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a) Anfechtung des Käufers
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Das BGB unterscheidet in den §§ 119 und 123 verschiedene Anfechtungstatbestände, die im Einzelfall mit den §§ 434 ff zusammentreffen können. Keine Probleme bestehen insoweit hinsichtlich des Anfechtungsrechts des Käufers aus den §§ 119 Abs. 1 und 123, die nach allgemeiner Meinung durch die Sonderregelung der §§ 434 ff nicht verdrängt werden. Der Käufer, der vom Verkäufer über die Beschaffenheit der Kaufsache arglistig getäuscht wurde, hat deshalb die Wahl zwischen Ansprüchen aus cic (u. Rn 53) und aus Delikt (u. Rn 54) sowie der Anfechtung (§ 123 Abs. 1) und den verschiedenen Gewährleistungsrechten (437), und zwar so lange, wie noch kein endgültiger Zustand geschaffen ist. Selbst wenn der Käufer zunächst Schadensersatz gefordert hatte, kann er daher immer noch nachträglich zur Anfechtung des Kaufvertrags nach § 123 Abs. 1 übergehen[132].
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Anders wird die Rechtslage dagegen überwiegend hinsichtlich der Anfechtung des Käufers (zum Verkäufer s. u. Rn 52) wegen eines Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der Kaufsache aufgrund des § 119 Abs. 2 beurteilt, indem den §§ 434 ff jedenfalls für die Zeit nach Gefahrübergang (s. § 434 Abs. 1 S. 1; s. o. Rn 3) meistens der Vorrang vor anderen Rechtsbehelfen des Käufers zugebilligt wird, letztlich, um eine „Aushöhlung“ dieser auf einen „gerechten Interessenausgleich“ zwischen den Kaufvertragsparteien angelegten Regelung auf dem Umweg über andere Rechtsbehelfe des Käufers zu verhindern[133]. Es geht dabei vor allem um die Anforderungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1, um die Verjährungsfristen des § 438, um das regelmäßige Erfordernis einer Fristsetzung vor dem Übergang zu den Totalrechten aufgrund des § 437 Nrn 2 und 3 in Verbindung mit den §§ 323 Abs. 1 und 281 Abs. 1 sowie um den Ausschlusstatbestand des § 442. In der Zeit vor Gefahrübergang (in der die §§ 434 ff noch gar nicht anwendbar sind) lässt die Rechtsprechung dagegen – unter Widerspruch eines Teils des Schrifttums – die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 zu[134]. Entsprechendes soll sogar für das Verhältnis der §§ 437 ff zu dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313) gelten.[135]
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Tatsächlich gibt es indessen weder in der Zeit vor Gefahrübergang noch danach eine „Sperrwirkung“ der §§ 434 ff gegenüber anderen Käuferrechten. Durch diese grundlose Annahme werden vielmehr nur ohne Not die Käuferrechte verkürzt. Eine „Umgehung“ der §§ 434 ff ist von der Zulassung der Anfechtung (entgegen der h.M.) schon deshalb nicht zu befürchten, weil den Käufer im Falle der Anfechtung nach § 122 eine Schadensersatzpflicht trifft. Im Interesse eines umfassenden Käuferschutzes sollte daher die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 gleichfalls neben den §§ 434 ff zugelassen werden[136].