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Fabius Maximus

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Wie ein Wirbelsturm hatte Hannibals Armee im Jahr 218 v. Chr. Teile Italiens überrollt. Seine fortgesetzten Siege über drei consularische Heere müssen den Römern wie ein Alptraum vorgekommen sein. Eine Wiederholung der in den römischen Annalen verzeichneten Gallierkatastrophe, die als Tiefpunkt ihrer Geschichte galt, schien in greifbare Nähe gerückt zu sein. Hatten die Römer die Karthager schlicht unterschätzt oder waren die Erfolge Hannibals vielmehr dem Leichtsinn oder gar der Unfähigkeit der römischen Kommandeure geschuldet? Jedenfalls herrschte nach den erlittenen Niederlagen in Rom blankes Entsetzen. Tagelang debattierte man im Senat ohne Unterbrechung. Der Ruf nach Lösungen und Erfolgen wurde laut.86 Vor allem wünschte man sich eine besonnene Kriegführung. Diese versprach man sich von dem erfahrenen und bewährten Quintus Fabius Maximus, und so wählte ihn das Volk zum Diktator – ein Ausnahmeamt, das die höchste ausführende Gewalt, und das bedeutete vor allem die Führung des Heeres, für die begrenzte Dauer von sechs Monaten auf sich vereinigte.87 Die Diktatur war aus der Not des Augenblickes geboren. Damit wollte man ein wirksames Instrument für die Bewältigung der bevorstehenden Herausforderungen schaffen.

Quintus Fabius Maximus änderte vor allem die Art der bisherigen Kriegführung. Ihn drängte es nicht, sich den Karthagern zu stellen, wie es seine Vorgänger getan hatten, die übereilt dem Gegner Schlachten auf ungünstigem Gelände angeboten und verloren hatten. Er ließ sich Zeit. Er nutzte sie, um die angeschlagene Moral der ihm anvertrauten Truppen (zwei neu ausgehobene Legionen und zwei weitere, die er vom Consul Gnaeus Servilius Geminus übernahm) durch Übungen zu heben und den günstigen Augenblick für die nächste militärische Auseinandersetzung selbst zu bestimmen.88 Inzwischen konnte sich Hannibal ungehindert durch Apulien und Campanien bewegen und diese fruchtbaren Gegenden nach Belieben verwüsten sowie reiche Beute machen, weil sich Fabius Maximus zurückhielt.89 Nach langem Warten sah dieser endlich die Möglichkeit gekommen, seine Defensivstrategie aufzugeben und Hannibal, der beim Übergang über den Volturnus unweit von Teanum eingekreist werden konnte, in eine Schlacht zu verwickeln. Dieser soll darauf mit einer List geantwortet haben: Er trieb eine Herde Ochsen mit Brandfackeln an den Hörnern in der Nacht auf das römische Lager zu. Die Wachmannschaft auf der Passstraße, die den Abzug der Karthager verhindern sollte, geriet in Panik, verließ ihren Posten und kämpfte gegen die karthagische Abteilung, die die Herde begleitete. Die entstandene Verwirrung nutzte Hannibal, um sich aus der Umklammerung des Fabius Maximus zu retten, der es nicht gewagt hatte, in der Nacht sein Lager zu verlassen und Hannibal anzugreifen. Es sei dahingestellt, ob diese von den antiken Autoren gern ausgebreitete Episode wörtlich zu nehmen ist.90 Jedenfalls diente sie dem Vergleich zwischen der Beweglichkeit Hannibals und der Bedächtigkeit des Fabius Maximus, der deshalb als Cunctator (Zauderer) in die Geschichtsbücher eingegangen ist.91 Unstreitig hatte das behutsame Vorgehen des Fabius Maximus insgesamt dazu beigetragen, Rom vor schweren Schäden zu bewahren. Nicht zuletzt deswegen errang er in der historischen Erinnerung der Römer einen hohen Stellenwert als Verkörperung einer nüchternen, planvollen Vorgehensart bei der Führung der Staatsangelegenheiten. Wie Cincinnatus, Claudius Caecus, der ältere Cato und andere Repräsentanten der republikanischen Traditionen rückte Fabius Maximus in jenen erlauchten Zirkel römischer Staatsmänner auf, die in den Biographien des Plutarch, eines der meistgelesenen Bücher der Antike und Neuzeit, verewigt wurden und als historische Belege für den Vorbildcharakter der Vergangenheit galten.

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