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Elli Besser ist zu füllig geworden, um noch „als Probierdame zu gehen“. Sie näht für Gwinner & Co. Mäntel. Die Nähmaschine rattert im Laden. Nebenbei läuft ein kleiner Handel mit Streichhölzern, Zigaretten und billigem Parfüm. Die Tochter Käthe wächst in diesem Laden auf. Ein paar Uhren hängen noch an den Wänden, unverkäufliche Stücke und solche, die in der Reparatur vergessen wurden. Dazu ein kleines Bild Bessers. Elli hat seinen Abschiedszettel druntergepappt, der langsam gilbt. „Det jloobste alleene nich“ ist das erste, was Käthe entziffert, als sie lesen lernt.

Das kleine Mädchen hat keine Spielkameraden. Sie ist schweigsam, zu Tränen und Zorn geneigt. Sie findet es schön, daß sie eine dunklere Haut hat als die anderen, und kann nicht begreifen, daß man sie verächtlich den „Mohrenkopp“ nennt.

Elli Besser verfolgt gespannt das Größerwerden ihrer Tochter. Langsam steigt das Gesicht des Südländers wieder aus dem blinden Hotelspiegel auf. Stirn, Augen, Haarfarbe, Hautfarbe, später auch das herrliche weiße Tiergebiß — alles ist von ihm. Als habe er das Kind ohne den Umweg über die Mutter in die Welt gesetzt.

Käthe lernt, daß sie eigentlich „irgendwo im Süden“ zu Hause ist und nichts im Laden und in der dunklen Kochstube dahinter zu suchen hat. Sie wird durch die Warenhäuser geschleppt. Kann bald Billiges von Teurem unterscheiden. Reiche und Arme werden ihr vorgestellt als Faule und Fleißige. Fleiß, Armut und Dummheit scheinen dasselbe zu sein. Ziemlich spät lernt sie die Natur kennen, oder wenigstens jene nächste Umgebung Berlins — das Wasser, die Kiefern und die Brombeergebüsche —, von der die Reichen sich ein Stück zu eigenem Gebrauch abschneiden, um es mit Blumen und Häusern zu bepflanzen.

Schicksale gebündelt

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