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Eltern, die sich entwerten

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In der normalen Entwicklung kann sich ein Kind mit einem gleichgeschlechtlichen Erwachsenen strukturbildend identifizieren. Stifter beschreibt, wie Brigitta und ihre Mutter an dieser Aufgabe scheitern. Das Kind gewinnt durch diese Identifizierung, die »Bewältigung des Ödipuskomplexes«, eine innere Haltung, die es ihm ermöglicht, seine eigenen Gefühle, seine intuitiven Lösungen zwischenmenschlicher Probleme primär als brauchbar und gut zu erleben. Es kann sein spontanes Repertoire ausschöpfen und dann durch Versuch und Irrtum, durch Einsicht und Planung lernen, andere Menschen für sich zu gewinnen, einen Platz in einer Gruppe zu erobern, ein Netz von Freundschaften aufzubauen und auf dieser Grundlage auch sein sexuelles Leben zu entfalten.

Wesentlich ist dabei, dass weder Kontakt noch Einsamkeit als primär belastend empfunden werden: Das Kind kann sich aus langweiligen sozialen Situationen zurückziehen, ohne sich vor völliger Verlassenheit zu fürchten, und es kann Kontakte aufnehmen, ohne sich besonders anstrengen oder kontrollieren zu müssen.

Wem die Gnade dieser Entwicklung zuteil geworden ist, der hat es nicht leicht, sich in jene Menschen einzufühlen, die keine Chance dazu hatten. Aber er kann das natürlich immer noch weit besser, als es narzisstisch belasteten Menschen untereinander möglich ist. Wenn wir ein zerstrittenes Ehepaar oder ein von Mobbing-Vorwürfen belastetes Team untersuchen, finden wir sehr häufig zwei Personen, die in ihrem spontanen Kontaktverhalten und in ihrer Selbst-Akzeptanz beeinträchtigt sind. Sie werfen dann dem jeweils anderen vor, einen schlechten oder bösen Kontakt hergestellt zu haben, während sie selbst sich doch so sehr um einen guten und richtigen Kontakt bemühten. Die Anfälligkeit solcher Beziehungssysteme zeigt sich in der Wertung: Wer beteuern muss, er habe gute Kontakte, ist in einer labileren Situation als jemand, der sich seiner Kontakte sicher ist. Das oft als barbarisch verschriene Gesetz »Wie du mir – so ich dir«, »Auge um Auge, Zahn um Zahn« ist human gegenüber der narzisstischen Regression, in der alle sterben müssen, welche ein Ideal verletzen.

Freud hat sich nie auf die Austauschprozesse zwischen den Eltern bezogen, sondern stets nur darauf, welche Fantasien das Kind auf die Eltern richtet und mit welchem Teil es sich identifiziert. Wer aber schwere narzisstische Störungen untersucht, bei denen scheinbar keine massiven Traumatisierungen deutlich werden, findet subtile und doch gravierende Störungen im Austausch zwischen den Eltern. Die Eltern haben zwar dem Kind ein stabiles Zuhause garantiert, sie haben es versorgt und sich nicht scheiden lassen. Aber sie haben sich gegenseitig entwertet und dem Kind dadurch eine schwere Hypothek aufgeladen.

Narzisstische Störungen

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