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12.

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Sonjas etwas zigeunerhafte Ausstrahlung fesselte mich von der ersten Sekunde an, seit sie mich um ein paar Fritten gebeten hatte. Zigeunerhaft meine ich nicht im Sinn des Vagabunden, sondern sie wirkte auf mich gleichzeitig traurig, lebhaft, wissend und unersättlich nach dem Leben. Ich hatte ständig das Gefühl, sie habe etwas Überirdisches an sich. Trotzdem sie gar nicht so aussah, wie ich mir immer einen Engel oder so was vorgestellt hatte. Weder trug sie lange blonde Locken, noch Flügel oder gar einen Zauberstab. Auch kein unschuldig anmutendes weißes Nachthemd. Der grob gestrickte Pullover, den sie anhatte, war leider nicht annähernd so durchsichtig, wie ich es mir gewünscht hätte. Das slawische Gesicht mit den hohen Backenknochen erschien im Zusammenspiel mit den fesselnden Augen magisch anziehend. Pechschwarzes, glattes Haar umrahmte es. Die frauliche Gestalt beeindruckte mich und die Üppigkeit der Oberweite passte genau genommen nicht zu der im Gesamten äußerst zierlichen Figur.

Aber nicht nur ihr Äußeres interessierte mich brennend. Ihr Alter konnte ich nicht einschätzen. Sie mochte zwanzig Jahre alt sein oder auch wesentlich älter. Falten, nein, lediglich Fältchen konnte ich entdecken, wenn sie lächelte. Mich faszinierte viel mehr ihre lebendige Ausstrahlung. Der Gesamteindruck ihrer Person blieb rätselhaft und derart reizvoll, dass ich in jenem Augenblick nicht mal hätte aufstehen können, ohne meinen niedrigen Tisch, der bis zum Nabel reichte, umzuschmeißen.

»Was starrst du mich so an?«, fragte Sonja. »Du ziehst mich ja geradezu mit Blicken aus. Ach so, jetzt kommt der Preis für den Tag heute, ich verstehe. Nur zu, bediene dich, die paar Minuten werde ich bestimmt überleben.«

Ich schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht im Programm. Selbst wenn ich dich jetzt zwingen würde, mit mir zu baden, käme ich mir schmutzig vor.«

Sie prustete in ihren Rotwein, was ich nicht sehr nett fand. Dann erhob sie sich. »Baden ist eine echt geile Idee. Komm.«

Im Badezimmer störte mich am meisten der leider unaufgeräumte Zustand. Als Junggeselle ist man schließlich nicht ständig auf solche Zufälle eingerichtet. Sonja schien das hingegen wenig zu stören. Sie genoss das heiße Wasser und ich war nervös. Nicht nur, weil ich auf dem Abflussstopfen saß. Sie lehnte sich zurück und legte den Kopf in den Nacken. Feucht schimmernd, im Badewasser schwebend, wirkten ihre Rundungen noch aufregender. Schlanke Beine, ein wenig Bauch, dort, wo er hingehört, zwei Handvoll Hüfte und frauliche feste Brüste – allein über Sonjas Brüste könnte ich lange erzählen. Busenfetischist der ich war, äh bin.

Wir lagen schließlich im Bett. Nein, stimmt nicht. Ich lag im Bett, Sonja auf der Luftmatratze. Zunächst hatte ich an einen Scherz geglaubt, als sie, statt neben mir unter der Decke zu verschwinden, ins Notbett kroch. Überlegen grinsend hatte ich mich zugedeckt. Aber so lange ich auch wartete, dass Sonja zu mir kam, sie rührte sich nicht.

Nach einer Weile setzte ich mich auf und schaute auf die Luftmatratze hinunter, auf der Sonja unter die Decke gekuschelt lag. Und das ohne mich!

»Ich wünsche dir eine Gute Nacht«, sagte ich.

»Hm«, lautete die schläfrige Antwort.

Dass Frauen meist ein hübscher Anblick sind, muss ich nicht erzählen, aber mit einer hübschen Frau nackt in der Badewanne zu spielen und danach getrennt auf Bett und Luftmatratze zu liegen, schmeckte sehr danach, dass ich wieder mal irgendetwas falsch gemacht haben musste. Und wenn ich noch drei Leben zur Verfügung haben würde, ich kapiere wohl niemals, was in Frauen vorgeht.

Ich lag also unter meiner einsamen Decke, fror und schwitzte gleichzeitig und haderte mit dem Schicksal. Hoffnungslos. Hexe die!

Die Gedanken an das gemeinsame Bad ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Ich wälzte mich hin und her. Ich hörte ein leises Kichern. Dann lehnte sich Sonja auf meinen Bettrand und legte den Kopf auf die verschränkten Arme. Ich tat so, als würde ich schlafen.

»Danke, Achim«, spürte ich ihre Stimme beinahe auf der Haut und öffnete das Auge. Meine Nase berührte ihr Haar. Sie hatte den Mund ein wenig geöffnet.

»Wofür?«

Sie sah mich an. »Du hast heute viel für mich getan.«

»Vielleicht habe ich nur viel für mich getan, Sonja. Wer weiß?«

Ich kam mir ungeheuer philosophisch vor und hatte das Gefühl, Silvesterfeuerwerk in ihren Augen zu sehen. Sicher nur eine Einbildung.

»Habe ich bis heute nicht erlebt, dass ein Kerl, den ich heißmache, einfach in seinem Bett liegt und mich in Ruhe lässt. Was bist du eigentlich für ein Typ?«

»Keine Ahnung. Der Kern ist gut, nehme ich mal an. Baden ist eine Sache und Vögeln eine andere. Wer nicht will, der hat schon, oder sollte ich dich zwingen?«

»Andere hätten’s getan.«

Ich schüttelte den Kopf. »Mord, Vergewaltigung und Verführung lästiger Ehefrauen habe ich nicht im Programm. Nicht aus Gewissensbissen, versteht sich, ich kann nur kein Blut sehen und bin zudem homosexuell veranlagt.«

»Was?!« Sonja richtete sich auf. »Das glaube ich dir nicht.« Sie zog mir die Bettdecke vom Leib ..., dann lächelte sie. »Na also.«

»Du verdammte Hexe, komm endlich!«

Déjà vu eines Versagers

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