Читать книгу Rio Grande Charly Sammelband 5 Western Romane - W. K. Giesa - Страница 19

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Charly Wash erwachte und stellte fest, dass er allein in einem breiten, fremden Bett lag. Ruckartig kam er hoch – und sah Sterne. Sein Kopf schmerzte. Er tastete danach und spürte einen Verband.

Die Erinnerung setzte wieder ein.

Der heimtückische Überfall. Lebendig begraben. Patsy, die ihn herausgeholt und verbunden hatte.

Das Zimmer war aufgeräumt. Etwas zu aufgeräumt. Charly vermisste seine Kleidung. Nur der Stetson lag auf dem Tisch, und über der Stuhllehne hing sein Revolvergurt. In einer Ecke standen die Stiefel.

Das war alles.

„Auch ‘ne Art, jemanden gefangenzuhalten“, murmelte er. „Man klaut ihm die Klamotten …“

Er erhob sich langsam und fand, dass er die Bewegung ertragen konnte. Die Übelkeit, mit der er rechnete, kam nicht. Er tappte zum Fenster und sah hinaus. Da unten waren Heuballen, ein paar Meter weiter eine Wäscheleine; auf ihr baumelten fröhlich Charlys Sachen zum Trocknen, unmittelbar neben einem bunten Kleid.

Patsy war fleißig gewesen.

Charly lächelte wieder. Er hatte das Mädchen falsch eingeschätzt. Sie tat eine Menge für ihn. Ob sie wiedergutmachen wollte, dass sie gezwungen gewesen war, den Köder in der Falle zu spielen?

Er überlegte. Viel war es nicht, was er bisher erfahren hatte. Die Männer, die ihn niedergeschlagen und für tot gehalten hatten, gehörten zu einer Bande unter einem Boss namens Crocket.

Und einer der Banditen musste ihn als Deputy erkannt haben. Charly konnte sich aber an keines der Gesichter erinnern.

Er schüttelte den Kopf. Es war egal, wer ihn erkannt hatte. Wichtiger war die Reaktion. Man hatte ihn kaltstellen wollen. Das bedeutete, dass die Banditen sich unsicher fühlten. Sie planten eine Schurkerei und fürchteten, der Deputy sei ihretwegen hier. Das war die einzige vernünftige Lösung, die Charly sah.

Daher musste er ihnen jetzt erst recht auf die Finger klopfen. Und zwar so schnell wie möglich.

Er musste herausfinden, was diese Banditen planten.

„Ich krieg‘s raus“, murmelte er. „Und dann sind sie fällig. Richter Parker wird sich freuen … vor allem über den Kerl, der mir den Scheitel gezogen hat.“

Charly war nicht rachsüchtig, aber der Bursche hatte sich eine Abreibung zusätzlich verdient. Wenn er Charly fair entgegengetreten wäre, wäre es eine andere Sache. Aber das hier war ein kaltblütiger, feiger Mordversuch, der auch noch fast gelungen wäre.

Die Türklinke bewegte sich.

Mit einem Satz war Charly am Stuhl und zog den Revolver aus dem Holster. Ein wütender Schmerz raste durch seinen Kopf und ließ ihn aufstöhnen.

Die Tür schwang auf.

Patsy trat ein, ein Bündel Kleidungsstücke über dem Arm. Ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie in die Revolvermündung sah, aber Charly ließ die Waffe sofort wieder sinken. Er griff nach dem Kopfverband, als könne er den Schmerz damit mildern.

Patsy schloss die Tür, ließ die Sachen fallen und lachte. Sie hatte ihren Schreck rasch überwunden.

„Was gibt‘s da eigentlich zu lachen?“, knurrte Charly verständnislos. Mit verzerrtem Gesicht schob er den Colt wieder ins Leder.

„Na, ein nackter Mann mit einem Revolver in der Hand ist wahrhaft ein lustiger Anblick, oder nicht?“

„Ich für meinen Teil kann nichts Lustiges daran finden“, brummte er verdrossen.

