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3. Oktober 1990

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Als es auf Mitternacht zuging, schoben Anneli, Arne (die Tochter) und Volker Braun und ich uns mit der, durch die, gegen die Menge dem Brandenburger Tor entgegen, das wir aber nicht erreichten. Die Straße Unter den Linden war mit einer Million zertretener Plastikbecher und unzähligen leeren Flaschen und Dosen bedeckt.

In unvorstellbarem Gedränge erreichte ich den Bahnsteig, quetschte mich in einen total überfüllten Zug, der an ebenso überfüllten Bahnsteigen vorbei zum Zoo fuhr.

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Mathias Schreiber zieht (in der FAZ vom 29.9.) über Lafontaine her, weil dieser »übereilt die gerade mühsam erworbene Einheit-in-Freiheit an das ›Europäische‹ abtreten möchte«. Führt einen ungenannten SPDler vor, weil dieser der DDR empfohlen haben soll, es doch eher mit Österreich zu probieren. Lafontaines Bemerkung, auch Gesamtdeutschland sei ein Provisorium, weil ja Europa konstituiert werden müsse, kontert er im Carl-Schmitt-Ton: »Die Taktlosigkeit solcher Witzeleien entspricht der Unangemessenheit provisorischen Verhaltens in entscheidenden Situationen.« Das erste Mal, dass ich in der FAZ Kursivdruck gesehen habe. Selbst typographisch herrscht der Ausnahmezustand.

Morgan Stanley rechnet damit, dass in Deutschland die Zinsen auf über 10 Prozent steigen, woanders noch höher, weil aus der BRD wegen der Ostinvestitionen enorm viel weniger Kapital exportiert werden wird. »Schwere Schläge« werde das »außerdeutsche Europa« erleiden durch steigende Ölpreise und höhere Kapitalkosten. Was aber, wenn Weltwirtschaftskrise? Wie schlüge diese nach Deutschland herein? Hier denken sie nicht weiter.

Die Schieder-Gruppe, mit 1,17 Mrd DM Umsatz stärkstes Möbelkapital Europas, baut in Polen aus. Bislang 95 Prozent der dortigen Produktion in den Westen exportiert. Terms of trade: Holz kostet 50 Prozent im Vergleich zu hier, Arbeit weniger als 10 Prozent (220 DM pro Monat, Überstunden am Wochenende mit Handkuss, Krankenquote die Hälfte im Vergleich zur BRD). In Polen nun zwei neue Polstermöbelwerke fürs »untere Preissegment«, in Ostberlin eines fürs mittlere. Ein Ausdehnungshemmnis: die Bundesrepublik lässt polnische Auszubildende nicht ins Land.

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