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1. Kreuzzüge als Heilige Kriege und Bußwallfahrten

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Die Kreuzzüge waren bewaffnete Pilgerfahrten zu Zwecken der Buße. Sie wurden nicht ausschließlich in der Levante geführt, sondern mit gleichem Eifer entlang der baltischen Ostseeküste, in Nordafrika, auf der Iberischen Halbinsel, in Polen, Ungarn, auf dem Balkan und sogar in Westeuropa. Sie wurden nicht allein gegen Muslime ausgerufen, sondern auch gegen die heidnischen Wenden, Balten und Litauer, gegen schamanistische Mongolen, orthodoxe Russen und Griechen, häretische Katharer und Hussiten – und gegen jene Katholiken, welche die Kirche als ihre Feinde betrachtete. Die Kreuzzugsbewegung schuf „heilige Ligen“ – militärische Allianzen gegen den Islam, denen die Kreuzzugsprivilegien der Kreuzfahrerschaft Auftrieb verliehen – und Ritterorden, deren Mitglieder in zwei Fällen sogar aus eigenen Ordensstaaten heraus ihre Kriegszüge unternahmen.

Buße und Ablass

Wenn Menschen sündigen, dann laden sie Schuld auf sich – sie verschulden sich bei Gott. Diese Schulden müssen irgendwie zurückgezahlt werden, entweder durch Leiden in dieser Welt oder durch Bestrafung in der nächsten. Schon vor der Zeit der Kreuzzüge hatte es im Christentum die Auffassung gegeben, diese Schuldenlast könne dadurch reduziert werden, dass ein Sünder oder eine Sünderin mit der rechten Geisteshaltung einen aufrichtigen Akt der Buße unternahm. Das war eine Form der selbst auferlegten Bestrafung, die etwa in dem Beschluss, zu fasten, zu pilgern oder sich selbst Schmerzen zuzufügen, bestehen konnte. Diese Buße konnte man freiwillig auf sich nehmen; sie konnte der Sünderin oder dem Sünder aber auch von dem Priester, dem sie die Verfehlungen gebeichtet hatten, auferlegt werden. In der Zeit der Kreuzzüge begannen die meisten Christen zu glauben, dass kein Akt der Buße Gott jemals Genugtuung bereiten konnte, weil selbst die reuigsten Sünder niemals „angemessene“ Rückzahlungen an ihren Schöpfer leisten konnten. Der Ablass, der in seiner endgültigen Form um 1200 entstanden ist, stellte einen seelsorgerlichen Versuch zur Lösung dieses Dilemmas dar. Indem sie sich auf die „Macht zu binden und zu lösen“ berief, die Jesus seinen Aposteln verliehen hatte (vgl. Mt 16,19; 18,18), erklärte die Kirche Folgendes: Wenn eine sündige Person ihre Sünden gebeichtet hatte, dann würde die Verrichtung von bestimmten, klar definierten Akten der Buße vor Gott als ausreichende Sühne Gnade finden. Der Wert der jeweiligen Bußtat bemaß sich durch einen anteiligen Erlass der nach Eintreten ihres Todes für die sündige Person vorgesehenen Strafzeit im Fegefeuer (jenem Ort im Jenseits, an dem sie von ihren verbliebenen Sünden gereinigt würde). Diese Reduktion war der Ablass. Als vollen Ablass bezeichnete man das Versprechen einer gänzlichen Tilgung und Vergebung sämtlicher bis zum Zeitpunkt seiner Zuerkennung begangenen Sünden.

Die Kreuzzugsbewegung passte sich mit der Zeit an die Umstände und sich wandelnden Sitten an, aber bestimmte Eigenschaften bewahrte sie durch alle Umbrüche hindurch: „Das Kreuz zu nehmen“ – sich an einem Kreuzzug zu beteiligen –, das hieß eine heilige Handlung auszuführen (denn schließlich wurden diese Kriege im Namen Gottes geführt); aber zugleich handelte es sich auch um einen Akt der Buße, denn die Teilnehmer betrachteten sich selbst als Büßer. Der Krieg war vom Papst autorisiert, dem Stellvertreter Christi auf Erden. Die meisten Kreuzfahrer waren Männer (oder Frauen), die dem Laienstand angehörten und sich durch ein besonderes Gelübde zum Kreuzzug verpflichteten. Als Lohn erhielten sie Ablässe – verbriefte Garantien dafür, dass die von ihnen unternommenen Bußanstrengungen in Gottes Augen als völlig zufriedenstellend angesehen würden und sie somit die Vergebung aller Sünden erreichten, die sie bislang auf sich geladen hatten. Wenn ihre Gelübde erfüllt waren oder der Kriegszug als beendet galt, kehrten sie in ihr früheres Leben zurück. Es gab allerdings auch noch eine andere Art von Kreuzfahrern; das waren die Brüder (und, seltener, Schwestern) der Ritterorden wie etwa der Templer, Johanniter oder des Deutschen Ordens. Diese Ritter hatten in ihrem Orden die Profess abgelegt und sich somit auf Dauer zur Verteidigung der Christenheit und des Christentums verpflichtet. Alle diese Gelübde – ob spezifisch und befristet oder permanent – wurden nach außen hin durch Kreuze symbolisiert, die auf der Alltagskleidung oder der Ordenstracht aufgenäht waren.

Die Kreuzzüge

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