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Das „Elfte Gebot“

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Robert GERNHARDT, der 2006 verstorbene Dichter und Karikaturist, schildert in einem lesenswerten Traktat, wie er, Robert GERNHARDT, von Gott dem HERRN auf dem Feldberg das „Elfte Gebot“ erhielt, das er, der HERR, vergessen hatte, Moses mitzugeben. Es lautet: „Du sollst nicht lärmen.“

Das „Elfte Gebot“ enthält Gesetze und Maßregeln über den Gebrauch von „reinen Musikinstrumenten, die Saiten haben oder Löcher, und unreinen, die geschlagen werden oder bei denen sich die Backen aufblähen; über Vergehen gegen Ohr und Seele durch Rasenmäher und Laubbläser, sowie durch alles Getier, dem man Anlass gibt, den Mond anzubellen oder auf Erden zu winseln; über todeswürdigen Lärm von frisierten Motorrädern und Ultraleichtflugzeugen, und handelt vom rechten Gebrauch von Geräten, wie Hi-Fi-Anlagen und Radios, die man aus dem Haus trägt, und allen kleinen Geräten, die man in die Tasche stecken kann und die piepsen, zirpen und wummern.“

Es endet mit der Drohung:

„Entsteht durch den Lärm ein dauernder Schaden, so sollst du geben Lärmen um Lärmen, Ohr um Ohr, Ton um Ton, Krach um Krach. Wer aber fortfährt zu lärmen, der soll des Todes sterben, und seine Lärmquelle soll man steinigen. Das ist das Elfte Gebot, das der Herr dem Gernhardt gebot für alles Volk auf dem Feldberg.“

Die launigen Worte des Satirikers sollen nicht täuschen. Sie machen darauf aufmerksam, dass „Lärmen“ eine Tätigkeit ist, die sich nach unseren gesellschaftlichen Konventionen nicht ge-„hört“. Viele Dichter und Denker erfasst Zorn, wenn sie auf den Lärm zu sprechen kommen. Wenige haben sich aber so dezidiert dazu geäußert wie die Schriftsteller Franz KAFKA, Max BROD, Kurt TUCHOLSKY und Hans Magnus ENZENSBERGER oder die Philosophen SENECA, Arthur SCHOPENHAUER und Theodor LESSING. Diese und noch einige andere, einschließlich des oben zitierten Robert GERNHARDT, findet man im Protest gegen den Lärm vereint in dem kleinen Reclam-Bändchen „Du sollst nicht lärmen“, herausgegeben von Rainer BARBEY und Jürgen DAIBER (BARBEY & DAIBER, 2014).

Manche der Autoren, die wir an passender Stelle zu Wort kommen lassen, äußern sich streng, wütend und wenig nachsichtig mit ihren lärmenden Mitmenschen, wie die als Kulturkritiker bekannten Philosophen SCHOPENHAUER und LESSING, andere eher sarkastisch wie TUCHOLSKY und GERNHARDT. Essays und Traktate der beiden zuletzt Genannten werden oftmals in die Ecke der Schmunzel-Literatur gestellt. Dabei ist Lärm ein sehr ernsthaftes Thema – ein „Burden of Disease“.

Lauter Schall

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