Sie kam auf ihn zu und umarmte ihn. „Guten Morgen“, sagte sie. „Oder besser: Guten Mittag. Wie geht‘s dir, Charly? Tut es noch weh?“

„Auch ‘ne Frage.“ Er küsste sie. „Ich danke dir.“

„Wofür?“

„Für‘s Waschen.“

Sie lächelte spitzbübisch. „Ich wüsste schon, wie du mir dafür danken kannst.“

„Bitte nicht“, murmelte er. „Mein Kopf ist ein Bienenschwarm, und drinnen sitzt einer mit dem kleinen Hämmerchen und versucht, seinen Weg nach draußen aufzumeißeln. Außerdem habe ich Hunger.“

„Schade“, sagte sie. „Aber der Tag ist ja noch nicht zu Ende, nicht?“

Seufzend betrachtete er den Ausschnitt ihrer Bluse, der eine Menge versprach. Er war weiß Gott nicht der Mann, der einem Liebesabenteuer krampfhaft aus dem Weg ging, aber es machte ohne Kopfschmerzen weitaus mehr Spaß. Er bückte sich nach seiner Kleidung, sortierte sie und stieg hinein. Die Schmerzen, fand er, ließen allmählich nach.

„Ich hole dir was zu essen“, versprach Patsy. „Hast du besondere Wünsche?“

„Ich gehe nach unten“, wehrte er ab. „Mal sehen, wie ich die Treppenstufen vertrage.“

Er vertrug sie überraschend gut. Es blieb zwar ein dumpfes Pochen, aber zumindest der ziehende Schmerz kam nicht mehr so stark durch. Vielleicht würde er sogar reiten können. Allerdings langsam.

Von dem Mann, der gestern Abend nicht am Tresen hatte bedienen wollen, war nichts zu sehen.

„Sam kommt erst später“, erklärte Patsy. „Genau wie die anderen Mädchen. Die wohnen nicht hier. Ich bin die einzige, die ein Zimmer im Haus hat. Im Moment sind wir allein. Was möchtest du essen?“

„Ein Steak, möglichst so groß wie ein Wagenrad“, sagte er.

„Bohnen mit Speck kannst du bekommen. Oder Speck mit Bohnen. Du hast die Wahl.“

Er verdrehte die Augen. „Erst große Versprechungen, dann das … wie wäre es mit einem Spiegelei dazu?“

„Auch zwei, wenn‘s recht ist.“

Charly sah sich im Saloon um. Jetzt, da er leer und die Tür geschlossen war, wirkte er viel kleiner als gestern Abend. Im Tageslicht wirkte die Einrichtung primitiv, nur roh und auf die Schnelle zusammengezimmert. Entweder gab‘s den Saloon noch nicht lange, oder es lohnte sich nicht, die Einrichtung zu veredeln, weil sie bei der nächsten Schlägerei doch wieder zertrümmert wurde.

„Du sagtest gestern Abend, der Anführer der Bande hieße Crocket“, erinnerte Charly, als sie sich etwas später an einem der Tische gegenübersaßen und aßen. „Woher kommen diese Leute? Sind sie schon länger hier, oder lassen sie sich öfters blicken?“

„Ich weiß es nicht“, sagte Patsy. „Ich habe sie zum ersten Mal hier gesehen. Das heißt, Crocket war vor ein paar Wochen schon mal hier. So ein Kerl mit einem faltigen Gesicht. Er hat sich mit Sam unterhalten. Sam sagt, Crocket wäre noch keine fünfzig Jahre alt, aber er sieht aus wie sechzig. Verlebt und verbraucht.“

„Und woher kommt er?“

„Irgendwo aus dem Süden.“

„Der Süden ist groß, kleine Lady. Hat Crocket Andeutungen gemacht, was er vorhat? Oder einer von seinen Leuten?“

„Nichts. Ich kann mich an nichts erinnern, Charly.“

„Und deine Kolleginnen? Oder Sam?“

„Da musst du sie schon selbst fragen. Sie werden so gegen sechs oder sieben Uhr allmählich eintreffen.“

Charly zog seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. Es war gerade Mittag.

