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Dankbar und demütig

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»Wir müssen dankbar und demütig sein«, sagt der Schauspieler. Er sitzt im Fernsehkasten, in der Talkshow, und macht Werbung für seinen neuen Film, der, wie könnte es anders sein, »eine große Herausforderung« war, »a challenge« eben, und gerade speziell mit diesem Regisseur – wie hieß er noch gleich? – »zu arbeiten«, war selbstverständlich »eine großartige Erfahrung«, aber na klar, was denn sonst.

Als »reisender Artist«, wie der verehrte Dichter und Vortragskünstler Joachim Ringelnatz sich bezeichnete, hat man der Natur der Arbeit gemäß mit vielen Leuten zu tun; es hat sich aber eingebürgert, dass Schauspielerinnen und Schauspieler nach getaner Arbeit noch das betreiben, was der Brite kühl als »brown-nosing« bezeichnet, als das Kriechen aus Kalkül oder Neigung – oder, dann geht es am reibungslosesten, einer Mischung aus beidem. In entsprechenden Künstlerkreisen nennt man das Professionalität.

Doch nicht nur vor Produzenten, Regisseuren und berühmteren Kolleginnen und Kollegen wird auf dem Bauch gelegen, auch das Publikum wird, um eine andere Phrase zu zitieren, »mit ins Boot geholt«, gern mittels der Behauptung »Wir müssen dankbar und demütig sein« – und zwar dafür, dass ein im Normalfall allzu duldsames Publikum angesichts der Darbietungsqualität nicht Reißaus nimmt, sondern gutmütig oder auch nur entkräftet ausharrt bis zum Ende.

Selbstverständlich stände radebrechenden Kleiderständern wie beispielsweise Frau Ferres, Herrn Schweiger oder dem dauerschmunzelmuffenden Heinz-Rühmann-Wiedergänger Liefers echte Demut an; dass sie für ihr Simulantentum mit Geld, Ruhm und Bewunderung reich­lich versorgt werden, sollte sie tatsächlich dankbar und demütig stimmen.

Aber wie es so ist im Gewerbe: Die beste Demut ist die öffentlich ausgestellte, die kostet nichts, und sonst hätte man ja auch nichts davon. Dabei gilt die alte Regel: Was die Leute vorne ins Schaufenster legen, das haben sie hinten nicht am Lager.

Es ist eben so, wie der jüdisch-texanische Schriftsteller und Musiker Kinky Friedman in seinem ersten Kriminalroman »Greenwich Killing Time« schrieb: »Im Schauspielergewerbe ist Ehrlichkeit das Allerwichtigste. Wenn man die heucheln konnte, dann konnte man auch fast alles andere.« Also auch dankbar und demütig sein, zum guten Zweck der Selbstreklame.

Der Ohrfeige nach

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