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Duisburg Wedau, 12. Mai

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Im Polizeipräsidium hatten sie alle die Arbeiten gemacht, die kurzfristig zu erledigen waren: Berichte schreiben, Informationen beschaffen, Notizen verfassen oder Aufträge zu erteilen. Kurz: Es ging um die Dokumentation der vorliegenden Ergebnisse. Van Gelderen, der Leiter des KK 1, hatte auf 9 Uhr eine Besprechung angesetzt. Der Besprechungsraum war bis auf den letzten Mann und Frau gefüllt. Van Gelderen machte ein paar allgemeine Bemerkungen, ehe er zu dem konkreten Grund dieses Treffens kam. Mikael war sauer. Die Kollegin Höfftner hatte sich sofort nach den einleitenden Worten vom Chef aufgeregt und beschwert. Bevor es um die Verteilung von Aufgaben innerhalb der MK ging, sollte die Frage der MK-Leitung geklärt sein. Alle schauten sich gegenseitig an. Was war denn da im Busch? Der Chef hörte sich die Beschwerde mit Ruhe an. Dann versuchte er aber mit salbungsvollen Worten die Wogen zu glätten.

Mikael wusste, wie wenig sein Chef eigentlich von Frauen in diesem Beruf hielt. Er war einmal Zeuge eines Gesprächs gewesen, in dem van Gelderen seinen Standpunkt geäußert hatte. Das konnte interessant werden, denn er wusste, dass Albino, wie er respektlos von einigen seiner Untergebenen genannt wurde, auch von Knoop nichts hielt. Anfangs hatte Mikael versucht, ihm nach dem Mund zu reden. Schnell hatte er aber gemerkt, dass zwischen ihnen die Chemie nicht stimmte. Es waren weniger dienstliche Gründe als vielmehr menschliche Befindlichkeiten, die dem im Wege standen. So hatte er sich in die Rolle eines Rebellen begeben, der machte, was er für richtig hielt, egal ob es dem Chef passte oder nicht.

Schnell kam van Gelderen zu einer salomonischen Entscheidung, wie er es verstand. Er erklärte die Ermittlungen zu einem minderschweren Fall, den er zu verantworten gedachte. Unter ihm sollten beide, also Höfftner und Knoop, das Zusammenarbeiten üben. Dabei wussten alle, dass die Welt des Chefs zweigeteilt war: Anhänger und Ignoranten. Wer van Gelderen nach dem Mund redete, genoss alle Vorzüge in diesem Kommissariat. Wen der Chef nicht leiden konnte, der fand selten Unterstützung. Van Gelderens Vorzüge lagen in der Beurteilung von Sachverhalten, die Außenwirkung hatten. Überall wofür sich die Presse interessieren könnte, da übernahm er die Leitung. Schien das Presseinteresse gering, beauftragte er Untergebene. Dass er in diesem Fall die Leitung beanspruchte, war der Not gehorchend. Er wollte sich nicht zwischen einer Frau und einem unliebsamen Kollegen festlegen. Das Interesse der Presse an einem Mord an einer Dunkelhäutigen schätzte er als gering ein. In dieser Außenwirkung verstand van Gelderen es vorzüglich, sein Kommissariat und damit die Duisburger Polizei immer gut aussehen zu lassen. Es war also offensichtlich, im Mordfall Nomfunda Mafalele war kein Staat zu machen. Knoop störte das nicht. Der Täter interessierte ihn - wie er dachte und vorging und wie man ihm das Handwerk legen konnte. Bei dem Gedanken an den Sieg der Gerechtigkeit oder an den Versuch, das Böse dieser Welt minimieren zu helfen, zog ein süffisantes Lächeln über seine Züge. Sich also nicht festlegen, den Schwarzen Peter bei seinen Untergebenen lassen, damit folgte van Gelderen seinem Motto von Teilen und Herrschen. Für Mikael war eine solche Strategie vorteilhaft. Sie bot ihm maximalen Bewegungsspielraum. Allerdings durfte man dann keine Fehler machen.

Heribert van Gelderen war eine männliche Erscheinung. Immer trug er Anzüge, immer gehörte dazu eine Krawatte, passend zum Oberhemd. Seine kurzgeschnittenen Haare waren meist weiß, weshalb seine Spötter ihn auch als 'Albino' verlästerten. Seine lange, schlanke Gestalt überragte fast alle in seiner Abteilung. Sein muskelloses Skelett war sein markantestes Merkmal. Mit sonorer Stimme verteilte er den Informationstransport.

