Читать книгу Gewalt des Glaubens: Kampf um die Freiheit - Werner Diefenthal - Страница 18

Оглавление

Münster, August 1533

»Münster wird belagert!«

Jan Beukelszoon, der 23-jährige Mann aus Leiden, blieb stehen. Seit einigen Tagen hielt der Kaufmann sich in Münster auf. Die Predigten des Bernd Rothmann hatten ihn in den Bann gezogen. Wie gebannt hing er jedes Mal an dessen Lippen, sog die Worte in sich auf. Es erschien ihm, als wenn nur er angesprochen würde.

Schnell hatte er die Nähe des charismatischen Predigers gesucht und ihm wurde klar, dass er bei den Wiedertäufern seine Heimat gefunden hatte. Allerdings schien es ihm, dass Rothmann nicht der richtige Führer für die Bewegung war. In Beukelszoons Augen war er zu schwach, um den Glauben weiter zu verbreiten.

Als er erkannte, was vor den Toren der Stadt vor sich ging, fasste er einen Entschluss. Mit Predigten und Gebeten würde man nicht mehr weiterkommen. So war er zu Rothmann, der in seinem Zimmer saß und an einer Predigt arbeitete, gegangen. Dieser ließ sich jedoch nicht stören. Bis zu diesem Moment.

»Wie belagert?« Der Prediger sah von seinem Manuskript auf. »Wer belagert uns?«

Beukelszoon zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger aus dem Fenster in Richtung Stadtmauer.

»Die Soldaten da draußen! Was denkt Ihr, was sie dort tun? Für mich sieht das nicht so aus, als ob sie hier zur Erholung sind.« Er holte tief Luft und begann seine Wanderung durch das Zimmer erneut. »Seit Ihr Bischof von Waldeck vertrieben habt, sind immer mehr Soldaten eingetroffen. Und es sieht so aus, als ob sie nicht mehr in die Stadt kommen, wie sie es bisher getan haben.« Er blieb wieder stehen, sah Rothmann ins Gesicht. »Mit jedem Tag werden es mehr. Dazu die Unmengen von Menschen, die in die Stadt strömen.«

»Das ist doch gut, zeigt es doch, wie stark wir geworden sind.«

»Stark? Das nennt Ihr stark? Ein Haufen Bauern, Tagelöhner, Nichtsnutze und Huren! Wie wollt Ihr damit die Stadt verteidigen? Und mit welchen Waffen? Mistgabeln und Bratpfannen?«

»Man wird uns nicht angreifen!«

»Nicht angreifen?« Beukelszoon hob die Hände, ließ sie wieder fallen. »Ich sage Euch jetzt etwas: Was der Stadt fehlt, ist eine starke Führung! Jemand, der nicht nur predigt, sondern organisiert! Waffen, Vorräte! Und den Menschen sagt, was zu tun ist.«

Rothmann lehnte sich zurück.

»Ach, und wer soll das sein? Und wie soll das gehen?«

»Ich werde bald abreisen und mich mit Jan Matthys treffen. Ihr habt mir gezeigt, was der wahre Glauben ist, und dafür werde ich Euch auf ewig dankbar sein. Ihr habt meine Zweifel mit Euren Predigten und den Gesprächen, die ich mit Euch führen durfte, beseitigt. Der Weg liegt jetzt klar vor mir.« Er hieb mit einer Hand auf den Tisch. »Aber wir dürfen nicht zulassen, dass wir hier wie ängstliche Kaninchen auf den Fuchs warten! Wir müssen eine starke Gemeinschaft bilden. Und diese Gemeinschaft braucht eine starke Spitze.«

Er wandte sich ab, spürte die Blicke Rothmanns auf sich ruhen, der mit sanfter Stimme sprach.

»Mein junger Freund, Ihr seid aufgebracht. Habt Ihr etwa Angst? Unser Reich, das wir hier erschaffen, wird ewig währen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle begreifen, was wir hier tun. Und dann wird uns das gesamte Kaiserreich folgen.«

»Worte!« Er ging zur Tür, drehte sich noch einmal um. »Ich werde zurückkehren. Und dann werde ich mit Eurer Hilfe dieses Reich erschaffen! Ihr als der geistige Führer und ich als der weltliche. Das Reich der Täufer!«

Als die Tür sich schloss, sah Rothmann aus dem Fenster, dachte nach. In der Tat strömten sehr viele Menschen nach Münster. Sehr viele stammten, wie auch Beukelszoon, aus den Niederlanden, wo sich die Wiedertäufer bereits sehr viel weiter ausgebreitet hatten. Ihr Führer dort war Jan Matthys, von dem es hieß, dass er beileibe kein Pazifist war. Im Gegenteil, man sagte, er wäre bereit, zu den Waffen zu rufen. Der Prediger schüttelte den Kopf.

»Ach, was mache ich mir Gedanken. Gott wird es richten und mir den rechten Weg weisen.«

Mit diesen Worten machte er sich daran, seine Predigt weiter auszuarbeiten, und hatte den jungen Mann aus den Niederlanden bald vergessen.

Gewalt des Glaubens: Kampf um die Freiheit

Подняться наверх