärten, die Erträge von Jahr zu Jahr besser werden und die Pflanzen von Jahr zu Jahr weniger Pflege und Aufmerksamkeit brauchen. Gerade in Hausgärten haben wir Spielräume – jenseits eines unmittelbaren ökonomischen Verwertungszwangs. In Hausgärten wurden einerseits viele biologische Bewirtschaftungsmethoden bewahrt, andererseits entstehen in Hausgärten immer wieder neue Methoden des biologischen Gärtnerns.


Gelockerter Boden



Bodenarten und Bodeneigenschaften


Der Boden ist eine Art Grenzschicht zwischen luftiger Atmosphäre und festem Gestein. Luft und Licht, Wärme und Wasser sowie die Ausgangsgesteinsart sind die Grundelemente der Bodenbildung. Unter bestimmten Klimabedingungen entstehen charakteristische Bodentypen.

Böden, die durch langjährige, oft jahrzehntelange, intensive und einseitige Bewirtschaftung vom Organismus Boden zum Standortfaktur Boden wurden, können durch biologische Bewirtschaftung auch „wiederbelebt“ werden. Das ist eine der guten Nachrichten, für alle, die auf einem zunächst unwirtlichen Stück Land zu gärtnern anfangen.

Handbuch Bio-Gemüse

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