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d)Änderung der Anrufungsauskunft

Aufgrund der vorstehenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unter dem Buchstaben b hat die Finanzverwaltung zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen eine Anrufungsauskunft aufgehoben, zurückgenommen oder widerrufen werden kann, automatisch außer Kraft tritt oder durch Zeitablauf endet.[121]

Eine Anrufungsauskunft kann mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben, zurückgenommen oder widerrufen werden (sinngemäße Anwendung des § 207 Abs. 2 AO; so auch BFH-Urteil vom 2.9.2010, BStBl. 2011 II S. 233). Dies ist auch dann möglich, wenn sich die steuerliche Beurteilung des Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder die Verwaltungsauffassung zum Nachteil des Arbeitgebers geändert hat. Hierbei handelt es sich um eine vom Betriebsstättenfinanzamt zu begründende Ermessensentscheidung (§ 5 AO). Die Aufhebung oder Änderung einer Anrufungsauskunft ist ermessensfehlerhaft, wenn das Finanzamt zu Unrecht von deren Rechtswidrigkeit ausgeht (BFH-Urteil vom 2.9.2021 VI R 19/19). Unter Berücksichtigung der vom Arbeitgeber im Vertrauen auf die erteilte Anrufungsauskunft getroffenen Dispositionen kann es im Einzelfall geboten sein, Aufhebung/Rücknahme/Widerruf zu einem späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen.

Beispiel A

Nach einer erteilten Anrufungsauskunft des Betriebsstättenfinanzamts handelt es sich bei den für die Firma F tätigen Personen nicht um Arbeitnehmer, sondern um selbstständige Mitarbeiter. Aufgrund geänderter Verwaltungsauffassung soll die Anrufungsauskunft widerrufen werden. Die Tätigkeiten für F werden nunmehr als nichtselbstständig angesehen und F hat als Arbeitgeber Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.

Die Anrufungsauskunft ist mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen, allerdings ist dem Arbeitgeber eine Übergangsphase einzuräumen (abhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer ggf. auch mehrere Monate), um die Beschäftigungsverträge anzupassen, Lohnkonten einzurichten etc.

Eine Anrufungsauskunft tritt automatisch – also ohne Tätigwerden der Finanzverwaltung – außer Kraft, wenn die Rechtsvorschriften, auf denen die Entscheidung beruht, geändert werden (z. B. Aufhebung einer gesetzlichen Steuerbefreiungsvorschrift oder neue gesetzliche Definition des Sachlohnbegriffs; analoge Anwendung des § 207 Abs. 1 AO). Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind lediglich Rechtsnormen (EStG, LStDV), nicht jedoch Verwaltungsanweisungen (LStR, Verfügungen) oder eine geänderte Rechtsprechung.

Obwohl es sich bei einer Anrufungsauskunft um einen Verwaltungsakt handelt und das Finanzamt eine erteilte Anrufungsauskunft mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern kann, ist in den Lohnsteuer-Richtlinien auch vorgesehen, dass das Finanzamt – z. B. bei Dauersachverhalten – eine Anrufungsauskunft zeitlich befristen kann (R 42e Abs. 1 Satz 3 LStR). Es handelt sich auch hierbei um eine Ermessensentscheidung des Finanzamts, ob sie eine Anrufungsauskunft zeitlich befristet oder nicht (§ 5 AO). Das Finanzamt braucht dabei seine Entscheidung über eine Befristung u.E. nicht näher begründen.

Die Gültigkeit einer Anrufungsauskunft entfällt bei einer Befristung automatisch durch Zeitablauf, ohne dass es einer Aufhebung oder Änderung durch das Finanzamt bedarf (§ 124 Abs. 2 AO). Selbstverständlich bleibt es dem Arbeitgeber oder auch dem Arbeitnehmer unbenommen, bereits vor Fristablauf eine erneute Anrufungsauskunft zu beantragen. Außerdem besteht für das Finanzamt die Möglichkeit, die zeitliche Geltungsdauer der erteilten Anrufungsauskunft ohne erneuten Antrag des Arbeitgebers von sich aus zu verlängern.

Beispiel B

Das Finanzamt hat auf Antrag des Arbeitgebers am 6.5.2021 eine Anrufungsauskunft erteilt, die bis zum 30.4.2022 befristet ist.

Sofern die Anrufungsauskunft nicht über den 30.4.2022 hinaus auf Antrag des Arbeitgebers oder (automatisch) vom Finanzamt verlängert wird, ist sie ab 1.5.2022 für das Lohnsteuerabzugsverfahren nicht mehr bindend.

Der Bundesfinanzhof hat die Verwaltungsauffassung bestätigt, dass bei einem Widerruf einer Anrufungsauskunft grundsätzlich keine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt (BFH-Beschluss vom 15.1.2015, BStBl. II S. 447). Durch die Anrufungsauskunft wird lediglich eine Regelung getroffen, wie das Betriebsstättenfinanzamt den vom Arbeitgeber dargestellten Sachverhalt im Hinblick auf dessen Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug gegenwärtig beurteilt. Demgemäß erschöpft sich der Inhalt des Widerrufs einer Anrufungsauskunft darin, dass das Betriebsstättenfinanzamt mitteilt, von nun an eine andere Auffassung als bisher zu vertreten. Eine Aussetzung der Vollziehung kommt allenfalls in Betracht, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Beteiligten durch den Widerruf der Anrufungsauskunft unmittelbar bedroht ist. Dies wird in aller Regel nicht der Fall sein.

Die vorstehenden Ausführungen zur Aussetzung der Vollziehung gelten entsprechend für die (erstmalige) Erteilung einer Anrufungsauskunft sowie für die Ablehnung dergleichen.

Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB)

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