„Ich habe keine Lust, sechs Stunden untätig herumzusitzen und zu warten“, sagte er.

„Oh, ich wüsste schon eine Beschäftigung“, deutete sie verführerisch an.

Der Texaner schüttelte den Kopf. „Weißt du wenigstens, in welche Richtung die Banditen gestern Abend geritten sind?“

„Es klang, als würden sie sich nach Osten wenden“, sagte sie. „Aber ich bin mir nicht ganz sicher.“

„Wo hatten sie ihre Pferde? Im Mietstall?“

Schulterzucken.

„Na schön. Ich werd‘ mal nachfragen“, sagte er, schob den leeren Teller zurück und erhob sich. „Du kochst ziemlich gut, Patsy.“

„Ich bin in allen Dingen ziemlich gut“, sagte sie.

Er nickte und verließ den Saloon. Patsy sah ihm nach. Sie war etwas enttäuscht. Charly ging langsam hinüber zum Mietstall. Er spürte die Schritte kaum noch. Sein Zustand besserte sich erstaunlich schnell. Harter Texanerschädel, dachte er grinsend und öffnete die schmale Tür.

Der Stallbursche fuhr hoch. „Mister?“

„Ich hoffe, du hast meinen Palomino gut versorgt“, sagte Charly. „Gestern waren eine Menge Leute in der Stadt, wie?“

Der Junge nickte heftig.

„Haben die alle ihre Pferde hier eingestellt?“, wollte er wissen. Gestern, als er ankam, hatte ihm der Junge das Tier draußen abgenommen. Charly hatte keinen Blick ins Innere des Mietstalles werfen können.

„Natürlich, Sir“, sagte der Junge. „Aber dann haben sie in der Nacht ihre Gäule geholt und sind verschwunden. Haben nicht mal bezahlt! Ich habe Sheriff Daniels gerufen. Aber der sagte, er könne da auch nichts machen. Sie wären zu viele gewesen.“

Charly presste die Lippen zusammen. „Du solltest nächstens vorher kassieren, nicht hinterher. Dann bleibt dir so etwas vielleicht erspart.“

„Dieses Gesindel. Da habe ich die ganze Arbeit mit den Tieren und kriege nicht mal was dafür“, sagte der Junge. „Das ist eine Schweinerei. Und Daniels tut auch nichts für sein Geld. Der verkriecht sich lieber in seinem Office, als dass er sich für die Leute einsetzt, die ihn gewählt haben. Er hätte ja eine Posse aufstellen können.“

Charly seufzte. Gerade dafür sah er in einem Nest wie Clinton die Chancen recht gering. Und einer ganzen Bande hinterherzureiten, war auch nicht jedermanns Sache. Charly konnte das Verhalten des Sheriffs zwar nicht billigen, aber er verstand den Mann.

„Hast du gesehen, in welche Richtung die Kerle davongeritten sind?“

Der Stallbursche zeigte nach Osten. „Da ‘rüber“, sagte er. „Zum Chisholm-Trail. Das hat wenigstens einer gesagt. Muss sich wohl verplappert haben, weil er von einem anderen sofort eins aufs Maul bekam.“

Charly grinste.

„Okay, Boy“, sagte er und drückte ihm einen Dollar in die Hand. „Fürs Pferd und für die Aufmerksamkeit. Ich hole den Palomino so in einer halben Stunde, denke ich.“

„Danke, Mister.“ Der Junge strahlte. Ein Dollar war eine Menge Geld!

Als Charly zum Saloon zurückstiefelte, grinste er nicht mehr.

Zum Chisholm-Trail.

Was hatte eine Horde Banditen mit tief geschnallten Colts dort zu suchen?

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