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Käthe geht als Zimmermädchen in ein Hotel. Das schlimmste ist, daß sie mit zwei andern Mädchen zusammen schlafen muß, zwei unsauberen, dummen Dingern, die nur von Männern und von Trinkgeld sprechen und nicht dulden, daß man nachts ein Fenster aufmacht.

Manchmal wird Käthe wach, weil sie sich nach ihrem Dresdener Zimmer sehnt, nach dem Geruch des Gartens und dem Blick ins Elbtal. An Selbigers denkt sie weder im Guten noch im Bösen.

Ein Jahr geht herum. Ein zweites. Der Winter 1922/23 beginnt. Die Inflationswelle schwemmt immer mehr Ausländer nach Berlin. Sie sind gewöhnt, daß sie für ihr gutes Geld alles kaufen können. Käthe Besser ist so schön geworden, daß nur die Plumpsten ihr Dollars und Gulden anbieten. Aber schöne Kleider könnte sie bekommen, ein Auto, Schmuck, ein Landhaus bei Friedrichshagen, wenn sie es nur acht Tage mit Mister Veryman bewohnen würde.

Sie will das alles nicht. Sie will auch nicht die Freundin des Chefs werden. Aber er ist schließlich bereit, sie zu heiraten. Sie soll nur beschwören, daß sie nie jemand anderen geliebt hat. Sie denkt ernsthaft nach. Das mit Thomas war doch etwas, was man nicht mit einer so ernsten Heirat vergleichen kann. Sie geht in die Wohnung hinunter, um ja zu sagen, steht im Dunkeln, riecht Samtmöbel, kalten Zigarrenrauch, Leder, staubige Strohblumen. — Nein — da kriegt sie auch keine Luft. Es hat keinen Zweck.

„Ich will nichts beschwören,“ sagt sie am andern Tag dem Chef, „weder meine Liebe, noch meine Unschuld, noch sonstwas. Ich weiß nichts.“

Sie wird zum nächsten Ersten gekündigt. Acht Tage bevor sie gehen muß, bezieht Herr Frans van Stejn, ein vierzigjähriger holländischer Kaffeehändler, das schönste Zimmer in Käthes Etage.

Gleich am ersten Morgen läßt er seine Brieftasche liegen. Käthe hebt sie auf. Das Bild einer fetten, unfreundlichen Dame fällt heraus. Käthe schiebt es zurück. Sie sieht die Scheine dicht an dicht liegen. Sie möchte gern einen herausziehen und einstecken. Es ist fast unmöglich, daß der Fremde einen Verlust merkt. Sie zupft den Schein ein klein wenig hervor, klappt dann eilig die Tasche zu und streckt sie erschreckt dem Holländer entgegen, der atemlos in der Tür steht.

Herr van Stejn verbeugt sich blaß und aufgeregt. Er hat ganz gut gesehen, daß sie stehlen wollte. Aber er lügt es eiligst weg. Wie schön ist diese Frau! Endlich nach all den blassen Gesichtern ein bronzebraunes wie auf Java!

Stejn ist so groß, daß er sich ein wenig auf die Knie niederlassen muß, um den Glanz der dunkelgelben Augen zu bewundern, die zarten schwarzen Brauen und das helle Rot der Lippen.

„Ich liebe Sie“, sagt er leise und trocken, hebt sie auf und trägt sie wie ein Kind im Zimmer hin und her. Käthe Besser sagt nichts. Ihr ist aber, als könne sie nach Jahren der Schlaflosigkeit endlich einschlafen.

Schicksale gebündelt

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