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Bavauds missglücktes Hitler-Attentat

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Wie in jeder Organisation gab und gibt es auch in den rechtsextremen Parteien einzelne Personen, deren Motivation zur Mitgliedschaft unklar ist. So bleiben auch die Beweggründe des jungen Neuenburger Theologiestudenten Maurice Bavaud zu seiner kurzzeitigen Mitgliedschaft in der «Nationalen Front (NF)» umso rätselhafter, als er die Ermordung Adolf Hitlers geplant hatte. War die Nähe dieses tiefgläubigen Katholiken zu den Frontisten ein Tarnmanöver, um seine Attentatspläne zu vernebeln, oder war er einem fanatischen Antijudaismus verfallen? Diese Frage löste heftige Kontroversen aus.[54]

Maurice Bavaud studierte nach einer Lehre als technischer Zeichner in der «Congrégation du Saint Esprit» im bretonischen St. Ilan bei Saint-Brieuc, um Missionar zu werden. Dort reifte sein Entschluss, den Tyrannenmord zu vollziehen.

Mit 600 Franken und einer geladenen Damenpistole (Kaliber 6,35 mm) in der Tasche reist der 22-jährige Priesterseminarist nach Deutschland. In der Hoffnung, Hitler zu Gesicht zu bekommen und erschiessen zu können, verfolgt er in der Presse dessen geplante Auftritte und pendelt mehrmals zwischen München und Berchtesgaden. Am Münchner NS-Gedenkmarsch vom 9. November 1938 marschiert der «Führer» mit seinen Gefolgsleuten auf die Feldherrnhalle zu. Bavaud steht in der ersten Reihe der Tribüne vor dem Alten Rathaus und sichtet ihn. Doch die Schussentfernung zum «Führer» ist zu gross. Die Pistole bleibt deshalb in Bavauds Manteltasche stecken. Vier Tage später fährt der verhinderte Attentäter mit lediglich 1,52 Reichsmark in der Tasche in Richtung Schweiz zurück. Vor Augsburg ertappt ihn der Zugschaffner ohne gültige Fahrkarte und überstellt ihn deshalb der Bahnpolizei. Da es sich um einen bewaffneten Ausländer handelt, wird die «Geheime Staatspolizei (Gestapo)» aufgeboten, die ihn eine Woche lang ununterbrochen verhört. Bavaud hält dem Druck nicht stand und gibt sein vereiteltes Vorhaben zu. Man überführt ihn zum Volksgerichtshof nach Berlin, wo er am 18. Dezember 1939 vom Zweiten Senat zum Tode verurteilt wird. Maurice Bavaud rechtfertigt seinen Attentatsversuch mit der Erklärung, dass er fest davon überzeugt gewesen sei, mit der Ermordung Hitlers «der Menschheit und der gesamten Christenheit einen Dienst zu erweisen». Nach dem Geheimprozess lässt man Bavaud über dreissig Monate in der Gefängniszelle sitzen. Während dieser langen Haftzeit engagiert sich weder das Eidgenössische Politische Departement (EPD) noch die diplomatische Vertretung der Schweiz zugunsten des Gefangenen. Der in Berlin-Tiergarten prunkvoll residierende Schweizer Gesandte, Hans Frölicher, pflegt exzellente Beziehungen zu den Nazigrössen. Er verweigert jede Hilfestellung für Bavaud und hält es nicht einmal für nötig, dessen Eltern über sein Los zu informieren. «Auch muss sich die Gesandtschaft mit Rücksicht auf die verabscheuungswürdigen Absichten des Verurteilten begreiflicherweise eine gewisse Zurückhaltung bei der Vorbringung ihrer Begehren auferlegen. Ich halte es deshalb nicht für angebracht, um einen Besuch bei dem Verurteilten nachzusuchen»,[55] schreibt Frölicher nach Bern und schliesst seine diplomatische Note mit der Floskel «Mit deutschem Gruss». Maurice Bauvauds verzweifelter Vater schlägt den Bundesbehörden vor, seinen Sohn gegen einen in der Schweiz inhaftierten deutschen Spion auszutauschen. Der Vorschlag wird abgelehnt; das Militärdepartement hat sein Veto eingelegt – die Staatsräson verbiete den Austausch.[56] Am 14. Mai 1941 wird Maurice Bavaud in Berlin-Plötzensee enthauptet.

1955 wird der vierzehn Jahre zuvor hingerichtete Neuenburger in einem ersten Revisionsprozess in Deutschland posthum wegen versuchten Mordes zu fünf Jahren Gefängnis und zu fünf Jahren Verlust der bürgerlichen Ehren verurteilt. Dieses unsinnige Urteil wird damit begründet, dass «das Leben Hitlers in gleicher Weise als geschütztes Rechtsgut anzuerkennen ist wie das Leben eines jeden anderen Menschen.» Erst ein Jahr später folgt in einem zweiten Prozess der Freispruch.

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