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15. Oktober 1990 (2)
ОглавлениеMein Vortrag über Jeanskultur hat auf Aluna (vom Philosophie-Institut der moskauer Akademie der Wissenschaft) wie ein Werbespot gewirkt. Sie bekam Lust, stante pede in die Altstadt zu gehen und Jeans zu kaufen. Verlangen nach diesem Imaginären.
Merab sprach von der Unmittelbarkeit der Vergesellschaftung bei Marx, die der künstlichen Welt von Markt und Geld nicht bedürfen soll. Aber wie, fragte er, kommen wir dann in Kontakt mit den anderen?
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Am Strand gehört, Gorbatschow habe den Nobelpreis erhalten. Merab gesteht zu, dass er diesen verdient habe. Michail Kusnezow, der an der Grenze zum Hanswurst agiert, mit ständigem Kopfnicken mich umdienernd, alle Worte mehrfach hervorstoßend, bis ihnen allmählich die Folgewörter anwachsen – zu G äußert er sich knapp und scharf: da sei keine Kontinuität, nie könne man wissen, was er als nächstes tun werde. »Muss man das?« wirft Merab ein. Er kehrt den Kyniker hervor. Meine Versuche, Herrschaft zu analysieren, buttert er in conditio humana und Gott unter. Wenn ich von einem bestimmten Nichtwissen spreche, wird er unweigerlich sagen: »Hat der Mensch je etwas gewusst?« Mittendrin erwähnt er Foucaults »fürchterlichen Tod« (an AIDS). Will sich ein Reise-Texterfassungsgerät (Sinclair) zu seinem Macintosh anschaffen.
Fred Jameson sagt, binnen 14 Tagen seien die USA zum Krieg bereit.