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Bonusfahrtzeit

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Wenn die Bahn an genau dem Tag, an dem ihre jüngste Preiserhöhung in Kraft tritt, für die Strecke von Mannheim nach Essen 105 Minuten länger benötigt als angekündigt, ist das ein Ausdruck von gesteigertem Selbstbewusstsein und prosperierendem Geschäftssinn. Zermürbte Reisende sind die leichtere Beute; spiel sie kaputt und dann plündere sie aus, so macht man das als organisierter Wegelagerer.

Unschön und störend aber ist es, wenn dieses marktstrategische Verkaufskonzept nicht stringent umgesetzt wird, sondern einzelne Mitarbeiter sich den Reisenden quasi zu Füßen werfen und von »Verspätung« sprechen, für die sie um »Entschuldigung« bitten. Das führt nur zu Verdruss; man wird so ungern verhöhnt.

Es gibt keine Verspätung bei der Bahn; es ist der Bahn vielmehr gelungen, 105 Zusatzminuten herauszufahren! Das ist groß und der Größe des Unternehmens angemessen. Wenn man die Lebenszeit von Menschen schon willentlich zerdrischt und zermahlt, soll man das offensiv und vor allem positiv vertreten. Das Wort »Verspätung« entspringt altem, negativem Denken; es wird ersetzt durch »Bonus-Fahrtzeit«, oder, noch besser, durch »kostenlose Bonus-Fahrtzeit«. Die gibt es bei der Bahn geschenkt, und das sollte die Bahn auch sagen. Oder können die da jetzt nicht mal mehr Marketing?

Der Ohrfeige nach

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