Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 59
23
Оглавление„Waren wir zu hart?“, fragte ich Gary Schmitt, nachdem auch wir die Wohnung von Arlene O’Donovan verlassen hatten.
Wir befanden uns in der Tiefgarage und gingen auf den Bereich zu, in dem sich sowohl unser Sportwagen, als auch der Chevy von Dr. Schmitt befanden.
„Es hätte nichts gebracht, wenn Sie sensibler vorgegangen wären, Agent Trevellian.“
„Wir sollten auf jeden Fall überprüfen, wo dieser Gorey zu den jeweiligen Tatzeiten gewesen ist“, schlug Milo vor und setzte dann noch hinzu: „Dieser Hinweis auf den Steuerberater war ja wohl nichts als eine Schutzbehauptung.“
„Mir ist dieser Morane im Vorzimmer von Tamara Jordan begegnet“, berichtete ich. „Er hat übrigens auch zerkratzte Hände.
„Also zurück zu diesem Gorey“, meldete sich Schmitt zu Wort. „Sie können ja gerne sein Alibi und seinen Terminkalender überprüfen. Und vielleicht steckt er auch in den illegalen Datengeschäften mit drin.“
„Das wäre ein Motiv, weswegen er hier auftaucht“, glaubte ich. „Er wollte mal sehen, was Arlene O’Donovan von der Sache mitbekommen hat.“
„Jedenfalls hat er sich die Bilder, die Sie ihm vorgelegt haben, kaum angesehen“, stimmte Dr. Schmitt zu. „Aber der Aschenbecher-Killer ist er nicht.“
Die Art und Weise, in der Dr. Schmitt das sagte, klang ziemlich sicher. Er sprach im Tonfall absoluter Gewissheit.
„Wie wollen Sie das ausschließen?“
„Erstens war er zu nachlässig gekleidet und zweitens hat er selbst zugegeben, es mit seiner Neurodermitis-Diät nicht so genau zu nehmen. Vor allem Letzteres halte ich für undenkbar. Das passt einfach nicht zu unserem Mann.“
Ich blieb stehen und erstarrte wie zur Salzsäule. Die Hand war instinktiv bei der Dienstwaffe im Gürtelholster. In einer Parklücke, an der wir vorbeikamen, lag der ausgestreckte Körper eines Mannes auf dem Asphalt.
Es war Clinton Gorey. Schon die eigenartig verrenkte Stellung, in der er da lag, machte klar, dass er nicht mehr am Leben war. Sein Blick starrte gefroren gegen die Decke der Tiefgarage. Eine Blutlache ergoss sich auf den Asphaltboden. Die Todesursache war wohl ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf. Vielleicht ein Baseballschläger oder ähnliches.
Ein Wagen wurde angelassen. Der Motor brauste auf. Ein Fahrzeug raste die Gasse zwischen den parkenden Fahrzeugen entlang.
Kurz entschlossen spurtete ich los, zwischen zwei Reihen parkender Fahrzeuge hindurch und dann auf eine parallel verlaufende Gasse.
Der Wagen fuhr genau auf mich zu.
Ein Van mit Kuhfänger. Der Motor heulte auf. Den Fahrer konnte ich nur als dunklen Schemen erkennen.
Auf eine Konfrontation mit dem Kuhfänger wollte ich es besser nicht ankommen lassen. Gerade noch rechtzeitig warf ich mich zur Seite, rollte auf dem Asphalt ab und landete vor der Motorhaube eines BMW.
Der Van brauste an mir vorbei.
Haarscharf.
Kaum eine Handbreit lag zwischen mir und den mit einem starken Profil ausgestatteten Reifen des Van.
Kaum war das Gefährt an mir vorbei gerast, drehte ich mich um die eigene Achse, riss die SIG Sauer P226 herum und drückte ab.
Fünfmal kurz hintereinander zog ich den Stecher der Waffe durch. Der Reifen hinten links platzte. Der Geruch von verbranntem Gummi verbreitete sich. Die Felge kratzte über den Asphalt und ließ dabei Funken sprühen.
