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Im Orbit

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Bérénice saß mit mürrisch verzogenem Gesicht auf dem Pilotensitz der Personenfähre. Weit vor ihr im All schwebte die Raumstation, welche drei Ortungsspezialisten erwartete, die nie mehr kommen würden. Alle Anzeigen der Fähre blinkten ihr Gelassenheit zurück, aber Bérénice fühlte, wie ihr in dem Sambolli-Raumanzug heiß wurde. Sie hasste es zu schwitzen, wenn sie nicht schwitzen wollte. Dabei ging es ihr nicht einmal um das Schwitzen selbst, sondern um die Tatsache, dass sie nicht wusste, wann sie aus dem verklebten Ding wieder herauskommen würde. Beim Training oder im Kampf war ihr das egal, jetzt aber musste sie damit rechnen, dass, wenn ihr jemand auf der Station zu nah kam, sie alleine am ungewohnten Geruch als Mensch und Feind erkennbar sein würde.

Darüber hinaus war sie mittlerweile zu der Meinung gelangt, dass es den Sambolli nicht zuzutrauen wäre, eine Fähre ohne Kontrolle an und in die Station gelangen zu lassen, ob zivil oder nicht. Sie konnte aufgrund der Compri-Schulung Samboll sprechen, aber sie kannte keinerlei Gepflogenheiten, Reglements, geschweige denn Freigabecodes oder Identifizierungen aller Art, welche über die Schiffsautomatik hinausgingen.

Der zweite Grund für ihre miese Laune war die Tatsache, dass sie sich entschlossen hatte, eine weitere Sache zu tun, die sie noch mehr hasste. Sie mochte eine EVA – extra-vehicular activity – nicht. Sie war zwar Spacetrooperin, aber die Einsätze spielten in der Regel zu 90 % in Raumschiffen und der Rest sich planetar ab. Aktivitäten im freien Weltraum hatten noch nie zu ihren bevorzugten Beschäftigungen gezählt. Ihr machte der Gedanke Gruseln, dass sie nicht selbst Herr – Frau – ihrer Bewegungen war. Gravitationskräfte von Lebewesen gebauten Artefakten machten ihr dabei keine Angst. Deren Wirkungen waren nur messtechnisch relevant. Anders sah es da mit den Anziehungskräften von großen Monden, Planeten und Sonnen aus. Einer ihrer Standardalbträume handelte davon, wie sie ohne Antrieb einer Sonne oder einem Planeten entgegenstürzte und langsam verbrannte.

Da ist mir das Aufklatschen auf einem atmosphärelosen Brocken doch allemal lieber, grummelte sie still in sich hinein und beobachtete das Erscheinen großer Leuchtsignale, die ihr den Weg zu einem Raumdock weisen sollten. Aber es half nichts, sie konnte nicht riskieren, gleich nach dem Öffnen der Schleuse aufgegriffen zu werden. Bérénice erhob sich und schnappte sich trotzig das Katana, das sie zusätzlich zur primitiven Scheide dreifach mit Leckdämmschaum gesichert hatte. Sie wollte nicht riskieren, dass ihr die Waffe unbeabsichtigt den manipulierten Raumanzug zerstach, wenn sie zu ungewohnten Bewegungen gezwungen war. Auf die Waffe verzichten wollte sie nun dann doch nicht. Außerdem hätte sie damit Dr. Muramasas Bemühungen, das Ding herzustellen, nicht angemessen gewürdigt.

Sie warf einen letzten Blick auf die Anzeigen und registrierte, dass sich die Fähre weiter auf dem programmierten Anflugvektor befand und ging zur Schleuse. Der Zeitpunkt, wann sie das Gefährt verlassen würde, war bestimmt durch den Zwiespalt, so lange wie möglich an Bord bleiben zu wollen, sich aber so frühzeitig zu lösen, dass sie zumindest nicht optisch von einer möglichen Raumüberwachung erfasst werden konnte. Außer dem Katana und ihrem vor der eisigen Kälte gesicherten Vorratssack trug sie noch die beiden Sauerstoffcontainer.

Bérénice Savoy stand fast eine geschlagene Minute in der Schleuse, die Hand auf dem Bediendisplay, bevor sie sich einen Ruck gab und auf den länglichen Schalter drückte. Als die Tür offenstand und die Schwärze des ganzen Universums auf sie einzuströmen schien, stieß sie sich kräftig ab und segelte quer zur Fähre davon. Nachdem der Autopilot für einen routinemäßigen Anflug auf eine zivile Raumstation auf Sicherheit programmiert war, war die Geschwindigkeit der Fähre gering und es bestand für die Menschenfrau keine Gefahr, in die Abstrahlrichtung des Fährenantriebes zu geraten. Trotzdem öffnete Bérénice sofort das Ventil einer der Sauerstoffbehälter und benutzte den Rückstoß zur Kurskorrektur und als nicht zu ortenden Antrieb. Sie machte nur kürzeste Stöße damit, um den Vorrat zu schonen. Sie war damit so beschäftigt, im Sichtschatten der davoneilenden Fähre so lange wie möglich zu verweilen, dass sie glatt ihre sonstigen Gruselanwandlungen vergaß.

Erst als sie wiederum in den Schatten der Station selbst geriet und ihre Augen sich an die dunkle Oberfläche gewöhnen mussten, registrierte sie das Fehlen der Angst. Mit einem letzten Stoß verringerte sie ihre Geschwindigkeit und setzte wenig später mit federnden Beinen auf einer riesigen Kugelschale auf, deren Funktion sich ihr nicht sofort eröffnete. Sie hatte diese Stelle gewählt, da sie am weitesten von den vielen Sichtluken und Panoramascheiben der Aussichtsplattformen entfernt lag, die in mehreren Kränzen die Station umgaben. Es mochte sich bei der angeflanschten Kugel um einen gigantischen Treibstofftank handeln, den man auch bei terranischen Habitaten so weit wie möglich von den Quartieren und wichtigeren Abteilungen entfernt angebracht hätte.

Als Bérénice den Horizont der Schale absuchte, entdeckte sie in etwa zweihundert Metern Entfernung – wieder von Sonnenlicht erhellt – zwei Vorrichtungen, die verdammt nach Befüll- und Entnahmestutzen aussahen. Da die restliche Oberfläche ziemlich glatt war, nur unterbrochen von kleineren Meteoritenkratzern und -beulen, machte Bérénice sich auf den Weg dorthin. Die zu großen Magnetschuhe verursachten ihr nach wenigen Minuten Schmerzen auf dem Spann, da ihre Füße bei jedem Schritt von innen an eine unangenehme Kante stießen. Doch sie versuchte auch das zu ignorieren und hoffte, rasch eine Wartungsluke oder Ähnliches zu finden.

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