Die Spurensicherung hatte bei der Informationspräsentation den Vorrang. Diese trat auf in Person von Rita Minkat, einer Brünetten mit Brille. Minkat war bei allen Kollegen beliebt. Knoop hatte es noch nie erlebt, dass sie schlechte Laune hatte. Egal, durch welchen Arbeitsberg sie sich fressen musste. „Das Lächeln nimmt mir keiner“, sagte sie immer. Ihre Haare trug sie lang, hatte sie aber bei ihrer Arbeit immer durch einen Knoten am Hinterkopf verkürzt. Die Aussage: "Wir haben DNA!“, überraschte keinen. Es waren Bruchstücke, aber Minkat zeigte sich zuversichtlich, aus den einzelnen Bruchstücken größere Teile, wenn nicht sogar einen kompletten Abdruck zu bekommen. Sie und ihre Kollegen hatten die Stelle untersucht, an der die Verstorbene ausgeblutet war. Es gab also noch keinen Tatort. Auf jeden Fall hatte man bis jetzt noch keinen gefunden. Ihre Leute waren im Moment wieder vor Ort, um danach zu suchen. Es gab aber leider auch keine eindeutigen Fußabdrücke, weil eine Reihe von Tieren und der Hundehalter durch den Waldboden gestapft waren. Minkat legte sich nach der Faktenlage auf Größe 44 fest. Auch mit den Fingerabdrücken auf der Silofolie war es mau. Die Folie war zu verdreckt. An einen Stellen gab es fingergroße Abdrücke von Schmutz, aber keine vollständigen Fingerabdrücke. Sie lächelte, als sie das Wortspiel aussprach, und der Haarknoten wippte dazu. Interessanter waren die Spuren am Rand der Folie. Während zwei der Seitenkanten schon des Längeren verschmutzt waren, galt das für die anderen beiden nicht. Sie waren zwar verdreckt, aber es gab auch unter dem Mikroskop saubere Segmente. Sie interpretierte dies so: „Die Folie ist in letzter Zeit erst abgetrennt worden. Ich vermute, dies könnte speziell für diesen Mord geschehen sein. Aber dies werden...“

„...die genaueren Untersuchungen zeigen“, vervollständigte der Chor der Zuhörer. Das Lachen nahm etwas Anspannung aus der Besprechung.

„Ach, ja.“ Rita Minkat hatte sich wieder von ihrem Sessel erhoben. „Da ist etwas, was ihr wissen solltet. Das Abtrennen muss mit einer scharfen, beidseitig geschliffenen Klinge erfolgt sein. Denn die Körperkanten sind glatt. Stellenweise ist die Trennung aber zerhackt. Ich vermute, dass die Klinge an einer Stelle beschädigt ist. Ich hoffe, das hilft euch weiter.“

Höfftner hatte Walter Weber gebeten, die Telefonlisten einzufordern und die Gespräche nach Relevanz zu ordnen. Weber hatte 1568 Gespräche in diesem Telefonknoten herausgefunden. Alle mussten überprüft werden. Verständlicherweise konnte er zur Zeit noch nichts sagen.

Walter Weber hatte sich nach seinen Darlegungen gerade gemütlich zurückgelehnt und die Hände über seinem Bauch verschränkt. Da störte die Tonfolge eines Feuerwehrwagens die Konzentration der Gruppe. Alle schauten sich an, während das Murmeln der Stimmen an Lautstärke gewann. Es war Minkat, die mit hochrotem Kopf das Gespräch annahm. Sie flüsterte etwas in ihr Handy und trennte das Gespräch. „Entschuldigung! Ich hate meinen Mitarbeitern erlaubt mich anzurufen, wenn was wirklich Wichtiges gefunden wird. Wir haben den Tatort gefunden. Ungefähr sechzig Meter vom Fundort entfernt gibt es eine Stelle mit Blutansammlung. Wenn wir mehr wissen, dann erfahrt ihr es.“

Van Gelderen korrigierte den Sitz seiner Krawatte. „Ich bitte aber jetzt doch...“ Er vervollständigte seinen Satz nicht. Jeder wusste, dass er die Mobiltelefone meinte, die man auszuschalten hatte.

Gundula Krebs war die Aufgabe zugeteilt worden, weitere Informationen über die Tote zu beschaffen. Ein Übersetzer war angefordert, um Informationen zielgerichtet auswerten zu können. Die Erkenntnislage war über alle Maßen mager. Für Höfftner war es aber nur eine Frage der Zeit, bis sich die Lage ändere.

Nach knapp einer Stunde störte erneut ein Klingelton die Konzentration der Arbeitsgruppe. Nun waren die Stimmen deutlich zu vernehmen, die das Geschehen kommentierten. Alle schauten sich an, wer die Anweisung auf Abschaltung des Mobilfons diesmal missachtet hatte. Ingrid Höfftner griff mit rotem Kopf in ihre Handtasche. Dann wanderten alle Blicke zum Chef. Dieser wollte gerade aus der Haut fahren, als Höfftner nach einer Entschuldigung verkündete, die Rechtsmedizin habe Ergebnisse. Und diese interessierten alle.

Duell der Mörder

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