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WIE ICH KOCHE

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Meine größte Herausforderung bei der Entstehung dieses Buches war, die Rezepte zu Papier zu bringen. Denn ich hatte bis dato kein einziges aufgeschrieben. Keine Mengenangaben, keine Gradangaben, keine Zeitangaben. Ich koche ausschließlich aus dem Kopf, aus meiner Erinnerung und meinem Gefühl. Es fiel mir wirklich schwer, diesen Schritt zurück zu machen und die Mengen plötzlich vorher abzuwiegen, obwohl ich die richtige Menge schon in der Hand hielt.

Ohne Rezept ist man auch eine freiere Köchin, man kann variieren und experimentieren. Ich schaue in den Kühlschrank, sehe, was es noch gibt, und probiere dann Verschiedenes aus. Ich gebe zum Beispiel andere Kräuter in die Tomatensauce, als ich das normalerweise tue – oder auch mal gar keine. Das ist die Freiheit des Kochens, auch wenn es mal danebengeht. Als ich zum Beispiel das erste Mal versucht habe, das Kritharotto meines Sohnes Leo nachzukochen (Sie finden es auf >), scheiterte ich kläglich. Denn Leo kocht eine sehr viel modernere griechische Küche als ich. Er würzt mehr, er setzt die Zutaten anders zusammen und dadurch bekommen seine Gerichte noch mal eine andere Raffinesse. Leo interpretiert die griechische Küche auf seine ganz eigene Art und deshalb ergänzen wir uns beim Kochen auch so gut.

Nach ein paar Tagen habe ich das Kritharotto dann übrigens noch einmal versucht – und siehe da, es klappte! Und genau das möchte ich Ihnen auch ans Herz legen: Wenn ein Rezept mal nicht auf Anhieb gelingt, warten Sie ein paar Tage, bis der Groll vorüber ist, und kochen Sie es dann gleich noch mal. Seien Sie mutig und experimentierfreudig und probieren Sie ruhig so lange, bis Sie Ihre eigene Interpretation des Rezeptes finden. Kochen ist nicht statisch, es ist lebendig!

Die meisten von Ihnen werden wie ich arbeiten und verständlicherweise keine Zeit haben, lange Einkaufslisten abzuarbeiten, mit Waagen zu hantieren oder stundenlang in der Küche zu stehen. Das Gute ist: In der griechischen Küche gibt es viele Gerichte, die keine lange Vorbereitungszeit brauchen und dennoch köstlich schmecken und gesund sind.

Wie wahrscheinlich viele Menschen koche auch ich unter der Woche gern einfachere Rezepte wie Linsensuppe, Zitronenhähnchen, Plaki im Backofen, das schnelle Ratatouille und Salate. Die Vorbereitung der Linsensuppe von > zum Beispiel dauert nicht einmal zehn Minuten, danach kocht die Suppe nur noch 40 Minuten vor sich hin. Der Plaki im Backofen geht auch schnell: Man salzt den Fisch, gibt Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Wein und Öl dazu und dann ab damit in den Ofen (das vollständige Rezept finden Sie auf >).

Freitags gehe ich gern auf den Wochenmarkt, suche nach frischen Bohnen, Oliven und Obst. Ich lasse mich aber auch gern inspirieren und zu Spontankäufen animieren. Ich schätze die Nähe zu den Verkäufern und zu den Lebensmitteln, die man anfassen, an denen man riechen und deren Textur man erfühlen kann. In Griechenland haben Wochenmärkte eine noch größere soziale Komponente als hier. Man redet viel und laut mit den Verkäufern, unterhält sich mit Fremden über das Leben, bleibt stehen, trinkt einen Kaffee, trifft Freunde – und am Ende weiß man gar nicht mehr, was man eigentlich kaufen wollte.

An den Wochenenden, wenn der Kühlschrank dann – nach einem Besuch auf dem Markt – gefüllt und etwas mehr Zeit ist, koche ich gern die Rezepte, die zeitaufwendiger sind, wie Linsenmoussaka oder Lammkeule mit Schalotten.

Doch meine Spezialität ist und bleibt es, für (viele) Freunde zu kochen. Meine direkte Familie besteht ja allein schon aus zwölf Personen. Kommen dann noch ein paar Freunde dazu, versammeln sich schnell 20 oder mehr Personen um meinen Tisch. Und je mehr Gäste kommen, desto mehr fühle ich mich herausgefordert. Denn ein gutes Rezept für vier Personen zuzubereiten ist das eine, dasselbe aber genauso gut für 20 Personen zu kochen das andere. Deshalb wähle ich für größere Abende immer Gerichte aus, die sich unkompliziert erweitern und gut vorbereiten lassen. Risotto etwa würde ich niemals für 20 Personen machen, denn wenn er gut sein soll, muss er direkt aus dem Topf auf die Teller. Und man muss den Sud eingießen, umrühren, eigentlich die ganze Zeit danebenstehen … Risotto für 20 Personen zu machen ist schierer Wahnsinn und man verliert die Zeit, um seine Gäste zu begrüßen und einen ersten Cocktail mit ihnen zu trinken.

