Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 55
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ОглавлениеEhrlich gesagt hätte ich mir viele Dinge vorstellen können, die weitaus erfreulicher gewesen wären, als ein Gespräch mit Tamara Jordan.
Als ich das Vorzimmer von Tamara Jordan betrat, hielt mich die Sekretärin auf.
„Warten Sie, Miss Jordan hat gerade noch einen Termin.“ Sie deutete auf eine Sitzgruppe. „Nehmen Sie bitte Platz. Ich werde Miss Jordan Bescheid sagen, dass hier sind, Mister…“
„Agent Trevellian.“
„Ah, ja.“
Ich setzte mich. Die Sekretärin nahm über die Gegensprechanlage Kontakt mit ihrer Chefin auf. Ich ließ den Blick schweifen. Ein runder Abdruck auf dem Boden fiel mir auf. Wahrscheinlich hatte dort einer der Sandkübel gestanden, die unsere Kollegen inzwischen abtransportiert hatten.
„Einen Moment, Agent Trevellian, Miss Jordan wird sich gleich um Sie kümmern“, sagte die Sekretärin.
Die Art, wie sie das sagte klang fast wie eine Drohung.
Die Tür öffnete sich. Tamara Jordan verließ in Begleitung eines unscheinbaren Mannes im grauen Anzug den Raum.
„Ich hoffe, dass Sie uns den Kopf aus der Schlinge halten können, Mister Morane“, sagte Tamara Jordan.
„Vor Gericht und auf hoher See ist alles ungewiss – und vor der Steuerbehörde gelten noch nicht mal die elementarsten Grundsätze, die ansonsten für unser Rechtssystem maßgeblich sind. Zum Beispiel die Unschuldsvermutung.“
„Wir sprechen uns morgen.“
Der Mann im grauen Anzug ging an mir vorbei und würdigte mich dabei keines Blickes. Er hob den Koffer, den er in der Rechten trug und kratzte sich mit der Linken am Handrücken der Rechten. Das hatte er wohl schon öfter getan. Es gab da ein paar zerkratzte Stellen. Er blieb dort stehen, wo der Kübel gestanden haben musste.
Dann drehte er sich zu Tamara Jordan um.
„Wie ich sehe, sind Sie inzwischen auch eines besseren belehrt worden. Oder hat Sie ein Mitarbeiter verklagt, weil Sie die Vorschriften nicht eingehalten haben?“
„Die Probleme, um die Sie sich zu kümmern haben sind schon groß genug, Mister Morane!“, sagte Tamara Jordan und ihre Stimme klirrte dabei wie Eis. Sie wandte sich an mich musterte mich von oben bis unten und sagte schließlich: „Folgen Sie mir, Agent Trevellian!“
„Haben Sie Ärger wegen der Steuern?“
„Nur so viel, wie jedes Unternehmen, das Geld verdient und keine Verluste produziert“, gab sie mit galligem Unterton zurück.
Tamara Jordan deutete auf einen der ausladenden Ledersessel in ihrem Büro. Angesichts ihrer niedrigen Höflichkeitsstandards galt das wohl bei ihr bereits als das Anbieten eines Platzes. Ich setzte mich.
Ehe ich etwas sagen konnte, hatte Tamara Jordan bereits das Wort ergriffen.
„Ehrlich gesagt, bin ich alles andere als begeistert davon, dass Sie unsere Kunden in die Ermittlungen mit einbeziehen wollen. McFadden hat mich vorhin angerufen und mich vorgewarnt.“
„Dann wird er Ihnen auch gesagt haben, dass er nichts dagegen hat“, sagte ich.
„McFadden hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, wie Sie inzwischen ja wohl mitbekommen haben dürften. Und wenn er sich dann trotzdem noch ab und zu einmischt, hat das regelmäßig katastrophale Auswirkungen und unsereins muss die Dinge dann wieder geradebiegen…“
„Es ist nicht unsere Absicht, den Ruf Ihrer Firma zu ruinieren. Aber ich denke, es ist auch für Sie wichtig, dass die Umstände von Darren Hoffmans Tod restlos geklärt werden.“
„Hören Sie, es geht einfach darum, dass wir in einer äußerst sensiblen Branche arbeiten. Wenn sich herumspricht, das einer unserer wichtigsten Mitarbeiter, in einen dubiosen Datenhandel verstrickt sein sollte und sensible Kundendaten an weiß Gott wen verscherbelt hat…“
„Davor ist letztlich niemand sicher. Auch beim FBI oder im Pentagon gibt es immer wieder Maulwürfe und deshalb wird man dort nicht gleich in Zukunft auf die Dienste Ihrer Firma verzichten. Schlimmer wäre es, wenn der Eindruck entstünde, dass jemand versucht, da etwas unter den Teppich zu kehren.“
Tamara Jordan hob das Kinn. „Sie haben gut reden, Agent Trevellian.“
„Hören Sie, Miste McFadden sagte mir, dass wir die volle Unterstützung der Firma bei unseren Ermittlungen haben. Damit meinte er insbesondere auch das Management und ganz besonders Ihre Person. Falls das nicht so sein sollte…“
„Davon kann keine Rede sein, Agent, Trevellian!“, wehrte Tamara Jordan sogleich vehement ab.
„…dann besprechen Sie das doch am besten mit Mister McFadden und führen diese Auseinandersetzung mit ihm!“
„Das wird nicht nötig sein“, erwiderte sie überraschend kleinlaut. „Sie bekommen natürlich die Daten, die Sie brauchen…“
Ich atmete innerlich auf.