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Theologische Überlegungen

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Nun war der König keineswegs ein liebeskranker Trottel, der blind seinen sexuellen Trieben nachgab. Noch immer wünschte er sich nichts sehnlicher als einen Sohn, doch nach Auskunft der Ärzte würde ihm Katharina kein Kind mehr schenken können. Dass in den mehr als 15 Jahren ihrer Ehe trotz der vielen Schwangerschaften nur Maria am Leben geblieben war, machte Heinrich VIII. zunehmend nachdenklich. Wollte Gott ihn womöglich dafür strafen, dass er Katharina geheiratet und damit gegen alttestamentarisches Gesetz verstoßen hatte? Heinrich las noch einmal in der Bibel nach: „Nimmt jemand das Weib seines Bruders, so ist das abscheulich; er hat seines Bruders Blöße enthüllt; sie werden kinderlos bleiben.“ (Lev. 20,21) Wenn das so war, dann konnte sich kein Mensch, noch nicht einmal der Papst über Gottes Wort hinwegsetzen. Der Dispens war dann nur noch Makulatur. Wenn aber die Verbindung mit Katharina Unrecht war – Inzest, der von Gott mit Kinderlosigkeit bestraft wurde – dann gab es nur einen Weg, den der König einschlagen musste: die sofortige Scheidung, die Annullierung dieser schändlichen „Schwagerehe“!

Doch ganz so einfach war das nicht. Erst einmal musste eine Frage geklärt werden: Konnte die päpstliche Zustimmung die Menschen von einem gottgegebenen Gesetz befreien oder nicht? Theologen und Juristen in ganz Europa zerbrachen sich ihre gelehrten Köpfe, kamen jedoch zu keinem befriedigenden Ergebnis. Die Sache zog sich in die Länge. 1529 schickte Heinrich seinen Berater, den Theologieprofessor Thomas Cranmer (1489–1556) auf den Kontinent, um die Unterstützung der protestantischen Fürsten für die Annullierung der königlichen Ehe einzuholen. Anders als die Katholiken waren die Protestanten schließlich unabhängig vom Primat des Papstes und stellten ausschließlich das Bibelwort in den Mittelpunkt ihres Glaubens. Doch die Frage, ob es rechtmäßig war, die Ehe Heinrichs VIII. aufzuheben, konnten auch sie nicht wirklich beantworten. 1530 erstellten Gelehrte jedoch ein Gutachten, in dem es hieß, dass die Heirat eines Mannes mit der Witwe seines Bruders gegen göttliches Gebot verstoße und auch vom Papst nicht für gültig erklärt werden könne. Das war zumindest ein Hoffnungsschimmer.

Gefährliche Verwandtschaft

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