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1.2 Asperger-Syndrom und Kanner-Syndrom

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Entscheidend für die Entwicklung des weiteren Autismusbegriffs und -konzepts waren die Fallbeschreibungen von Hans Asperger und Leo Kanner (1894–1981).

Asperger beschrieb 1944 in seiner richtungweisenden Habilitation vier Jungen im Alter von 6–8 Jahren, die deutliche Kontaktschwierigkeiten hatten, sich sozial in die Bezugsgruppen nicht einordnen konnten, Kommunikationsprobleme aufwiesen und im emotionalen Erleben und Ausdrucksverhalten auffielen. Ebenso fielen eine motorische Ungeschicklichkeit und ein seltsames Sprachverhalten sowie ein eigenartiger Umweltbezug auf. Die Gemeinsamkeiten dieser vier Kinder fasste Asperger unter sechs Kategorien zusammen, die die wesentlichen Kriterien des heute nach ihm benannten Syndroms beinhalteten.

An dieser Stelle sei aber noch einmal darauf hingewiesen, dass schon 1926 von Grunja E. Ssucharewa ein weitgehend ähnliches klinisches Bild bei sechs Kindern im Alter von 10–12 Jahren beschrieben worden war (Ssucharewa 1926). Ihrer in deutscher Sprache veröffentlichten Schrift erging es ähnlich wie der von Hans Asperger: sie wurde zunächst über Jahrzehnte ignoriert. Während Aspergers Arbeit erst nach einer Referenz in einer Fallserie von Lorna Wing (1981) international beachtet wurde, geschah dies im Falle von Ssucharewas Beschreibung erst durch eine späte Übersetzung ins Englische von Susan Wolff (1996).

Leo Kanner beschrieb 1943 in seiner Publikation acht Jungen und drei Mädchen, bei denen ihm schon sehr früh in der Entwicklung die fehlende Fähigkeit, emotionale Beziehungen aufzunehmen, aufgefallen war (Kanner 1943). Drei der Kinder sprachen gar nicht und die meisten der anderen wiesen Auffälligkeiten der Sprache auf. Beziehungen wurden insbesondere zu Objekten, aber weniger zu anderen Menschen aufgenommen. Die meisten Kinder waren geräuschempfindlich, konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf kleine Teile oder Teilaspekte von komplexeren Dingen. Ihre Verhaltensweisen waren rigide und stereotyp und sie erwiesen sich als extrem empfindlich im Hinblick auf Veränderungen der Umwelt und Tagesabläufe. Schon Kanner bemerkte, dass auch einige der Eltern teilweise verwandte Eigenschaften aufwiesen insofern, als dass sie hochintelligent waren, aber emotional distanziert auftraten und eine Tendenz aufwiesen, sich in Kunst und Wissenschaft zu vertiefen.

Damit war in Form dreier vergleichsweise kleiner Fallserien im Wesentlichen der Rahmen gesteckt für die konzeptuelle Entwicklung der autistischen Krankheiten oder Autismus-Spektrum-Störungen der heutigen großen Klassifikationssysteme DSM und ICD.

Autismus-Spektrum-Störungen im Erwachsenenalter

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