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Der Ohrfeige nach

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Ich bekam eine Elektropost von einer Schweizer Redakteurin, die in der Schweiz allerdings Redaktorin heißt; die Schweiz wird solange nicht Mitglied der EU werden, bis aus Redaktorinnen und Redaktoren Redakteurinnen und Redakteure geworden sind. Redaktor klingt immer ein wenig nach Atomreaktor, und man wartet darauf, dass der Redaktor hochgeht, was er aber nicht tut, denn der Schweizer Redaktor ist die Ruhe selbst.

Redaktor mit o statt Redakteur mit eu gefällt mir gut, man könnte das ausbauen: Aus Leuten wird Loten, der Leumund wird zum Lomund und klingt fast schon wie das schottische Loch Lomond, der Teufel muss als Tofel seine Werke verrichten, und wer scheu war, ist nun scho (und, so verlangt es das Erste Galaktische Kalauergesetz, must go on).

Die Redaktorin bat mich um einen Text von circa 2.500 Zeichen Länge »inklusive Leerschläge«. Leerschläge ge­fiel mir abermals; es erinnert an die Anschläge, die man früher auf und mit der Schreibmaschine verübte. Von einer schönen Sekretärin hieß es, sie schriebe 350 Anschläge pro Minute; in meinem jugendlichen Kopf entstand ein faszinierendes Bild von Sex und Revolution: 350 Anschläge pro Minute, da kann das System dann direkt einpacken.

Leerschläge im Computer sind nicht so gut wie Anschläge auf Papier, aber immer noch weit besser als die Leerzeichen, die man sonst kennt. Das Wort Leerzeichen ist Sinnbild ellenlanger Beziehungsgespräche oder »Mee­tings«, also dessen, was als sogenannte »Kommunikation« gilt und aus dem, sogar noch anödender, ganze Zeitungen und Zeitschriften bestehen: aus Leerzeichen eben.

Mit den Hamburger Freunden Axel Martens und Michael Bugmann saß ich zu einer Partie Scopa zusammen, dem süditalienischen Kartenspiel in den Farben Rot, Grün, Blau und Gold, über das niemals ein »Deutsches Skatgericht«, das es ja tatsächlich gibt in Altenburg, sein Urteil fällen wird. »Wie spielen wir?«, fragte Michael, der gebürtige Schweizer, »Mit der Ohrfeige oder gegen die Ohrfeige?«

Axel und ich sahen ihn in freundlich neugierigem Nichtverstehen an. »Ach so«, sagte Michael, der seit vielen Jahren in Hamburg lebt, »die Deutschen haben ja den Uhrzeigersinn.« Er lachte. »In Deutschland spielt man Karten gemäß dem Uhrzeigersinn, in der Schweiz jedoch in der entgegengesetzten Richtung. Das heißt dann aber nicht ›gegen den Uhrzeigersinn‹, sondern ›der Ohrfeige nach‹«.

»Der Ohrfeige nach« gefiel mir abermals, wie auch »gegen die Ohrfeige«; ich verabscheue Feigheit, also das Feige, das die Ohrfeige gegen Schwächere austeilt oder sie, wo sie mutig und notwendig und nützlich ist, verweigert. In entsprechenden Situationen habe ich gegen die Verabreichung einer Ohrfeige absolut nichts einzuwenden, und außerdem ist Ohrfeige ein schönes Wort. Denn die Feige ist darin, die köstliche Frucht, die so erotisch aussieht und duftet, auf italienisch heißt sie fica, und fica heißt nicht nur Feige, sondern ist auch ein Adäquat für das, was auf deutsch »das böse Wort mit F« genannt wird, und während mir all das zu meinem Wohlgefallen durch die Rübe ramenterte, spielten wir eine Runde Scopa, immer schön der Ohrfeige nach.

Der Ohrfeige nach

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