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Drei Arten, die Pflicht zum Klimaschutz zu leugnen

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Wer behauptet, dass es so etwas wie eine moralische Pflicht zum Klimaschutz gibt, der behauptet in aller Regel, dass der Klimawandel ein moralisches Problem darstellt, auf das wir – die Mitglieder der heutigen Generation – mit Klimaschutz reagieren müssen. Die These, wir hätten eine Pflicht zum Klimaschutz, umfasst also eigentlich drei Thesen: erstens die Behauptung, dass der Klimawandel grundsätzlich ein moralisches Problem darstellt, auf das überhaupt irgendwer irgendwie reagieren muss; zweitens die Behauptung, dass wir (die Mitglieder der heutigen Generation) es sind, die reagieren müssen; und drittens die Behauptung, dass das, was wir tun müssen, Klimaschutz ist. Das gilt ganz allgemein auch in anderen Zusammenhängen: Wer behauptet, Frieda habe die Pflicht, für den kranken Nachbarn einen Einkauf zu erledigen, der behauptet, dass überhaupt irgendjemand irgendwie auf die Krankheit des Nachbarn reagieren muss (dass die Krankheit also ein moralisches Problem darstellt), dass es Frieda ist, die hier etwas tun muss, und dass das, was sie tun muss, die Erledigung des Einkaufs ist.

Entsprechend kann man nun unterscheiden zwischen drei verschiedenen „Gegnern“ der Behauptung, es gebe eine moralische Pflicht zum Klimaschutz. Erstens gibt es jene, die bestreiten, dass der Klimawandel überhaupt ein moralisches Problem darstellt; sie bestreiten also, dass der Klimawandel überhaupt irgendjemandem irgendetwas abverlangt. Wer z.B. glaubt, es gebe gar keinen Klimawandel oder er habe keine negativen Folgen, der wird auch leugnen, dass es moralischen Handlungsbedarf gibt – denn wenn es nichts gibt, worauf man reagieren könnte, dann muss man auch nicht reagieren.

Zweitens gibt es aber auch jene, die zwar zugestehen, dass der Klimawandel ein moralisches Problem ist, die aber leugnen, dass gerade wir es sind, die etwas dagegen tun müssen; hier wird nicht bestritten, dass der Klimawandel irgendjemandem etwas abverlangt, sondern nur, dass er uns etwas abverlangt. Man könnte z.B. der Ansicht sein, dass der Klimawandel ja nicht uns Menschen der heutigen Generation, sondern ausschließlich die Menschen der ferneren Zukunft betrifft. Und man könnte weiter glauben, dass wir diesen Menschen gar nichts schulden können, weil wir zu Menschen in der ferneren Zukunft in keinerlei Beziehungen treten können: Wenn sie existieren, existieren wir nicht mehr. Wer also der Auffassung ist, dass heutige Generationen zukünftigen Generationen moralisch grundsätzlich gar nichts schulden können, der wird auch der Ansicht sein, dass es keine Klimaschutzpflicht gibt.

Drittens schließlich gibt es jene, die zugestehen, dass der Klimawandel ein moralisches Problem ist, und auch zugestehen, dass wir es sind, die etwas tun müssen, die aber leugnen, dass wir ausgerechnet Klimaschutz leisten müssen; sie bestreiten also nicht, dass wir angesichts des Klimawandels überhaupt etwas tun müssen, sondern nur, dass dieses Etwas gerade Klimaschutz ist. Man könnte beispielsweise der Ansicht sein, dass wir zukünftigen Generationen lediglich die Möglichkeit schulden, sich an den Klimawandel anpassen zu können oder ihn durch technische Lösungen abmildern zu können. Das wäre keine Klimaschutzpflicht, sondern eine Pflicht zur Ermöglichung von Anpassung an den Klimawandel.

Es gibt somit eigentlich drei verschiedene Arten, die moralische Pflicht zum Klimaschutz zu leugnen:

Drei Arten, die Pflicht zum Klimaschutz zu leugnen

1. das Leugnen der Grundlage der Klimaschutzpflicht (der Klimawandel als moralisches Problem): „Wir haben keine moralische Pflicht zum Klimaschutz, weil der Klimawandel gar kein moralisches Problem ist.“

2. das Leugnen des Adressaten der Klimaschutzpflicht (die heutige Generation): „Wir haben keine moralische Pflicht zum Klimaschutz, weil der Klimawandel ein moralisches Problem ist, das nur zukünftige Generationen betrifft, und gegenüber zukünftigen Generationen haben wir grundsätzlich keine Pflichten.“

3. das Leugnen des Inhalts der Klimaschutzpflicht (Klimaschutz und nicht Anpassung): „Wir haben keine moralische Pflicht zum Klimaschutz, weil wir in Bezug auf das moralische Problem des Klimawandels zukünftigen Generationen gegenüber zu etwas ganz anderem (z.B. Überlassung der Ressourcen zur Anpassung) verpflichtet sind.“

Wann immer man mit jemandem diskutiert, der der Ansicht ist, dass man nicht zu Klimaschutz verpflichtet sei, sollte man sich zunächst fragen, welche dieser drei Positionen der Betreffende eigentlich einnimmt, um angemessen darauf reagieren zu können. Wir werden nun genauer prüfen, auf welche Überlegungen sich das erste Leugnen der Klimaschutzpflicht berufen könnte. Die Gründe, die für – und gegen – die beiden anderen Formen des Leugnens sprechen, untersuchen wir dann in Kapitel 3 und 4.

Ethik des Klimawandels

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