Читать книгу Dem Schwaben sein Dativ - Wolf-Henning Petershagen - Страница 19

|32|So, als wie

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Einer der beliebtesten Vorwürfe gegen die Schwaben lautet, sie seien außerstande, die Vergleichspartikel als und wie korrekt einzusetzen. Ist dieser Vorwurf berechtigt?

Wenn ein Schwabe sich von einem Besserwisser vorhalten lassen muss, er kenne den Unterschied zwischen wie und als nicht, wird er vielleicht antworten: „Du bisch au net viel g’scheiter wie-n-i.“ Dann folgt unweigerlich die Zurechtweisung: „Es heißt: gescheiter als ich!“

Sollte er nun reuig einräumen: „Ok, du bisch doppelt so g’scheit als i“, wird er zu hören bekommen, es heiße „doppelt so gescheit wie ich“. Fragt er dann aber, warum es im einen Fall als und im anderen wie heißt, wird er vermutlich keine gescheite Antwort bekommen, wenn er nicht gerade einen Deutschlehrer vor sich hat.

Denen sei zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie die Regel kennen, wonach ein Komparativ (gescheiter, größer, schöner) ein als nach sich zieht, während dem Positiv (gescheit, groß, schön) ein wie folgt: „gescheit wie“. Das wie drückt die Gleichheit aus, das als die Ungleichheit – mit der Ausnahme, dass Ungleichheiten, die mit so formuliert werden, beides zulassen, nämlich wie und als. Dabei fällt die Wahl meistens auf das wie: „doppelt so gescheit wie“.

Wie-n-i komme bin, isch sui gange.“ Auch in diesem Fall wird sich der Schwabe einen Rüffel einhandeln: Es heiße, wenn in der Vergangenheit erzählt werde: „Als ich gekommen bin“. Und er wird nicht so recht verstehen, warum die Schriftsprache das wie, das sie in der Vergangenheit verbietet, für die Gegenwart zulässt: „Wie ich zur Türe hereinkomme, verlässt sie den Raum“, gilt auch dem Duden als korrektes Deutsch.

Welche Logik bestimmt dieses Durcheinander? Was den Positiv und den Komparativ betrifft, behauptet das Deutsche Wörterbuch der |33|Brüder Grimm mit Verweis auf das Englische und Französische, der Sprachgebrauch erfordere dafür unterschiedliche Konjunktionen: „rot wie Blut“ – „röter als Blut“; „red as blood“ – „redder than blood“; „rouge comme sang“ – „plus rouge que sang“. Im Deutschen wurde dieser Unterschied erst spät durch jene Regel zementiert, die von den Schwaben ignoriert wird – wie einst von allen Deutschen. Denn die sagten früher „rot als Blut“ und ebenso „röter als Blut“.

Das Beispiel zeigt zudem, dass bei Vergleichen ursprünglich als üblich war, welches allmählich durch wie verdrängt wurde – und wird. Bei dieser Entwicklung weg vom als und hin zum wie spielen die Schwaben ganz offensichtlich eine Vorreiterrolle: Sie verwenden das wie bereits dort, wo die Schriftsprachler noch als sagen. Und dafür werden sie dann von diesen geprügelt.

Doch manche Schwaben umgehen das Problem mit Hilfe des zwar als veraltet, nicht aber direkt als falsch geltenden als wie – und befinden sich damit in bester Gesellschaft. Denn wie reimte schon Dichterfürst Goethe? „Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.“

Dem Schwaben sein Dativ

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