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|30|Letz

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Kommt den Schwaben etwas schlecht, falsch oder verkehrt vor, nennen sie es letz. Auch sie selber können ganz letz werden, wie folgende Ausführungen zeigen werden.

Letz ist das Gegenteil von recht – in mehrfacher Hinsicht: So, wie das Wort „recht“ in eine Richtung weisen kann – etwa auf die rechte Seite –, so bedeutet letz ursprünglich „link“, und zwar auch und gerade im Sinne von „verkehrt“.

Somit ist „dr letze Fuß“ der linke Fuß bzw. das linke Bein, und stülpt man darüber den rechten Socken, dann hat man d’ Schtrümpf letz ââ. Hat man wiederum das Hemd letz ââ, dann ist die Innenseite nach außen gekehrt, und wer sich ein jugendliches Image geben will, zieht die Baseball-Kappe letz auf.

Von der Bedeutung „link(s), verkehrt, verkehrt herum“ ist es nicht mehr weit zu letz im Sinne von „falsch“: Der letze Weg ist der falsche, und wenn wer etwas „in de letze Hals“ kriegt, kann dies dazu führen, dass ihm die Luft ausgeht. Dann sieht’s ziemlich letz aus, was manchen Beobachtern ein bedauerndes „O letz!“ entlocken mag.

In diesem Zusammenhang bedeutet letz „schlimm, übel“ oder „böse“, und damit sind wir bei einer weiteren Stufe der Negativa angelangt, die mit diesem Wort beschrieben werden können: Ein übler Zeitgenosse ist „a ganz letzer“. Letz kann auch ganz einfach „schlecht“ im Sinne von „minderwertig“ bedeuten. Und schließlich können mit Hilfe schwäbischer Steigerungsattribute die Superlative erdenletz und bodenletz gebildet werden.

Das wirft die Frage nach dem regelmäßig gebildeten Superlativ letzescht auf: Ist der etwa identisch mit dem schriftsprachlichen „letzt“? Wäre letz damit die Grundform zu „letz(es)t“?

|31|Tatsächlich gab es das Adjektiv letze oder lez bereits im Mittelhochdeutschen, und zwar in denselben Bedeutungen, die es heute noch im Schwäbischen hat: „verkehrt, unrichtig, unrecht, schlecht“. Im Althochdeutschen hieß es lezzi. Doch nach allem, was in den Wörterbüchern steht, geht der Superlativ „letzt“, der im Mittel- und Althochdeutschen noch „lezzist“ lautete, nicht auf lezzi oder lez zurück, sondern auf das weitgehend vergessene Eigenschaftswort „lass“, welches „müde, matt“ bedeutet. Es hat sich aus dem Mittelhochdeutschen „laz“ (langsam) entwickelt, das allerdings mit lez verwandt war. Und dass der Langsamste der Letzte ist, leuchtet ja durchaus ein.

In diese Verwandtschaft gehört übrigens auch das Verbum letzen. Ursprünglich bedeutete es „abhalten, hindern“ und schließlich auch „schaden“, was noch heute in dem Kompositum „verletzen“ spürbar wird. Doch dann vollzog es einen grandiosen Bedeutungsbogen von „zu Ende bringen“ über „Abschied nehmen, Abschied feiern“ zu „essen und trinken“ und schließlich zu „sich vergnügen“.

Das alles mag etwas verwirrend sein. Und diesen Zustand beschreiben die Schwaben mit der Formulierung: „Des macht oin ganz letz!

Dem Schwaben sein Dativ

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