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Geleitwort zur 1. Auflage

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Noch vor etwa 10 Jahren war die Diagnose eines Asperger-Syndroms oder anderer hochfunktionaler Autismus-Spektrum-Störungen an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg so gut wie inexistent. Das hat sich nach Einführung des Schwerpunkts Autismus-Spektrum-Störungen im Jahr 2004 entscheidend geändert. Nun werden im klinischen Alltag Autismus-Spektrum-Diagnosen endlich adäquat erkannt, wo zuvor nur atypische Depressionen, Angsterkrankungen, schizoide Persönlichkeitsstörungen oder Anpassungsstörungen im Zusammenhang mit schwer zu verstehenden sozialen Konflikten gesehen wurden. Aber auch bei sich nicht klassisch präsentierenden Zwangsstörungen oder psychotischen Krankheitsbildern, etwa im Sinne einer Schizophrenia simplex, werden inzwischen immer wieder Patienten identifiziert, deren Symptome und Leidensgeschichten erst nach Diagnose der hochfunktionalen Autismus-Spektrum-Störung sowohl für die Patienten als auch für die Behandler adäquat verstehbar werden.

Der in den letzten Jahren an unserer Klinik gewachsene Eindruck, dass derartige hochfunktionale Autismus-Spektrum-Störungen durchaus häufig sind und auch gegenwärtig schon im Kontext der Psychiatrie und Psychotherapie behandelt werden ohne unbedingt als solche erkannt zu werden, wird durch jüngste populationsbasierte epidemiologische Studien, die eine entsprechende Prävalenzrate von über 1% nahelegen, unterstützt.

Dabei erscheint es wahrscheinlich, dass der Blick auf die Autismus-Spektrum-Störungen aus der Perspektive der Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie ein anderer sein kann, als der aus der Perspektive der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Denn viele der im Erwachsenenalter diagnostizierten Patienten können auf gute individuelle Kompensationsmöglichkeiten bzw. eine sehr gute psychosoziale Unterstützungsstruktur zurückgreifen, die es ihnen ermöglicht hat, lange Zeit erfolgreich mit den primären Autismus-spezifischen Problemen und Schwächen umzugehen. Die genaue biografische Analyse zeigt aber auch in diesen Fällen, dass sich dennoch eine lebenslange, oft stille Leidensgeschichte hinter dem eigenen Anders-Sein verbirgt.

Gerade deshalb ist die Identifikation der Autismus-Spektrum-Störung in diesem Zusammenhang so wichtig. Denn sie bietet für Patienten wie auch für Behandler ein angemessenes und überzeugendes Verstehensmodell der klinischen Symptomatik und Problematik. Damit ist sie auch Voraussetzung für eine den Patienten angemessene Therapieplanung und -gestaltung.

Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass die Autoren dieses Buches ein Werk vorlegen, in dem die besondere Problematik der Autismus-Spektrum-Störungen im Erwachsenenalter ins Zentrum des Interesses gerückt wird. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass ein erstes gruppenpsychotherapeutisches Therapieprogramm entwickelt wurde – und aktuell evaluiert wird –welches auf die spezifischen Symptome und Probleme erwachsener Menschen mit hochfunktionalem Autismus zugeschnitten ist (FASTER-Konzept, s. Kap. IV.7).

Ich verbinde mit dieser Buchpublikation die Hoffnung, dass eine umfassende Aufklärung und Weiterbildung im Hinblick auf dieses Störungsbild es zukünftig allen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erleichtern wird, die klinische Symptomatik nicht nur angemessen zu erkennen, sondern auch spezifische und für die Patientengruppe zugeschnittene therapeutische und insbesondere psychotherapeutische Interventionen in die Wege zu leiten.

Freiburg, November 2012

Mathias Berger

Autismus-Spektrum-Störungen im Erwachsenenalter

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