Der Van brach hinten aus. Ein weiteres Projektil ließ auch den anderen Hinterreifen zerplatzen. Der Kuhfänger schrammte in ein parkendes Fahrzeug hinein und kratzte dessen Stoßstange herunter, bevor das Fahrzeug dann an einem Betonpfosten hängen blieb.
Ich rappelte mich auf und war innerhalb einer Sekunde wieder auf den Beinen.
Mit einem Spurt war ich bei dem Van.
Mit der Waffe in der Rechten trat ich an die Fahrertür und riss sie mit der Linken auf.
Milo eilte herbei. Gary Schmitt folgte ihm, wenn auch deutlich langsamer.
Der Fahrer des Van war etwas benommen. Der Airbag hatte sich entfaltet. Ich zerrte den Fahrer aus dem Wagen.
„FBI! Sie sind verhaftet und haben das Recht zu schweigen. Falls Sie davon keinen Gebrauch machen, kann und wird alles, was Sie von nun an sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden!“
Milo ließ die Handschellen klicken.
Hinten im Wagen fanden wir dann den Baseballschläger mit den Blutspuren.
„Wie wär’s, wenn Sie auspacken?“, meinte Milo. „Die Waffe passt zu der tödlichen Verletzung, die Mister Clinton Gorey davongetragen hat und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann die Untersuchungen das bestätigen!“
„Das ist Polizeiwillkür!“, rief der Fahrer.
Später stellten wir fest, dass er sogar die Videoüberwachungsanlage der Tiefgarage abgeklemmt hatte. Sicherheitshalber hatte sein Van auch noch ein falsches Nummernschild. Wie sich später herausstellte, gehörte die Nummer zu einem Wagen gleichen Typs, der in New Jersey zugelassen war.
Es sah also schlecht für ihn aus.
Es gab deutliche Indizien für einen geplanten Mord und es war die Frage, in wie weit dieser Mann bereit war, wirklich die ganze Schuld dafür auf sich zu nehmen.
Seinem Führerschein nach lautete sein Name Ray Nielsen. Über eine Personenabfrage, die wir über den Rechner in unserem Sportwagen tätigten, hatten wir wenig später die Bestätigung, dass immerhin dieser Name stimmte, auch wenn sein Führerschein eigentlich längst abgelaufen war.
Ray Nielsen war mehrfach vorbestraft. Körperverletzung war das häufigste Delikt. Einmal war Hehlerei dabei und ansonsten gab es einige Verfahren im Zusammenhang mit Schießereien und Bandenkriegen, bei denen die Beweise für eine Tatbeteiligung letztlich nicht zur Eröffnung eines Verfahrens ausgereicht hatten.
Zumeist war es dabei um Lokale gegangen, die unter der Kontrolle von George Lee standen.
„Na, das passt doch wunderbar zusammen!“, sagte ich. „Die beiden Folterknechte, die James Tavernier auf dem Gewissen haben, waren Lees Leute und dieser Kerl hier offenbar auch!“
„Ich will einen Anwalt“, sagte Ray Nielsen.
„Einen Anwalt, den George Lee bezahlt?“, fragte ich. „Ich weiß nicht, ob der wirklich so gut für Sie wäre…“
Er verzog daraufhin nur verächtlich das Gesicht. Wir konnten nur hoffen, dass unsere Verhörspezialisten ihn vielleicht zur Vernunft brachten und außerdem ein vernünftiger Staatsanwalt einsah, dass er hier mit einem großzügigen Deal schnell reagieren musste.
Nicht, dass ich es besonders gerne sehe, wenn Mörder mit einer milden Strafe davonkommen. Aber noch mehr stört es mich, wenn die Drahtzieher im Hintergrund, für die Männer wie Ray Nielsen nur willfährige Werkzeuge sind, völlig ungeschoren davonkommen.