Moussaka für 20 Personen dagegen ist machbar. Und Souzoukakia Smyrneika, die Hackbällchen in einer scharfen Tomatensauce, habe ich sogar schon für 40 bis 60 Personen gekocht. Es ist irrsinnig viel Arbeit, aber die Chance, dass es gelingt, ist hoch. Und wenn Sie es dann noch als eine Kochchallenge annehmen, macht es tatsächlich auch Spaß und weckt den Ehrgeiz. Genauso sollten Sie stolz auf sich sein, wenn Sie es geschafft haben, ein Gericht für viele zu kochen, das köstlich schmeckt. Denn dafür braucht man viel Zeit, viel Geduld, viel Freude und vor allem viel Sympathie und Liebe für seine Gäste.


Ein paar Gedanken würde ich gern noch zum Thema Zucker mit Ihnen teilen. Für sehr viele Saucen wird Zucker verwendet, da er fast jede davon, ja eigentlich fast jedes Gericht einen Tick besser schmecken lässt. Zucker bringt zum Beispiel den Geschmack einer Tomatensauce noch besser hervor. Allerdings versuche ich, so wenig Zucker wie möglich zu verwenden, da ich nicht möchte, dass sich mein Gaumen an ihn gewöhnt. Im täglichen Kochen verwende ich daher keinen Zucker, aber für besondere Anlässe, wenn ich also einen größeren Abend vorbereite, dann zuckere auch ich – in Maßen.

Bevor ich Freunde zu mir zum Essen einlade, schaue ich, wie viel Zeit ich an dem Tag davor habe. Habe ich wenig Zeit, lade ich vier bis sechs Freunde ein und bereite die Avocados in Zitronen-Senf-Sauce mit Ei als Vorspeise zu, Spaghetti mit griechischem Pesto und einen Salat als Hauptgang und verschiedene Käsesorten zum Nachtisch. Wenn ich mehr Zeit habe und es einen besonderen Anlass gibt, lade ich auch gern 20 Freunde zu mir ein. An so einem Abend serviere ich als Vorspeisen Feigencarpaccio, Avocado in Zitronen-Senf-Sauce mit Ei, Dolmadakia und Saganaki, Garnelen mit Feta in Tomatensauce. Für den Hauptgang wähle ich Moussaka, denn das ist der Klassiker, den alle gern essen – inklusive mir. Und zum Dessert gibt es selbst gemachte Mousse au Chocolat.


Am Vortag geht es dann mit der Bechamel und der Bolognese für das Moussaka los. Beide stelle ich bis zum nächsten Tag in den Kühlschrank. Danach bereite ich die Mousse au Chocolat vor und stelle sie ebenfalls in den Kühlschrank. Außerdem decke ich schon mal den Tisch, denn das dauert am Ende meist länger, als man denkt. Am besten ist es, wenn Sandra auch gerade da ist und diese Aufgabe übernimmt, denn sie deckt die Tische sehr liebevoll, kreativ, atmosphärisch und elegant. Davon können Sie sich auf den folgenden Seiten selbst überzeugen.

Am Tag des großen Essens fange ich gegen 9 Uhr an, die Auberginen für das Moussaka anzubraten, denn das dauert. Und nach dem Anbraten braucht es weitere drei bis vier Stunden, bis das Öl abgetropft ist. Gegen Mittag fange ich dann mit den Dolmadakia an. Für 20 Personen würde ich 40 Stück rollen. Den Sud behalte ich, da ich die Dolmadakia am Abend darin noch einmal aufwärme. Zwischen 16 und 18 Uhr mache ich zuerst die Sauce für die Avocados fertig, dann schneide ich die Avocados und kippe sofort die Sauce darüber, damit die Avocados nicht braun werden. Die klein gehackten Eier streue ich dagegen erst in letzter Minute vor dem Servieren obenauf. Dann beginne ich mit dem Feigencarpaccio, das muss auch nicht in den Kühlschrank und kann draußen »ready to rumble« auf den Tisch gestellt werden.


Wenn ich alle Vorspeisen so gut wie fertig habe, widme ich mich wieder dem Moussaka und setze die Schichten (Auberginen, Hackfleisch, Bechamel) zusammen, für 20 Personen brauche ich zwei Formen. Diese kommen aber erst in den Ofen, wenn die Gäste schon da sind. Denn selbst wenn alle pünktlich kommen würden, beginne ich mit den Vorspeisen nicht vor 20.30 Uhr und das Moussaka kommt dann gegen 21.15 Uhr auf den Tisch. Zum Schluss hole ich nur noch die am Vortag fertiggestellte Mousse au Chocolat aus dem Kühlschrank und ab dann genieße ich den Abend.

Nun wünsche ich Ihnen aber erst mal viel Freude beim Studieren der Rezepte, beim Nachkochen und beim Feiern.

Ihre

Vicky Leandros

Ein Hoch auf das Leben

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