Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 48

12

Оглавление

Wir setzten das Rotlicht auf den Sportwagen um schneller voranzukommen. Unsere Kollegen Jay Kronburg und Leslie Morell folgten uns in einem Ford unserer Fahrbereitschaft. Clive und Orry hatten zur gleichen Zeit bereits damit begonnen, die Mitarbeiter von SuperSecure zu befragen.

Wir erreichten schließlich das Haus in der West 120th Street, in dem Tavernier zuletzt gewohnt hatte. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass das nicht mehr der Fall war. Wir stellten den Wagen an der Straße ab. Jay und Leslie trafen wenig später ein.

Das Haus, in dem Tavernier wohnte war ein etwas heruntergekommener Sandsteinbau. Früher mal war das Haus ein Hotel gewesen, was man an dem Portal sehen konnte. Aber die Zeiten waren längst vorbei.

Tavernier wohnte im dritten Stock.

„Milo und ich gehen rauf“, sagte ich. „Ihr passt an den Eingängen auf, dass Tavernier uns nicht entwischt. Schließlich könnte es ja sein, dass er keine Lust hat, sich mit uns zu unterhalten.“

Jay nickte und überprüfte den Sitz seines Magnum Revolvers.

Während Jay und Leslie Hinter- und Vordereingang besetzten, gingen Milo und ich ins Innere. Es gab keine Sicherheitsmaßnahmen. Weder Patrouillen eines Security Service noch Kameras oder dergleichen.

Aber ich konnte mir vorstellen, dass jemand wie Tavernier es auch nicht sonderlich schätzte, wenn seine Besucher durch irgendwelche Kameras abgelichtet wurden.

Dieser Ort versprach Anonymität. Und schützen konnte sich Tavernier sehr gut selbst. In seinem Dossier stand unter anderem, dass er mal Bezirksmeister im Vollkontakt-Karate gewesen war.

Der Aufzug funktionierte.

Wir ließen uns hinauf in den dritten Stock tragen.

Ein Mann kam aus der Tür, die zu Taverniers Wohnung gehörte. Aber es war nicht Tavernier, sondern ein sehr viel jüngerer Mann. Ich schätzte ihn auf nicht älter als 25. Er hatte dunkles, glattes Haar, das an den Seiten ausrasiert und oben zu einem Stachelkamm hochtoupiert war.

Unter dem Arm trug er ein Laptop. Unter seiner Jacke wurde der Blick auf die Griffe von zwei Pistolen frei, die er sich hinter den Hosenbund gesteckt hatte.

Er sah uns an und spurtete dann los.

„Stehen bleiben! FBI!“, rief ich und zog meine Waffe.

Der Dunkelhaarige ließ das Laptop fallen und griff unter die Jacke. Er zog beide Waffen gleichzeitig und feuerte wild drauflos. Die ersten Schüsse krachten über uns hinweg und ließen mehrere Leuchtstoffröhren zerspringen.

Ich hatte den Stecher meiner SIG Sauer P226 schon bis zum Druckpunkt durchgezogen, als hinter dem Flüchtigen ein alter Mann um die Ecke kam. Er schob einen Rollator vor sich und hatte die Situation noch nicht erfasst. Vielleicht hörte er auch schwer. Jedenfalls blickte er ziemlich orientierungslos umher, während der Dunkelhaarige auf ihn zu stürmte.

Ich konnte unmöglich schießen, ohne diesen Unbeteiligten zu gefährden.

Der Dunkelhaarige riss den Mann mit dem Rollator rücksichtslos zu Boden und war einen Augenblick später hinter der Ecke verschwunden.

Über Headset gab ich Leslie und Jay eine Beschreibung durch.

„Der Kerl kommt über das Treppenhaus und zwei automatische Pistolen in den Fäusten!“, sagte ich.

„Okay, wir kriegen den schon!“, war Jay Kronburg recht optimistisch.

Ich ging zu dem alten Mann und half ihm auf.

„Ich hoffe, es ist alles in Ordnung, Sir“, sagte ich.

„Wie bitte?“, fragte er. Er hatte sein Hörgerät bei dem Sturz verloren. Ich hob es auf und gab es ihm zurück. Nach einigen Schwierigkeiten stand er wieder auf seinen Beinen und meinte, dass alles in Ordnung sei. Sicherheitshalber rief ich per Handy aber doch den Emergency Service.

„Wo ist Ihre Wohnung?“, fragte ich, als er wieder hören konnte.

„Die erste hinter der Ecke.“

Ich brachte ihn dort hin und gab ihm meine Karte.

„Das war mal eine gute Adresse hier“, sagte er. „Aber das ist lange her… Heute wimmelt es hier nur so vor Gesindel.“

Unterdessen kam über das Headset von Jay die Meldung: „Wir haben ihn, Jesse!“

„Gut, dann bringt ihn rauf!“, sagte ich.

„Der Kerl hat übrigens nicht nur zwei Pistolen bei sich, sondern vier! In den Taschen seiner Jacke steckten noch zwei Eisen vom Kaliber 38 und außerdem noch so viel Munition, dass es ein Wunder ist, dass die Nähte nicht gerissen sind. Und davon abgesehen noch hunderttausend Dollar in bar.“

„Da hat wohl jemand in der Lotterie gewonnen“, gab ich zurück. „Ich nehme an, dass das Geld aus Mister Taverniers Wohnung stammt.“

Und dasselbe galt vermutlich für das Laptop und den Großteil der Waffen und der Munition, die der Dunkelhaarige bei sich gehabt hatte.

„Mit wem unterhalten Sie sich?“, fragte mich der Alte, dessen Name Roger Combs war, wie an seinem Wohnungsschild abzulesen war.

„Mit meinem Kollegen. Wir tragen Funkgeräte.“

„Ah – und es geht um Mister Tavernier?“

Wenn er sein Hörgerät eingeschaltet hatte, konnte er offenbar doch gut genug hören, um alles mit zu bekommen.

Inzwischen meldete sich Milo. „Du musst dir unbedingt die Wohnung ansehen. Tavernier ist jedenfalls nicht hier.“

„Verstehe“, sagte ich und wandte mich an Combs. „Ja. Wir suchen James Tavernier. Haben Sie eine Ahnung, wo er stecken könnte?“

„Nein. Aber ehrlich gesagt wundert es mich, dass Sie hinter ihm her sind.“

„Wieso?“

„Weil Ihre Kollegen ihn doch heute Morgen erst abgeführt haben.“

„Unsere Kollegen?“

„Ja. Zwei Männer haben ihn abgeholt und das sah so ähnlich aus, als wenn jemand verhaftet und abgeführt wird…“

Auswahlband Krimi Winter 2020

Подняться наверх