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c)Bindungswirkung der Anrufungsauskunft

Das Finanzamt kann vom Arbeitnehmer als Steuerschuldner Lohn- und Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag nachfordern, wenn der Arbeitgeber diese Steuerabzugsbeträge nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat (§ 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG; vgl. das Stichwort „Nachforderung der Lohnabzugsbeträge vom Arbeitnehmer“ unter Nr. 1.). An einer vorschriftswidrigen Einbehaltung und Abführung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber bei seinem Betriebsstättenfinanzamt eine Anrufungsauskunft eingeholt hat und danach verfahren ist. Ist der Arbeitgeber entsprechend einer Anrufungsauskunft verfahren, hat er den Weisungen und Vorschriften des Finanzamts Rechnung getragen und damit die Lohnsteuer vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt. Dies gilt unabhängig davon, ob die vom Finanzamt erteilte Anrufungsauskunft materiell richtig oder unrichtig ist. Ein Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid gegenüber dem Arbeitnehmer ist laut Bundesfinanzhof in diesen Fällen nicht möglich (BFH-Urteil vom 17.10.2013, BStBl. 2014 II S. 892). Auch beim Arbeitgeber ist eine Nacherhebung der Lohnsteuer selbst dann nicht zulässig, wenn er nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung einer Pauschalierung (Fall des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zugestimmt hat (BFH-Urteil vom 16.11.2005, BStBl. 2006 II S. 210).

Im Lohnsteuerabzugsverfahren können sich also Arbeitgeber und Arbeitnehmer (bei einem Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid) auf eine Anrufungsauskunft berufen. Dies gilt unabhängig davon, wer von beiden die Anrufungsauskunft beantragt hat und wem sie letztlich erteilt worden ist. Zur Bindungswirkung der Anrufungsauskunft bei Übernahme von Arbeitgeberpflichten durch einen Dritten vgl. nachfolgende Nr. 4.

Nach wie vor ist die Finanzverwaltung aber im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers nicht an eine im Lohnsteuerabzugsverfahren erteilte Anrufungsauskunft gebunden. Deshalb kann das Wohnsitzfinanzamt im Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer einen anderen, günstigeren oder ungünstigeren Rechtsstandpunkt vertreten als das Betriebsstättenfinanzamt in der Anrufungsauskunft. Dies hat der Bundesfinanzhof mehrfach bestätigt (BFH-Urteile vom 9.10.1992, BStBl. 1993 II S. 166 und 13.1.2011, BStBl. II S. 479). Zur Begründung weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass die Anrufungsauskunft ohne Mitwirkung der Wohnsitzfinanzämter der Arbeitnehmer erteilt wird und der Gesetzgeber – mangels entsprechender gesetzlicher Regelung – eine derartige Bindungswirkung nicht herbeiführen wollte.

Beispiel

Aufgrund einer Anrufungsauskunft hat das Betriebsstättenfinanzamt dem Arbeitgeber A die Steuerfreiheit einer Zahlung an den Arbeitnehmer B schriftlich bestätigt. Das Wohnsitzfinanzamt behandelt die Zahlung in der Einkommensteuer-Veranlagung des B dennoch als steuerpflichtig.

Das Wohnsitzfinanzamt ist im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren erteilte Anrufungsauskunft gebunden.

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